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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Enfield-Gewehren arrangiert sein könnte.«
    Zorn flammte in seinem Gesicht auf, aber noch etwas anderes. Damals wusste ich nicht, was, aber ich glaube, heute weiß ich es. Ich glaube, es war Kummer. »Freundchen, ich habe den besten Schutz, den man mit Geld kaufen kann. Wenn ein Verdächtiger seine Nase reinsteckt, bekommt er keine Chance, mehr als zweimal zu schnuppern.«
    »Und der andere Grund?«
    Er sprach leise. »Meine Schwester heiratet einen Italiener.«
    »Einen guten Katholiken wie Sie«, spöttelte ich verhalten.
    Der Zorn flammte wieder auf, weißglühend, und einen Augenblick dachte ich, ich wäre zu weit gegangen. »Ein guter Mick! Ein guter alter ur-irischer Mick, Bürschchen, vergiss das niemals!« Dem fügte er so leise, dass es kaum zu hören war, hinzu: »Auch wenn ich mein Haar fast verloren habe, es war einmal rot.«
    Ich wollte etwas sagen, aber er gab mir keine Gelegenheit. Er wirbelte mich herum und beugte sich herunter, bis sich unsere Nasen fast berührten. Ich habe nie wieder solche Wut und Demütigung und Rage und Entschlossenheit im Gesicht eines Mannes gesehen. Heutzutage sieht man diesen Ausdruck nicht mehr in einem weißen Gesicht, wie es ist, verletzt und erniedrigt zu werden. Alle Liebe, allen Hass. Aber ich sah das an diesem Abend in seinem Gesicht und wusste, noch ein paar klugscheißerische Bemerkungen und er würde mich alle machen.
    »Sie ist dick«, flüsterte er halb, und ich konnte Pfefferminz in seinem Atem riechen. »Eine Menge Leute haben hinter meinem Rücken über mich gelacht. Aber das wagen sie nicht, wenn ich hinsehe, das kann ich Ihnen sagen, Mr. Kornettspieler. Einen anderen als diesen Itaker hätte sie vielleicht nicht gekriegt. Aber Sie werden nicht über mich oder sie oder den Spaghettifresser lachen. Und sonst auch niemand. Sie werden nämlich zu laut spielen. Niemand wird über meine Schwester lachen.«
    »Wir lachen nie, wenn wir unser Repertoire spielen. Man kann so schwer die Lippen dabei spitzen.«
    Das löste die Spannung. Er lachte – ein kurzes, bellendes Lachen. »Sie werden da sein und um fünf spielen können. Sons of Erin Hall in der Grover Street. Ich zahle Ihnen auch die Fahrt hin und zurück.«
    Es war keine Frage. Ich fühlte mich zu der Entscheidung gedrängt, aber er ließ mir keine Zeit, darüber zu reden. Er ging bereits davon, und eine seiner Anstandsdamen hielt die hintere Tür eines Packard-Coupés auf.
    Sie fuhren weg. Ich blieb noch eine Weile draußen und rauchte eine. Der Abend war mild und angenehm und Scollay kam mir mehr und mehr wie ein Traum vor. Ich wünschte mir gerade, wir könnten die Bühne auf den Parkplatz schaffen und hier spielen, als mir Biff auf die Schulter klopfte.
    »Zeit«, sagte er.
    »Okay.«
    Wir gingen wieder rein. Die Rothaarige hatte sich einen graumelierten Seemann geangelt, der doppelt so alt wie sie aussah. Ich weiß nicht, was ein Angehöriger der US-Marine in Illinois verloren hatte, aber was mich betraf, konnte sie ihn haben, wenn ihr Geschmack so schlecht war. Ich fühlte mich nicht so gut. Der Whisky war mir zu Kopf gestiegen, und hier drinnen, wo der Geruch von dem Zeug, das Scollay und seinesgleichen verkauften, zum Schneiden dick in der Luft hing, kam er mir viel wirklicher vor.
    »Wir haben eine Anfrage nach Camptown Races«, sagte Charlie.
    »Vergiss es«, sagte ich brüsk. »Dieses Niggerzeug spielen wir erst um Mitternacht.«
    Ich konnte sehen, wie Billy-Boy zusammenzuckte, als er sich ans Klavier setzen wollte, dann war sein Gesicht wieder aalglatt. Ich hätte mich einmal um den Block treten können, aber verdammt, man kann nicht über Nacht sein Mundwerk umstellen, oder in einem Jahr, oder in zehn. Damals war »Nigger« ein Wort, das ich hasste, aber trotzdem ständig benutzte.
    Ich ging zu ihm. »Tut mir leid, Bill – ich bin heute Abend nicht ich selbst.«
    »Klar«, sagte er, aber er sah über meine Schulter und ich wusste, dass meine Entschuldigung nicht akzeptiert worden war. Das war schlimm, aber ich will Ihnen sagen, was noch schlimmer war – das Wissen, dass ich ihn enttäuscht hatte.
     
    Ich erzählte ihnen während der nächsten Pause von dem Auftritt, war ehrlich zu ihnen, was das Geld betraf und sagte, dass Scollay ein Gangster war (aber von dem anderen Gangster, der ihn umlegen wollte, erzählte ich ihnen nichts). Ich sagte ihnen auch, dass Scollays Schwester dick und er deswegen empfindlich war. Wenn jemand Witze über Schwergewichte machte, handelte er sich vielleicht

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