Blut der Wölfin
Gefängnis … äh, nach Hause gegessen.«
»Schön, du willst ausgehen? Dann machen wir nächstes Wochenende einen Ausflug nach New York, besuchen Nick. Du haust nicht einfach nach Buffalo ab.«
»Abhauen?«
Er stierte mich an. Ich stierte zurück und sah dann zu Jeremy hinüber, der sich aber nur in seinem Sessel zurücklehnte. Es hatte sowieso keinen Zweck, sich von ihm Unterstützung zu erhoffen. Ich wusste, auf wessen Seite er stand. Gefängniswärter Nummer zwei.
Ich holte tief Atem. Es gab nur eine Möglichkeit, Jeremy zu überzeugen. Auf die künstliche Aufregung zu verzichten und logische Argumente vorzubringen.
»Ihr wollt nicht, dass die Mutts rauskriegen, dass ich schwanger bin«, begann ich. »Und ich bin ganz eurer Meinung. Aber Xavier ist ein Halbdämon. Er kann nicht riechen, dass ich schwanger bin, und wenn ich nicht gerade enge T-Shirts trage, wird er’s mir auch nicht ansehen können. Ich werde es ihm ganz sicher nicht erzählen. Ich will nichts weiter von ihm als David Hargrave.« Ich machte eine Pause und sah Jeremy ins Gesicht. »Wir wollen Hargrave, oder vielleicht nicht? Er hat drei Frauen umgebracht.«
»Du brauchst mich nicht an Hargraves Verbrechen zu erinnern.«
Und du kannst mir auf diese Weise auch kein schlechtes Gewissen einreden,
fügte sein Blick hinzu. »Ich habe durchaus vor, zu diesem Treffen mit Reese zu gehen. Entweder ich selbst, oder Clay geht, oder …«
»Unbedingt. Ganz gleich, was er sich erhofft, ich habe nicht vor, allein zu gehen. Ruf Nick an, ruf Antonio an, ruf meinetwegen sogar Karl Marsten an, wenn du ihn findest. Ich treffe alle Vorsichtsmaßnahmen, die du haben willst.«
»Clay kann das selbst erledigen, mit Nick als Rückendeckung.«
»Clay? Oh, du meinst den Typ, von dem Xavier ausdrücklich gesagt hat, ich soll ihn zu Hause lassen?«
»Was stimmt mit mir nicht?«, fragte Clay.
»Du machst ihm Angst.«
»Wir sind uns nie begegnet.«
»Entschuldige, lass mich das anders formulieren. Der
Gedanke
an dich macht ihm Angst. Aber ich bin mir sicher, wenn er dich erst mal zu sehen kriegt, wird ihm klar sein, dass diese ganzen üblen Gerüchte jeglicher Grundlage entbehren.«
»Ich schicke Antonio«, unterbrach Jeremy, bevor Clay antworten konnte.
»Wenn du irgendwen schickst, oder sogar wenn du selbst gehst, wird Xavier augenblicklich von der Bildfläche verschwinden. Ich bin das einzige Rudelmitglied, das er kennt, also bin ich die Einzige, mit der er reden wird.«
»Zu gefährlich«, sagte Clay, verschränkte die Arme und lehnte sich an die Kaminumrandung, als sei die Sache damit entschieden.
»Gefährlich? Wisst ihr noch, was Xaviers Spezialität ist? Teleportation.
Begrenzte
Teleportation. Der Typ kann etwa dreieinhalb Meter weit teleportieren. Das Schlimmste, was er mir antun kann? Na ja, er könnte mich ins Auge pieken, ›Nänä-nänä-näh-näh‹ sagen und abhauen, bevor ich ihm eine klebe.«
Ein Blick zu Jeremy hinüber, und mir war klar, dass ich meine Punkte für Ruhe und Rationalität schnell verlor. Als er den Mund öffnete, schnitt ich ihm das Wort ab.
»Ja, als ich Xavier zum ersten Mal begegnet bin, hat es damit geendet, dass ich das Versuchskaninchen für ein paar wahnsinnige Wissenschaftler und zugleich das Spielzeug für einen sadistischen Millionär abgegeben habe. Ich könnte jetzt anführen, dass sie zwei Versuche und eine Menge Dummheit von mir selbst gebraucht haben, bis es schließlich geklappt hat, aber das Argument gilt trotzdem.«
»Meinst du?«, murmelte Clay.
Ich starrte ihn an. »Das mit der Dummheit habe ich zugegeben. Treib’s nicht zu weit. Ja, es ist möglich, dass Xavier jemanden aufgetrieben hat, der bereit wäre, eine große Summe für einen weiblichen Werwolf zu zahlen, und daraufhin gesagt hat ›Hey, so eine kann ich dir beschaffen‹. Aber ich bezweifle es. Er hat letztes Mal genug gelernt, um zu wissen, wenn er das probiert, sollte er das Geld lieber schnell ausgeben. Denn falls ich mich befreien oder Clay ihn dann auftreiben würde, würde er als Katzenfutter enden. Aber es ist eine Möglichkeit. Deswegen hätte ich gar nicht erst vorgeschlagen, allein zu gehen. Das Treffen soll in einem öffentlichen Park stattfinden, den wir uns vorher ansehen sollten. Ihr könnt das ganze Rudel als Verstärkung mitbringen, wenn ihr wollt. Clay nehme ich auch mit, ob es Xavier nun passt oder nicht. Aber ich will David Hargrave erwischen, und wenn das hier unsere Chance ist, dann würde ich sagen, es ist den Einsatz
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