Blut der Wölfin
einem Ausdruck, der uns sagte, dass er nachgeben würde, wenn Jeremy auf der Lösung bestand, ihn aber zugleich bat, nicht auf ihr zu bestehen. Ich wusste, was er dachte. Wenn die Mutts herausfanden, dass Clay als Kämpfer nicht mehr in Bestform war, würde es Schwierigkeiten geben.
Clay sah mir ins Gesicht. »Das riskieren wir besser nicht.« Sein Blick glitt abwärts zu meinem Bauch. »Nicht gerade jetzt. Antibiotika sind schon okay.«
»Weißt du, was passieren kann, wenn Wundbrand entsteht?«, fragte Jeremy.
Clay nickte. »Dann muss er runter.«
»Runter?«, platzte ich heraus. »Was muss dann runter?«
Ich kannte die Antwort, aber mein Hirn weigerte sich, sie zuzulassen. Das konnte es einfach nicht sein, wovon sie da sprachen. Nicht wenn Clay so ruhig und entschieden war, als würden sie bloß darüber reden, ihm die Haare abzuschneiden.
»Und nicht einmal das würde mit Sicherheit helfen«, sagte Jeremy, den Blick fest auf Clay gerichtet.
»Reden wir hier von …?« Meine Stimme kippte, und ich konnte den Satz nicht zu Ende bringen. »Wegen einem Kratzer? Es war doch bloß ein Kratzer!«
Clay streckte die Hand nach mir aus, aber ich wich zurück.
»Das ist es, worüber wir reden, oder?«, sagte ich. »Dass er den Arm verliert? Dass er das … dass er das Leben verliert?« Ich drehte mich zu Tolliver um. »Das meinen sie damit, oder nicht?«
»Yeah«, sagte Clay, während er sich hochstemmte. »Das meinen wir damit, Darling. Jeremy redet über den schlimmsten möglichen Fall, einfach damit ich weiß, was passieren
könnte.
Er versucht, mir einen Schreck einzujagen, nicht dir.«
Jeremy winkte mich zu sich hinüber, damit ich mich setzen konnte. »Ich wollte dir keine Angst machen. Das kannst du nicht brauchen, nicht gerade jetzt. Es tut mir leid. Ich wollte nur …«
»Schon okay«, unterbrach ich; ich spürte, wie meine Wangen heiß wurden. »Natürlich weiß ich, dass es bei einer wirklich üblen Infektion dazu kommen kann. Zu einer Amputation, meine ich. Ich hätte nur einfach nicht gedacht – es hat doch alles gut ausgesehen.«
»Alles wird gut«, sagte Clay. »Wenn man das mit Antibiotika noch hinkriegen kann, dann will ich der Sache noch ein bisschen Zeit geben. Wenn es schlimmer wird? Dann machen wir die Operation. Wenn der Arm einen Teil seiner Funktionen verliert? Dann gleiche ich das irgendwie aus. Aber wenn wir das kritische Stadium noch nicht erreicht haben, will ich nichts überstürzen.«
Er sah Jeremy an und wartete auf dessen Urteil, aber Tolliver kam ihm zuvor.
»Kritisch ist es noch nicht. Ich versorge die Wunde und gebe dir ein paar Antibiotika. Wenn das die Sache nicht innerhalb von vierundzwanzig Stunden behebt, gehen wir zum Debridement über – entfernen das beschädigte Gewebe.«
Wir sahen zu Jeremy hinüber. Er zögerte und nickte dann.
»Gut«, sagte Clay. »Dann macht das sauber und verbindet es, damit ich weitermachen kann.«
Als Tolliver fertig war, überprüfte er Clays Temperatur.
»Das Tylenol scheint das Fieber runtergebracht zu haben«, sagte er. »Und die Antibiotika sollten das Fortschreiten der Infektion zumindest verlangsamen.« Er warf einen Blick zu Jeremy hinüber. »Ist das normal? Für euch, meine ich? Eine Anfälligkeit für Infektionen oder ein schnelles Fortschreiten, wenn ihr eine habt? Ich weiß, dass die beschleunigte Heilung charakteristisch ist …«
Er brach ab. Jeremys Gesicht blieb vollkommen unbewegt.
Tolliver begann seine Tasche zu packen; er sprach weiter, ohne von der Arbeit aufzusehen: »Ich sollte wahrscheinlich den Mund halten und so tun, als hätte ich nicht erraten, was ihr seid. Aber für einen Arzt ist es ganz hilfreich, wenn er weiß, womit er es zu tun hat.« Bevor jemand antworten konnte, schüttelte er den Kopf. »Nein, ich weiß, womit ich zu tun habe, also riskiere ich es einfach und spreche es aus. Nachdem ich euch neulich mit Zoe zusammen gesehen habe, hatte ich meine Vermutungen. Ich habe das eine oder andere gehört. Ich habe ein paar Erkundigungen eingezogen, mehr um eure Verbindungen zum Rat zu überprüfen als um zu verifizieren, wer – oder was – ihr seid.«
»Beschleunigt fortschreitende Infektionen sind nicht normal bei uns«, sagte Jeremy.
»Dann geht es also auf den Zombie zurück. Ich habe mit solchen Leuten keinerlei Erfahrungen, und meine Erfahrungen mit Werwölfen sind auch nicht viel umfangreicher. Ich bin vor ein paar Jahren in Europa mit einem von euch zusammengetroffen, habe ihm
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