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Blut der Wölfin

Blut der Wölfin

Titel: Blut der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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sich durch Cabbagetown und Regent Park zog. Wie die Straße mit dem Portal war sie von Häusern aus dem neunzehnten Jahrhundert gesäumt, aber hier erinnerten die Gebäude an runzlige alte Damen – Spuren ihrer früheren Schönheit waren noch sichtbar, aber man musste genau hinsehen, um sie unter den Zeichen des Verfalls zu entdecken.
    Gute Substanz, würde ein Immobilienmakler sagen. Weiter unten an der Straße hatte der Prozess der Luxussanierung bereits eingesetzt; dort hatten die alten Damen eine Rundumsanierung verpasst bekommen in der Hoffnung, wohlhabende Großstädter anzuziehen, die von einem historischen Haus ohne die Nachteile zischender Heizkörper und altmodischer Lichtschalter träumten. Unser Teil der Straße war von alldem noch verschont geblieben. Hier saßen die alten Damen in behaglichem Verfall und blickten die Straße entlang zu ihren neureichen Nachbarn hinunter.
    »Hier«, sagte Zoe, während sie ein verrostetes Tor zu einem von Unkraut überwucherten Vorgarten aufstieß.
    »Diese Frau … es ist doch eine Frau, oder?«, begann ich, als wir uns durch das Unkraut arbeiteten.
    »Hm, das glauben wir jedenfalls.«
    Zoe führte uns zur Rückseite des Hauses, wo sie eine übervolle Mülltonne aus dem Weg zu zerren begann. Clay streckte die Hand aus und gab der Tonne einen Ruck.
    »Pass auf mit deinem Arm«, sagte ich.
    Zoe glitt in die Lücke, die die Tonne hinterlassen hatte.
    »Diese … Frau«, sagte ich. »Was ist sie?«
    Zoe ging vor einer verschlossenen Luke auf die Knie. »Wir glauben, sie könnte Hellseherin sein. Sie scheint die entsprechenden Fähigkeiten zu haben, und der Wahnsinn würde auch dazu passen.«
    »Wahnsinn?«
    Clay zuckte zu mir hin die Achseln, als wollte er sagen, dass es ihn nach all den Dimensionsportalen, Zombiesklaven und halbdämonischen Serienmördern nicht weiter gewundert hätte, wenn Zoe uns auf der Suche nach einem weißen Kaninchen in einen Bau hineingeführt hätte.
    »Hellseher«, sagte ich. »Sie können nicht in die Zukunft sehen, stimmt’s? Es ist eher eine Art … laterales Sehen. Sie sehen Dinge, die gerade jetzt anderswo passieren.«
    »Stimmt genau.« Sie hatte das erste Kombinationsschloss an der Luke geöffnet.
    »Und was sie sehen, treibt sie in den Wahnsinn. Aber … wie wahnsinnig in diesem Fall?«
    Clay sah mich an. »Wie wahnsinnig? Die sind sich nicht sicher, welches Geschlecht sie hat, Darling.«
    »Okay, war eine blöde Frage. Hat sie einen Namen?«
    Zoe öffnete das zweite Schloss. »Ich bin sicher, sie hatte einen. Irgendwann mal. Wir nennen sie Tee. Es ist …« Ihr Blick senkte sich gleichzeitig mit ihrer Stimme, als sei es ihr unangenehm. »Es ist eine Abkürzung. War nicht meine Idee.«
    Die hölzerne Falltür war mindestens einen Meter lang und sechzig Zentimeter breit, und als sie an ihr zog, musste sie die Fersen in den Boden stemmen; ihr winziger Körper verspannte sich vor Anstrengung. Clay beugte sich vor und öffnete die Luke mit einem kurzen Ruck.
    »Danke, Professor. Ganz der Südstaatengentleman heute, hm?«
    Sie versuchte ihren üblichen leichten Ton anzuschlagen, aber es gelang ihr nicht ganz.
    Eine schmale Treppe führte abwärts.
    »Sie – Tee wohnt in der Souterrainwohnung?«, fragte ich.
    Zoe schüttelte den Kopf. »Das ganze Haus gehört ihr. Elena, du gehst zuerst. Ich helfe dir da runter, und Clayton kann …«
    »Elena sollte sich nicht bücken müssen, um wacklige Treppen runterzusteigen«, sagte Clay.
    »Es ist der einzige Weg ins Innere. Die Türen sind zugemauert.«
    »Kein Problem«, sagte ich.
    Ich hatte die unterste Stufe kaum erreicht, als ich zu würgen begann. Clay rammte mit dem Kopf die niedrige Decke, so eilig hatte er es, mich einzuholen.
    »Schon in Ordnung«, sagte ich, wobei ich zu sprechen versuchte, ohne zu schlucken und ohne zwischendurch den Mund zu schließen. Ich gab ihm ein Zeichen, er sollte warten, rannte die Stufen wieder hinauf und spuckte draußen aus. Als ich zurückkam, setzte der Würgreflex sofort wieder ein, und ich zögerte auf der untersten Stufe.
    »Komm«, sagte er, während er nach meinem Arm griff. »Wir machen, dass wir hier …«
    »Nein.«
    Ich löste seine Finger von meinem Arm und tat ein paar Schritte in den Raum hinein, wobei ich flach atmete, um mich an den Geruch zu gewöhnen. Was die Frage anging, wonach es roch – diesen Gedanken schob ich zur Seite, als mir wieder übel wurde.
    »Ich kann mit Tee reden«, sagte Zoe. »Geht ihr beide raus an die frische

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