Bloodseal: Flucht ins Ungewisse (German Edition)
Wissenschaftsabteilung schicken.“
„Wie du weißt, kann ich mir von meinen Eltern keine Entschuldigung geben lassen“, murrte ich und schob die Brille auf meine Nase.
Ich gab mich cool, aber eigentlich war ich grad in einem Panikzustand. Was, wenn das sonst noch wer gesehen hatte?
„Hey, ihr zwei!“ Jess tauchte neben mir auf und sah uns abwechselnd an. Ohne Worte wussten Nick und ich sofort, dass sie eine Erklärung haben wollte, warum wir uns im Abseits flüsternd unterhielten. Wer würde das nicht wissen wollen?
Nick nahm Jess’ Arm und stellte sie vor sich, sodass ich mich nicht umdrehen musste. Mit der anderen Hand schob er meine Brille etwas hoch.
„Verstehe“, verkündete Jess und starrte mich immer noch mit dieser Mischung aus Ehrfurcht und Aufregung an. Ob sie auch nur den geringsten Hauch einer Ahnung hatte, wie ich mich gerade fühlte, konnte ich nicht sagen.
„Wir werden uns heute noch darum kümmern“, meinte Nick bestimmt und sah aus, als erwartete er, dass ich nun vor ihm salutierte. „Ich hab noch Training, aber ich werd mich früher abseilen. Matt, du lässt deinen Literaturclub sausen und Jess, du nimmst meinen Wagen und besorgst frisches Verbandszeug. Wir lernen immerhin aus unseren Fehlern.“
Ich lächelte gezwungen, um die harten Züge aus den Gesichtern der beiden zu vertreiben, als sie auf mein Einverständnis warteten. Letztendlich seufzte ich. „Muss wohl sein.“
Lorianna Ambers:
„Sie sorgt sich um mich? Dass ich nicht lache!“
Nachdem auch dieser Höllentag zu Ende gegangen war, wartete ich draußen vor der Schule auf Margret. Sie hatte darauf bestanden, mich abzuholen, obwohl es gerade mal knappe fünfzehn Minuten bis zu unserem Haus gewesen wären. Seltsamerweise dauerte es mit dem Auto knappe zehn Minuten, und das trotz Schnellstraße.
Während ich wartete – Cass lehnte an dem Radständer hinter mir – und den schimmernden Gestalten um mich herum zusah, hörte ich ein lautes Motorgeräusch. Als ich mich umdrehte, brauste ein schwarz-blau lackiertes Bike, das schon sehr an Motocross erinnerte, an uns vorbei. Ich konnte den Fahrer nicht erkennen, so schnell, wie er zwischen den Häusern verschwunden war. Und trotzdem schnürte mir etwas die Kehle zu. Wie schon heute Morgen spürte ich, wie mein Blut schneller durch meine Venen gepumpt wurde. Meine seit Tagen andauernde Müdigkeit wurde durch Adrenalin oder etwas Ähnliches ersetzt. Und diese eigenartige Leere, die sich in mir breitmachte … Was war nur los mit mir?
Cass stieß einen Pfiff aus. „Das Teil ist jedes Mal aufs Neue voll abgefahren.“
Ich drehte mich zu ihm, dankbar für die Ablenkung. „Wer war das?“
„Matthew Tempson. ’ne Stufe über uns.“ Er rollte seinen Ring zwischen den Fingern. „Er hat gute Verbindungen zu unserem Baseball-Captain, Nick Baker.“ Das musste wohl dieser blonde Vorzeigetyp sein. „Und an seinen Noten gibt’s auch nix auszusetzen, aber …“
„Aber?“
„Na ja, versteh mich nicht falsch, aber der Typ ist extremst.“
„Was meinst du damit?“
„Er ist so was wie unnahbar“, erklärte er und knackte mit seinen Fingern. „Niemand denkt auch nur daran, ihn anzusprechen, wenn’s nicht sein muss. Man munkelt, dass er früher mal in ’ner Gang war. Außerdem is’ er ungewöhnlich stark und hat Wahnsinnsreflexe. Hinzu kommt, dass es manchmal so aussieht, als würd er Selbstgespräche führen. Am besten, du hältst dich von ihm fern.“
Ich nickte, da ich ohnehin nicht vorhatte mir hier einen Freundesvorrat anzulegen. Denn obwohl wir noch Kontakt hatten, brannte sich die Trennung von Simon in mein Innerstes wie eine heiße Eisenstange. Auch Liz vermisste ich jeden Tag.
„Hier gibt’s so was wie Gangs?“, fragte ich dann.
Cass stand auf und warf sich den Rucksack lässig über die Schulter, als ein rostbrauner Cadillac vorfuhr. „In dieser Stadt nicht, aber … Nachts würd ich jedenfalls nicht durch die Stadt ziehen.“ Er zwinkerte mir zu. „Sollen wir dich mitnehmen?“
Ich warf einen Blick auf den Fahrersitz, auf dem ein Mädchen, vielleicht etwas älter als ich, mit schulterlangen blonden Haaren und lila Strähnchen saß. Sie trug ein schulterfreies Top, das ein sonnenähnliches Tattoo an ihrem Nacken entblößte.
„Is’ nur meine Sis, ganz harmlos“, meinte Cass grinsend.
Ich schüttelte den Kopf. „Schon gut, danke. Meine …“ Ich überlegte kurz. „… Mitfahrgelegenheit müsste gleich hier sein.“
Cass blieb kurz stehen, zog
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