Bloodlines: Die goldene Lilie (German Edition)
Observierung? Verfügten sie über Hightech-Überwachungsausrüstung? Wolfe hatte uns gewarnt, was man dagegen tun könnte, auf Parkplätzen beschlichen zu werden, jedoch nichts zu den eigenen vier Wänden gesagt. Ein kleiner Trost war der, dass sie offenbar nichts von Clarence wussten. Ihre Überwachung konnte nicht allzu gründlich gewesen sein, wenn Sonya noch niemand gefolgt war. Aber waren sie mir gefolgt? Wussten sie, wo ich zur Schule ging?
Und mit ihren eigenen Worten bestätigten sie die schreckliche Realität, über die zu spekulieren ich kaum gewagt hatte. Es war eine Realität, die bedeutete, dass es Kräfte gab, die sich unsichtbar unter den scheinbar allwissenden Alchemisten bewegten, Kräfte, die gegen unsere Ziele arbeiteten.
Es gab wirklich Vampirjäger.
Mit dieser Erkenntnis kamen hundert weitere beängstigende Fragen. Was bedeutete das für die Moroi? War Jill in Gefahr?
War auch Adrian in Gefahr?
»Das Einzige, was ich tun werde, ist, die Polizei zu rufen«, erklärte ich. »Ich weiß nicht, wer Sie sind oder warum sie von meiner Freundin besessen sind, aber keiner von uns beiden hat Ihnen irgendetwas getan. Sie sind verrückter, als ich zuerst dachte, wenn Sie glauben, ich würde Ihnen sagen, wo sie ist, damit Sie sich an sie heranpirschen können.«
Dann sah ich – pures Glück – eine Streifenbeamtin die Straße hinuntergehen. Die beiden Männer an meinem Tisch folgten meinem Blick und konnten zweifellos meine Gedanken erraten. Es wäre ein Leichtes gewesen, die Beamtin herbeizurufen. Wir hatten wegen des Überfalls in der Gasse keine Anzeige erstattet, aber wenn ich diese Männer einer Körperverletzung beschuldigte, würde man sie bestimmt verhaften. Unisono standen beide auf.
»Sie begehen einen schrecklichen Fehler«, sagte Jeff. »Wir hätten dieses Problem schon vor Ewigkeiten lösen können, wenn unsere Gruppen zusammengearbeitet hätten. Zuerst die Strigoi, dann die Moroi. Ihr fehlgeleiteter Abstieg in ihre Verderbnis hat fast alles zunichtegemacht. Zum Glück wandeln wir den wahren Pfad weiter.« Dass er gerade beide Gruppen erwähnt hatte, war besonders erschreckend. Diese Männer waren furchteinflößend, gewiss, aber nicht so sehr, wenn sie einfach geheimnisvoll und vage von Vampiren sprachen. Der Gebrauch der Worte »Moroi« und »Strigoi« dagegen war ein Hinweis auf tiefere Kenntnisse.
Blondie warf mir ein kleines, selbstverfertigtes Pamphlet hin. »Lesen Sie das, vielleicht werden Sie dann das Licht sehen. Wir melden uns wieder.«
»An Ihrer Stelle würde ich das nicht tun«, gab ich zurück. »Kommen Sie mir noch einmal dumm, und es bleibt nicht bloß bei freundschaftlichem Geplauder.« Meine Worte kamen grimmiger heraus, als ich erwartet hatte. Vielleicht färbten Dimitri und Wolfe inzwischen auf mich ab.
Jeff lachte, als die beiden aufbrachen. »Ein Jammer, dass Sie so in Bücher verbohrt sind«, bemerkte er. »Sie haben das Zeug zu einer Jägerin.«
Kapitel 15
A m nächsten Tag hatte ich Braydens wegen ein so schlechtes Gewissen, dass ich ihn tatsächlich anrief, statt ihm eine SMS oder E-Mail zu schicken, wie üblich.
»Es tut mir so leid«, begann ich. »Einfach so wegzulaufen … das ist normalerweise nicht meine Art. Ganz und gar nicht. Ich wäre nicht gegangen, wenn es nicht ein Notfall in der Familie gewesen wäre.« Vielleicht war das etwas großzügig ausgedrückt. Vielleicht auch nicht.
»Schon gut«, sagte er. Ohne sein Gesicht zu sehen, konnte ich nicht erkennen, ob es wirklich gut war. »Die Sache hatte sowieso an Schwung verloren.«
Ich fragte mich, welche »Sache« er meinte. Den Ball? Oder sprach er über uns?
»Darf ich dich einladen, um es wieder gutzumachen?«, bat ich. »Du tust immer alles. Zur Abwechslung regle ich das mal. Das Abendessen geht auf mich, und ich hole dich sogar ab.«
»In dem Subaru?«
Ich überhörte die Geringschätzung. »Bist du dabei oder nicht?«
Er war dabei. Wir trafen die notwendigen Verabredungen, und als ich auflegte, fühlte ich mich erheblich besser. Brayden war nicht sauer. Adrians Besuch hatte meine zarte, aufkeimende Beziehung also nicht verdorben. Alles war wieder im Lot – zumindest für mich.
Ich war an dem Tag nach dem Ball allein geblieben, weil ich Arbeit nachholen und dabei nicht in Stress geraten wollte. Am Montagmorgen begann die neue Schulwoche, business as usual. Eddie ging zur gleichen Zeit in die Cafeteria des Ostgebäudes wie ich, und wir warteten zusammen in der Schlange bei der
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