Blut der Wölfin
wiederfinde.«
Jeremy schickte uns zu Anita, gab uns aber Antonio und Nick als Verstärkung mit. Als wir eintrafen, war der Perlenvorhang vor dem Schaufenster noch zugezogen, und das Schild an der Tür erklärte den Laden für geschlossen. Wir klopften an die Ladentür, klingelten an der Wohnungstür und hämmerten sogar an die Hintertür. Keine Antwort.
Antonio brach die Hintertür auf.
»Soll ich mit Elena hier draußen warten?«, flüsterte Zoe.
Clay schüttelte den Kopf. »Nick?«
»Ich bleibe bei den Damen.«
Zehn Minuten später kamen Clay und Antonio wieder heraus.
»Sie ist fort«, sagte Antonio. »Wir haben Blutspuren gefunden.«
Ich schob mich an Clay vorbei ins Haus. Nick und Antonio blieben draußen, um die Türen zu bewachen; Clay und Zoe kamen mit mir.
Im Inneren des Ladens war es still und dunkel. Ich schaltete das Licht ein.
»Ist ja winzig«, sagte Zoe, während sie einen Blick hinter den Ladentisch warf. »Und wo ist …«
Sie atmete scharf ein und drehte sich um, folgte dem Blutgeruch bis zu einem kleinen Tischchen. Neben ihm sah ich nicht »Spuren« von Blut, sondern eine Lache, die mehrere Bodenfliesen bedeckte. Links davon war ein verschmierter Abdruck, groß und breit, wahrscheinlich von einem Mann.
Mein Kopf rammte Zoes, als ich neben der Lache in die Hocke ging.
»Sorry«, sagte sie. »Ich wollte nur einen Blick darauf werfen.«
Ich schnupperte und sah dann zu Clay auf. »Das Blut stammt von ihr.« Ich wandte mich an Zoe. »Wäre ein solcher Blutverlust …?«
»Tödlich?« Sie studierte die Pfütze. »Wahrscheinlich nicht mehr als ein halber Liter. Nicht tödlich, aber … na ja, so viel Blut verliert man nicht, wenn man sich bloß an einem Blatt Papier schneidet.«
Als ich mich aus der Hocke wieder hocharbeitete, sah ich einen weiteren blutigen Abdruck einen halben Meter weiter. Einen kleinen Handabdruck, der höchstwahrscheinlich nicht zu derselben Person gehörte wie der Fußabdruck. Links davon befand sich etwas, das zunächst einfach wie verschmiertes Blut aussah. Aber als ich näher trat, sah ich, dass es eine mit einem blutigen Finger exakt gezogene Linie war. Auf einer Seite davon war eine Diagonale, als hätte jemand versucht, einen Pfeil zu zeichnen, und sei dabei unterbrochen worden.
Wir folgten der Richtung, in die der Pfeil zeigte – es war die gleiche, in die auch der Handabdruck wies.
Zoe fluchte leise, als sie das vollgestopfte Bücherregal musterte. »Lasst mich raten, eins von diesen Hunderten von Büchern enthält einen Hinweis.«
»Vergiss es«, sagte Clay. »Keine Zeit für Spielchen.«
Ich studierte das Regal. »Wie wäre es mit einer kurzen Runde von ›Was gehört nicht in dieses Bild‹?«
Ich bückte mich und nahm Anitas Keksteller von einem Bücherstapel. Ein zusammengefaltetes Stück Papier, das unter ihm versteckt gelegen hatte, flatterte auf den Fußboden hinunter.
»Kluge Hexe«, murmelte Zoe.
Ich faltete den Zettel auseinander und las ihn, während Clay mir über die eine, Zoe über die andere Schulter sah.
Elena,
Ich weiß, ich hätte Dir dies persönlich sagen sollen, aber ich wage es nicht. Ich bin eine alte Frau, und wenn ich die Antworten nicht finde, nach denen ich suche, dann kann ich mir doch wenigstens die wenige Zeit erhalten, die mir noch bleibt. Patrick Shanahan ist hier gewesen. Er hat nicht bekommen, was er wollte, aber er wird nicht so schnell aufgeben. Du musst wissen, dass …
Danach war die Tinte verschmiert, als sei der Füller abgerutscht. Darunter noch eine hastig hinzugefügte Zeile in enger, hektischer Schrift:
Du bist der Schlüssel zum Ritual, und Patrick würde alles sagen und tun, um zu der …
Damit endete die Mitteilung.
Wir riefen Jeremy an. Nach einigem Hin und Her stimmte er zu, dass Clay und ich weitermachen sollten – wir würden trotzdem noch Zoes Kontaktperson besuchen. Er selbst würde mit Jaime zu der Buchhandlung kommen, sich dort mit Antonio und Nick treffen, und vielleicht konnte Jaime herausfinden, was mit Anita geschehen war.
Zoe führte uns eine Abkürzung entlang – durch einen Durchgang, in dem Müllsäcke in der Mittagshitze vor sich hin dampften. Ich hielt mir mit der Hand die Nase zu.
»Sorry«, sagte Zoe. »Für dich muss das noch schlimmer sein als für mich. Wenn wir erst mal da sind, wird es … na ja, vielleicht nicht
besser
werden, aber es wird jedenfalls nicht nach Müll riechen. Kommst du klar?«
Ich nickte. Wir kamen in einer Straße heraus, die
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