Blut der Wölfin
gottverdammten Eisberg zusammengestoßen!«
»Ich weiß«, sagte Zoe. »Es ist umwerfend, was? Und die Dinosaurierskelette kommen in den Glaskasten da rein, so dass man sie von der Straße aus sehen kann. Wenn sie schon Ausstellungsstücke ins Schaufenster legen, wünschte ich, sie würden irgendwas nehmen, das leichter zu transportieren ist.«
Clay schüttelte den Kopf und kam die Vortreppe herauf.
Im Inneren teilten wir uns in zwei Gruppen. Nach den Erfahrungen der letzten Tage wussten wir, dass unsere Freunde nicht zuschlagen würden, solange ich von Leibwächtern umgeben war, obwohl Clay so lang wie möglich bei mir bleiben würde.
Wir hatten es kaum bis zum Treppenabsatz im ersten Stock geschafft, als mein Handy vibrierte. Ich sah auf das Display. Nick.
»Sie kommt«, sagte er, als ich dranging.
»Sie?«
»Glaube schon. Zoe sagt, es ist eine Sie, obwohl das unter den vielen Klamotten schwer zu sagen ist.«
»Dann haltet die Augen offen nach ihrem Partner«, sagte ich. »Dieses Spiel haben sie schon mal mit uns gespielt.«
Als ich die Austaste drückte, fragte Clay: »Rose?«
Ich nickte.
»Scheiße.« Er sah zum Ausgang hin; sein Stirnrunzeln wurde tiefer.
»Du würdest dich lieber mit einem messerschwingenden Schläger anlegen als mit einer alternden Nutte?«
»Syphilitischen Nutte. Weißt du noch, was Jeremy gesagt hat?« Er sah sich prüfend um. »Planwechsel. Ich mache den Köder. Sie hat uns oft genug zusammen gesehen, um zu wissen, dass ich den Brief genauso gut haben könnte wie du. Wenn an mich leichter ranzukommen ist als an dich …«
Ich schüttelte den Kopf. »Wenn ihr Hirn nicht im gleichen Tempo verrottet wie alles andere an ihr, wird sie bestimmt nicht glauben, dass sie an dich leichter herankommt. Ich werde vorsichtig sein. Du
weißt,
ich werde vorsichtig sein. Ich werde nicht in die Nähe von ihrem Mund kommen und mich hinterher gründlich waschen. Noch besser, ich schlage einmal zu und warte dann auf dich. Minimaler Körperkontakt.«
Nach einer Pause nickte er, und wir gingen wieder zur Treppe.
Wir ließen das vergleichsweise belebte erste Stockwerk mit den kinderfreundlichen Abteilungen – den Dinosauriern und naturgeschichtlichen Ausstellungen – hinter uns. In der Islamausstellung im zweiten Stock begannen wir mit unserer Besichtigungstour, einem Teil dieser Jagd, bei dem ich nicht zu schauspielern brauchte. Fünfzehn Jahre mit einem Anthropologen haben auch aus mir eine Art Museumsliebhaberin gemacht.
Clay findet immer irgendein Stück, das seine Aufmerksamkeit erregt, in der Regel eins, das eine spannende Geschichte hat. Wenn wir eine Stadt besuchen, schnarcht Clay in Opern und Jazzkonzerten, sucht sich in Gemäldegalerien sofort eine Bank und schläft auch in den ohrenbetäubendsten Broadwaymusicals ein … aber erwarten Sie bloß nicht, dass er die Stadt verlässt, bevor er nicht jedes einzelne Museum besucht hat.
Früher habe ich mich gefragt, wie ein Mann, der so wenig mit Menschen zu tun haben will, so von ihrer Geschichte fasziniert sein kann. Inzwischen ist mir klar, dass die beiden Einstellungen einander nicht ausschließen. Die menschliche Gesellschaft ist Clay fremd und gerade deshalb faszinierend für ihn, und wenn sie es nur vom wissenschaftlichen Standpunkt aus wäre. Wie ein Anthropologe, der Menschenaffen studiert, findet er die Strukturen interessant – ohne den geringsten Wunsch, ihnen selbst anzugehören.
Wir schlenderten durch die Islamausstellung und das alte Rom, dann zurück in die griechische Abteilung in der südwestlichen Ecke des Gebäudes. Dort trennten wir uns ein paar Mal; einer von uns machte einen Umweg, um sich etwas anzusehen, wobei er gemächlich um eine Ecke bog und damit aus dem Blickfeld des anderen verschwand. Aber Rose schlug nicht zu. Und Nick rief auch nicht an, um mir mitzuteilen, dass sie sich ganz zurückgezogen hatte. Gelegentlich fing ich einen schwachen Verwesungsgeruch auf, der mir mitteilte, dass sie in der Nähe war. Von dem Bowlermann dagegen keine Spur.
Wir bewegten uns kreuz und quer durch einen Wald armloser, beinloser, entmannter Marmortorsi. In einer Ecke hinter einem Modell der Athener Akropolis blieb ich stehen.
»Entweder wartet sie auf ihren Partner, oder sie wartet darauf, dass wir ihr eine bessere Gelegenheit geben«, sagte ich. »Du kennst das Museum so gut wie ich. Wo wäre ein guter Ort, um jemanden zu überfallen?«
Seine Augen schlossen sich halb, und ich konnte beinahe sehen, wie der
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