Bloss kein Kind
kinderlos zu sein. Für ihre Begriffe (das gilt für die gesamte islamische Gesellschaft) ist dieser Zustand erbärmlich und abnormal. Ich hingegen habe meine Unabhängigkeit genossen.
Auch nach meiner Rückkehr nach Deutschland verspürte ich keinen Wunsch nach Kindern und geordnetem Familienleben. Ich konnte die Chance ergreifen, noch einige Weiterbildungen zu machen, meine Arbeitsstellen aussuchen und meine “Karriere” verfolgen. Vor 5 Jahren ging ich an eine Hebammenschule, wo ich bis jetzt als Lehrerin tätig bin.
Heute gibt es kaum noch ein normales Gebären. Viele Geburten werden eingeleitet, weil die Frauen keine Lust mehr haben, noch länger zu warten. Zunehmend kommt auch der Wunschkaiserschnitt in Mode, weil die Frauen den Schmerzen aus dem Weg gehen wollen. Außerdem stehen dahinter handfeste wirtschaftliche Interessen, denn ein Kaiserschnitt ist für ein Krankenhaus finanziell lohnender als eine “normale” Geburt.
Mittlerweile bin ich froh darüber, im theoretischen Bereich der Hebammen-Ausbildung tätig zu sein, weil ich diese Art von Geburtshilfe nicht gut finde, wo Alles getan wird, was möglich ist, jedoch immer weniger, was nötig ist, auch, um sich vor möglichen Rechtsfällen zu schützen. So kommt es zu Interventionen, die im Grunde gar nicht notwendig wären, sondern eher Komplikationen nach sich ziehen.
Viele Frauen glauben auch, man könnte auf Probe schwanger werden. Also man guckt dann mal nach beim Ultraschall, ob alles in Ordnung ist, oder ob es irgendwelche Behinderungen gibt. Dann kann man ja abbrechen. Und diese Haltung, das Kind als Konsumgut zu betrachten, und wenn es nicht in Ordnung ist, dann ist es ein Schadensfall, finde ich bedenklich. Da hat sich was verändert in Richtung Perversion.
Mir ist es wichtig, eine gute Lehrerin zu sein und ein Stück Lebenserfahrung an die Schülerinnen weiterzugeben und diese aufmerksam und wach zu machen für die ganze Problematik. Dass sie kritisch reflektieren und ihr eigenes Handeln auch überdenken.
Wirkliche Zweifel an meinem Entschluss, keine Kinder zu wollen, gab es nie. Ich hab zwar immer mal gedacht: ach, so ein süßes kleines Baby, das ist schön, aber wenn ich das wirklich wollte, würde ich eines adoptieren. Ich habe auch genügend Nichten und Neffen, die ich als kleine Kinder betreut hab und deren Entwicklung ich mitbekommen habe. Diese haben jetzt auch wiederum Kinder, also, ich war nie wirklich frei von Kindern. Ich habe mich immer gern mit “normalen” Kindern beschäftigt. Nur mit Schreihälsen und kleinen Tyrannen habe ich meine Schwierigkeiten. Die kann ich dann kaum ertragen. Außerdem ist mir die Freiheit, mich zu entscheiden, was ich mache und wohin ich gehe, immer sehr wichtig gewesen. Sieben Jahre berufliche Ausbildung und Auslandsaufenthalt hätte ich nie mit Kindern machen können. Auch die wirtschaftliche Unabhängigkeit war mir immer sehr wichtig.
Ich finde, es sollten nur erwünschte Kinder auf die Welt kommen. Nur die, die herzlich willkommen sind, die wirklich gut empfangen werden, ich glaube, dass sie eine bessere Chance haben in ihrer persönlichen Entwicklung, zu Eigenständigkeit und Urvertrauen, als die Kinder, die nicht erwünscht sind.
Das sage ich auch aus der Erfahrung heraus, selbst nicht gewollt zu sein. Meine Mutter war schon todkrank, als sie mit mir schwanger war, sie hatte Krebs, die Ärzte wollten eigentlich die Schwangerschaft abbrechen, aber sie wollte mich noch auf die Welt bringen, sie wollte wohl noch etwas hinterlassen. Jedoch in dem neuen Haushalt war ich nicht erwünscht. Das war kein gutes Gefühl, das wünsche ich eigentlich keinem Kind: unerwünscht zu sein. Das innere Erleben, “ich genüge nicht“ setzt sich fort. Das trage ich mein Darum frage ich Frauen, die sich ein Kind wünschen, immer:
Bist du bereit, eine Geburt durchzustehen, auch eine schmerzhafte Geburt?
Bist du bereit, auch ein krankes Kind aufzuziehen?
Bist du bereit, auf eigene Persönlichkeitsentwicklung zu verzichten?
Bist du bereit, einen 15-jährigen Kotzbrocken auszuhalten?
Bist du bereit, eigene Interessen in den Hintergrund zu stellen?
Bist du bereit, ein Leben lang die Mutterrolle zu spielen?
Und das Wichtigste überhaupt: warum willst du ein Kind?
Elvira, 50 Jahre, PR-Fachfrau, in Partnerschaft lebend
„Ein Kind bedeutet: Leben, es ist der Gegenpol zum Tod“
Bis zu meinem 37. Lebensjahr hat sich mir die Frage nach
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