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Blut der Wölfin

Blut der Wölfin

Titel: Blut der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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hindurch, während die Eltern in kleinen Gruppen beisammensaßen oder standen und schwatzten. Der Lärmpegel war erheblich, auch dank der Kreisch- und Brüllgeräusche aus der Lautsprecheranlage; auf Rose zu horchen war hoffnungslos. Sie wittern zu wollen ebenfalls – der alte, immer beliebte Ausstellungssaal roch überwältigend nach Mensch. Ich musste mich also nach ihr umsehen … was sehr viel einfacher gewesen wäre, wenn die Beleuchtung nicht die geheimnisvolle Urzeitdämmerung imitiert hätte.
    Ich machte mich auf, den Mittelgang entlang, ließ den Blick von einer Seite zur anderen schweifen, wobei ich nur Personen von mindestens einem Meter Höhe ins Auge fasste, was die Auswahl drastisch einschränkte.
    Dann kam ich an einer Barrikade aus Kinderwagen zum Stehen und murmelte »Entschuldigung«, den Blick immer noch nach vorn gerichtet. Jemand griff nach meinem Arm, und ich zog den anderen Arm nach hinten, die Hand schon zur Faust geballt … als mir aufging, dass ich drauf und dran gewesen war, eine lächelnde Frau mit einem Baby auf dem Arm zu schlagen.
    »Entschuldigung«, murmelte ich wieder. »Tut mir leid.«
    »Wann ist es so weit?«, erkundigte sie sich.
    »So weit?«
    Sie zeigte auf meinen Bauch. Ich sah nach unten, und einen Sekundenbruchteil lang starrte ich die Wölbung dort an und fragte mich, wo
das
auf einmal hergekommen war, bevor mein Hirn kreischend in die Spur zurückfand.
    »Oh, ähhh, bald. Entschuldigen Sie …«
    Eine andere Frau in der Gruppe stieß ein Quieken aus. »O mein Gott. Seht ihr, ich bin nicht die einzige Verrückte hier.«
    Sie legte mir die Hand auf den Arm. »Lee hat mich gerade an den August
letztes
Jahr erinnert, als ich« – eine Handbewegung zu meinem Bauch hin – »genauso ausgesehen habe und dauernd über die Hitze gejammert habe.«
    »Ich hab dich gewarnt – werd nie an Weihnachten schwanger«, sagte eine dritte Frau. »Es klingt vielleicht romantisch, aber acht Monate später, wenn man in kochender Hitze zehn zusätzliche Kilos mit sich rumschleppt, ist es nicht mehr so toll.« Sie sah mich an. »Habe ich recht?«
    »Äh, also …« Ich überlegte, was ich darauf sagen könnte, etwas, das nicht klang wie: »Entschuldigung, aber ich muss jetzt wirklich einen mordlüsternen Zombie fangen.«
    Die Frauen strahlten mich alle an, willens und bereit, mich in ihre Clique aufzunehmen, und mir wurde klar, dass ich mich wohl niemals einer solchen Spielgruppe anschließen würde. Hatte ich mein Kind damit bereits zu einem Leben als Außenseiter verurteilt? Ein Vater, der niemals die Nachwuchsliga trainieren würde … eine Mutter, die sich an keinem Kuchenverkauf für die Grundschule beteiligen würde … eine Familie, deren Vorstellung von einem sommerlichen Ausflug es war, Zombies zu jagen? Wobei mir wieder einfiel …
    »Entschuldigen Sie?«
    »Wo wir gerade über die Hitze sprechen, zeig ihr doch den Pullover!«
    Die erste Frau, die mit dem Baby, nahm ein Blatt Papier aus dem Kinderwagen und streckte es mir hin. Abgebildet war ein gestrickter Babypullover mit passenden Strümpfchen und einer Mütze.
    »Das ist … süß«, sagte ich, während ich über die Köpfe hinweg nach Rose Ausschau hielt. »Tolle Idee für den Winter, vielleicht kaufe ich eins …«
    Die zweite Frau lachte. »Nein, das ist ein Strickmuster. Altmodisch, ich weiß, aber eine fabelhafte Methode, Stress abzubauen.«
    Stricken? Ich starrte in blankem Entsetzen auf das Muster hinunter, murmelte eine weitere Entschuldigung und quetschte mich endlich zwischen ihnen hindurch, um mich wieder weniger beängstigenden Beschäftigungen zu widmen.
    Ich bog um die eine Ecke, als Clay um die andere gestürmt kam. Wir blieben stehen, noch etwa sechs Meter voneinander entfernt, musterten einander, musterten die Lücke zwischen uns und formten mit den Lippen einen lautlosen Fluch – wahrscheinlich ein und denselben.
    Wir setzten uns in Bewegung und trafen uns in der Mitte.
    »An
mir
ist sie nicht vorbeigekommen«, flüsterte ich.
    »An mir auch nicht. Und es ist nicht voll oder dunkel genug, als dass sie hätte umkehren können, ohne dass ich’s sehe.«
    Ich sah mich nach möglichen Verstecken um, aber die Ausstellung war einfach aufgebaut – zu einfach, als dass auch nur ein fasziniertes Kleinkind hätte verlorengehen können, ganz zu schweigen von einer erwachsenen Frau. Dann fiel mir die Kinderwagenbarrikade wieder ein.
    »Ich bin aufgehalten worden«, sagte ich. »Dort hinten. Der ganze

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