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Bloodseal: Flucht ins Ungewisse (German Edition)

Bloodseal: Flucht ins Ungewisse (German Edition)

Titel: Bloodseal: Flucht ins Ungewisse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.R. Terrie
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er benutzen durfte. Ich fragte mich, wen er alles dafür bestochen haben musste. Aber noch mehr interessierte es mich, was für ein Leben er sonst so führte, wenn man das mit Matt und mir einmal wegließ. Er wirkte nicht wie einer, der notgedrungen in einem umgestylten Zugabteil leben musste.
    Ich stopfte mir den letzten Keks der Packung in den Mund (mein Frühstück). Dank Nick fehlte es mir zwar an nichts, was Überleben betraf, aber ich war nicht sicher, ob ich mehr als diese Schokodinger in meinem Magen behalten hätte. Angespannt sah ich mich um. Es war noch ziemlich düster und dunkle Wolken bedeckten die ersten Sonnenstrahlen. Das gesamte Gelände lag in einem dickflüssigen Schwarz gehüllt vor mir.
    Die Schüler, die zum Gebäude eilten, verhielten sich wie immer, ignorierten mich großteils, tratschten über dies und das. Sie leben ihr Leben , dachte ich. Neidisch? hörte ich mich im stummen Selbstgespräch. Aber die vereinzelten eisigen Blicke, die auf mir ruhten, sprachen Bände, die ich aber nicht verstand. Hinzu kam, dass ich wieder dieses Schimmern bei manchen sah. Ich hatte schon fast vergessen, dass ich diese Fähigkeit besaß (oder dass ich auch selbst mal für ein paar Stunden geschimmert hatte!). Die anderen in der dunklen Masse leuchteten auf wie Spritzkerzen zu Weihnachten. Daran würde ich mich wohl nie gewöhnen.
    „Alles klar?“, fragte Nick, der wie aus dem Nichts neben mir aufgetaucht war. Es kam mir so vor, als würde ich ihn heute seit Langem wieder einmal richtig ansehen. Seine dunklen blonden Haare waren seit unserem ersten Treffen beträchtlich gewachsen und bedeckten Teile seiner ebenfalls dunklen Augen, die müde und ausgezerrt wirkten. In seinem Gesicht spross immer noch der blaue Fleck, der sich langsam zu Lila, Grün und Gelb wandelte. Sah seltsam aus und würde sicher für einen Haufen Fragen in seinem Team sorgen. Aber ich durfte ohnehin keinen Kommentar über andere loslassen. Meine Wange war angeschwollen und leuchtete giftrot, war sogar mit blauen Punkten versehen. Obwohl es besser geworden war, seit Matt die gebrochene Seele eingesammelt hatte, sah ich immer noch aus, als hätte sich ein Kind mit seinen neuen Farbstiften an mir ausgetobt. Außerdem spürte ich immer noch schmerzende Knochen, von denen ich bis vor ein paar Tagen noch nicht einmal gewusst hatte, dass es sie gibt.
    Ich senkte den Blick auf den Boden. Von Cass, der hier jeden Tag auf mich gewartet hatte, den Rucksack lässig über eine Schulter geworfen und mit diesem fesselnden Lächeln im Gesicht, war nichts zu sehen. Is’ doch gut! Oder?
    „Nein, aber ich werd’s überleben“, antwortete ich.
    Mit einem Schlag fiel mir ein, dass ich seit dem Vorfall mit Amanda nicht mehr im Krankenhaus angerufen hatte. Ich wusste nicht einmal, ob Dad überhaupt noch … Ja genau, Lora. Denk an Dad, das hilft dir jetzt sicher weiter … Vielleicht sollten wir auch noch die Themen Mum und Granny anschneiden, sodass ich mich zu einem Knäuel in der Ecke zusammenrolle.
    Nick nickte verständnisvoll und gab Jess ihren Rucksack. Sie hatte ihre hüftlangen, hellen Haare zu einem Zopf geflochten, dessen Ende über ihrer Schulter hing. Sie trug zur Abwechslung Jeans und dicke Boots, die immer noch auf einen eingebildeten Charakter schließen ließen, doch bei ihr täuschte das Äußere wirklich. Sie kümmerte sich um jeden, der es brauchte, und war mir hier schon so etwas wie eine Freundin geworden.
    Mit zusammengezogenen Augenbrauen blickte sie von Nicks Schulter hervor. „Ich bin sicher, wir könnten mit der Schulleitung reden, dass du entschuldigt bist und …“
    „Hey!“, rief jemand und rammte meine Schulter. Ein schmerzender Stich jagte durch meinen Rücken.
    „Hey“, gab Nick zurück, aber es klang alles andere als nett oder begrüßend.
    Ich wandte meinen Kopf. „Greg“, sagte ich halb überrascht, halb verunsichert. Der schlaksige, große Junge trug eine schwarze Mütze, die er bis zu den Augenbrauen heruntergezogen hatte. Nur vereinzelte Spitzen seiner braunen Haare lugten unter dem Rand hervor. Ein dicker, dunkler Schal verdeckte großteils seine Mundpartie. Zu meiner großen Überraschung hatte er diesmal kein Board dabei.
    Ein Mädchen, wahrscheinlich älter als ich, war unter seinem Arm eingehakt. Sie hatte lange Wimpern und ein regelrechtes Barbiepüppchengesicht. Ihr knielanger Mantel flog nur so um ihre Knie, als ein Windstoß aufkam. Ein Schauder durchfuhr sie und sie klammerte sich fester an Greg,

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