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Bloss kein Kind

Bloss kein Kind

Titel: Bloss kein Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Lotter
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einem Kind nicht wirklich gestellt. Natürlich geisterte zu passenden Zeiten - 30. Geburtstag und so - immer mal wieder durch meinen Kopf: jetzt muss ich das irgendwann mal entscheiden. Aber ich habs nie entschieden. Ich habe es einfach nicht entschieden. Es war kein Anlass da. Weder von der Beziehung aus, dass man gesagt hat: es gibt jetzt hier eine Beziehung, die krönt man mit irgendwelchem Kindersegen, noch eine materielle Situation, wo man gesagt hat: na ja, jetzt kann ein Kind kommen. Es hat sich einfach nicht aufgedrängt.
     
    Mein Fokus war eher: Spaß, Ausbildung - Arbeiten nicht so arg. Ich hab mich auch einfach nicht reif gefühlt. Man fühlt sich ja eh immer jünger. Und ich hab auch so gelebt. Ich bin bis 30 noch in der Disco rumgesprungen und hab auch dementsprechend “unseriöse” Bekanntschaften gehabt.
     
    Dann habe ich eine Partnerschaft gehabt, die eigentlich sehr innig war, ganz o.k. irgendwie und da ist es halt mal “passiert”. Da war ich 37. Das war dann merkwürdig. Wenn ich mein Fotoalbum anschaue, sind in dem Jahr davor unheimlich viele Bilder von Kindern drin. Ich hab da im Kindergarten gearbeitet und unbewusst scheint das Thema “Kinder” wohl in mir drin gewesen zu sein. Ich glaube da sehr an die unbewussten Vorgänge, dass sich da irgendwas so unbewusst konstelliert. Man sagt ja auch: Kinder suchen sich Eltern und nicht umgekehrt.
     
    Auf jeden Fall ist es da im Sommer dieses Jahres passiert und das war schrecklich. Es war ein echter Schwangerschaftskonflikt, der sich wirklich gewaschen hatte. Das war dann eine sehr harte Zeit. Weil ich noch nie in meinem Leben so deutlich ambivalent war. Also, da gab es so Nächte, wo ich gesagt habe: na klar, ist so, muss man machen, es geht nicht anders. Und es gab Tage, da wusste ich: nein, niemals! Aus dieser Zeit habe ich noch eine Aufstellung über das Pro und Contra, die habe ich mitgebracht und da steht als Überbegriff zu den negativen Auswirkungen einer Schwangerschaft bzw. Mutterschaft ‘Angst‘. Unter dem Punkt ‘Endgültigkeit’ habe ich zum Beispiel geschrieben: Ich habe Angst, mit einer nicht rückgängig zu machenden Entscheidung für ein Kind, mein gesamtes zukünftiges Leben endgültig zu bestimmen. Ich habe Angst, diese Entscheidung zu bereuen. Ich habe Angst vor lebenslanger Verantwortung und Gebundensein. Ich habe Angst, kein gesundes Kind zu bekommen und lebenslang belastet zu sein.
     
    Unter dem Punkt ‘Psychische Veränderungen’ habe ich vermerkt: Ich habe Angst, die Ruhe und den Frieden, die ich jetzt nach einer langen, von Ängsten, Depressionen, Unsicherheit und Unruhe geprägten Zeit gefunden habe, wieder zu verlieren. Ich habe Angst vor Depressionen, Ängsten und Zweifeln während der Schwangerschaft und nach der Geburt.
     
    Beim Punkt ‘Physische Veränderungen’ geht es um meinen sich verändernden Körper, dass ich ihn vielleicht nicht akzeptieren können werde; auch die Angst vor der Geburt spielt da eine Rolle.
     
    Der nächste Punkt ist ‘Partnerschaft’, Angst davor, dass sie in die Brüche geht, dass mein Partner kein Interesse am Kind hat, mich in der Mutterrolle nicht akzeptieren kann, sich von seiner Vaterrolle überfordert fühlt, meinen schwangeren und später stillenden Körper ablehnt. Auch die Angst vor einer Ablehnung des Sex durch ihn während oder nach der Schwangerschaft spielt eine Rolle.
     
    Das ‘Soziale’ als nächstes umfasst meine Stellung im Beruf, die Unsicherheit, was den Job betrifft, die Angst, keine Zeit mehr für das Ausleben meiner Kreativität zu haben. Auch der Gedanke, nie mehr allein zu sein, immer für jemand da sein zu müssen, der auf mich angewiesen ist.
     
    Unter ethischen Gesichtspunkten habe ich mich damals auch gefragt, ob ich es verantworten kann, einen neuen Menschen in dieses Leben und in eine unsichere, bedrohliche Zukunft hineinzustoßen. Wäre nicht als Alternative die Adoption eines schon geborenen Kindes ohne Zukunftschancen, z.B. aus der Dritten Welt, sinnvoller? Ist es nicht egoistisch, sich um ein eigenes Kind zu kümmern, wo es so viele soziale Aufgaben, so viel andere Menschen gibt, die Hilfe brauchen?
     
    Das waren die Punkte, die für eine Abtreibung gesprochen hatten. Natürlich habe ich auch die Argumente für ein Kind aufgelistet. Als Fazit gegen eine Abtreibung habe ich dann auch die Angst vor Reue, Depression und Schuldgefühlen aufgeführt. Auch die Angst vor moralischen Vorhaltungen von außen spielte eine Rolle. Und der Gedanke,

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