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Blut der Wölfin

Blut der Wölfin

Titel: Blut der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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Grundriss des Museums vor seinem inneren Auge vorbeizog, sein Hirn jede Stelle abhakte, an der man jemanden umbringen oder eine Leiche verstecken könnte. Eine etwas beunruhigende Fähigkeit, aber ich wusste, sie entstammte dem Teil seines Gehirns, der instinktiv Gefahren erfasste und in jeder neuen Umgebung mögliche Fluchtwege ermittelte. Wenn es darum ging, wahllos Fremde umzubringen und ihre Leichen zu verstecken, dann gab es wenige Werwölfe, bei denen derlei weniger wahrscheinlich war als bei Clay.
    »Das sind die öffentlich zugänglichen Teile«, sagte er, nachdem er mir die Möglichkeiten aufgezählt hatte. »Willst du auch die Laboratorien und das alles?«
    »Äh, nein, reicht schon. Bloß, lad mich nie in ein Museum ein, wenn wir uns gerade gestritten haben, okay?«
    Er schnaubte. »Wahrscheinlich wäre ich derjenige, der eins über den Schädel kriegt und in einen Sarkophag gesteckt wird.«
    »Nie im Leben«, sagte ich. »Die sind alle hinter Glas. Ganz übler Ort, um eine Leiche zu verstecken. Aber da drüben steht eine richtig große Vase, die könnte es tun.«
    Er knurrte und fuhr herum, um mich zu packen. Ich wich aus, eben noch rechtzeitig, bevor eine Mutter mit zwei Kindern hereinkam.
    »Da wir gerade von Sarkophagen sprechen«, flüsterte ich, »wir sollten wohl in Richtung Nil weitergehen.«
    Clay nickte und folgte mir aus der Abteilung.

[home]
Hinterhalt
    W ir sahen uns den ägyptischen Flügel an, kamen aber zu dem Schluss, dass er für Rose zu belebt war, also gingen wir weiter. Der südliche Flügel lag im Halbdunkel; geschmackvolle Spots beleuchteten Räume, die im Stil unterschiedlicher Epochen eingerichtet waren. Unmengen von Nischen und Türen. Selbst an den belebtesten Tagen war diese Abteilung eher ruhig. Heute war sie wie ausgestorben. Perfekt.
    Wir blieben in der Nähe eines gut beschilderten Notausgangs stehen. Selbst ein Zombie musste doch sicherlich eine ideale Kidnappingsituation erkennen, wenn er eine sah. Jetzt mussten wir nur noch dafür sorgen, dass Rose wusste, Clay würde ein paar Minuten lang außer Reichweite sein.
    Clay fragte nach meinem Handy.
    »Muss im Büro anrufen«, sagte er, eine Spur lauter als im normalen Gesprächston. »Nachfragen, wie dieses Fakultätstreffen gelaufen ist.«
    Ich gab ihm mein Handy. Er selbst hatte keins – der Besitz eines Handys setzt den Wunsch voraus, mit der Außenwelt zu kommunizieren.
    Er drückte auf die Tasten, tat so, als horchte er, grunzte, sah auf das Display hinunter und sagte: »Kein Empfang.«
    »Das sind diese alten Gebäude«, sagte ich. »Die Mauern sind zu dick. Versuch’s mal im Treppenhaus.«
    Er entfernte sich, den Blick auf das Telefon gerichtet, während er auf Wiederwahl drückte. Ich drehte mich um und betrachtete ein Zimmer, das im französischen Régence-Stil eingerichtet war – nichts als Gold und Tapisserien. Auf einem Sockel stand eine Büste eines togabekleideten Mannes, dessen Gesichtsausdruck vermuten ließ, dass er in einer Epoche vor der Erfindung des Abführmittels gelebt hatte.
    Hinter mir hörte ich, wie Clay um die erste Ecke bog. »Yeah, ich bin’s. Wie …« Ein gemurmelter Fluch. »Moment.« Die Stimme entfernte sich weiter. »Und jetzt? Hören Sie mich jetzt? Herrgott, das Echo hier. Wie ist die Besprechung gegangen?«
    Als seine Schritte sich in Richtung Rotunde entfernten, verklang auch die Stimme unter der leisen klassischen Musik, die über die Lautsprecher kam. Okay, Rose, besser wird’s jetzt nicht mehr. Sieh mal, ich beuge mich sogar noch über diese Tafel mit Erläuterungen, damit du …
    Ein Knurren, halb Ärger, halb Überraschung, von weiter links. Das Klappern eines Handys, das auf dem harten Boden landete und weiterrutschte.
    Noch als ich herumfuhr und in Clays Richtung rannte, teilte mein Hirn mir mit, dass ich wahrscheinlich überreagierte, dass er bestimmt nur in irgendwas oder irgendwen hineingerannt war. Aber mein Instinkt wusste es besser.
    Im Rennen hörte ich einen Aufprall, dann ein Grunzen. Noch ein Aufprall – härter, als sei ein Körper auf dem Fußboden aufgeschlagen. Ich bog um zwei Ecken, und dann sah ich Clay, der zwischen zwei Vitrinen mit Silbergeschirr eine Gestalt am Fußboden festhielt.
    Es war Rose. Sie hatte ein Messer in einer Hand, aber er hatte sie ums Handgelenk gepackt, so dass die Waffe unbrauchbar war. Mit der anderen Hand griff er nach ihrem Kopf, um ihr den Hals zu brechen.
    »Die Schwerter!«, schrie eine Kinderstimme. »Ich will die

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