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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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ein drittes Nasenloch über den beiden anderen ein.
    Ich sah Billy-Boy Williams an, während ich redete, aber man sah seinem Pokergesicht nichts an. Es wäre einfacher gewesen, aus den Runzeln der Schale zu schließen, was eine Walnuss dachte. Billy-Boy war der beste Klavierspieler, den wir je hatten, und uns allen tat es leid, wie immer auf ihm herumgehackt wurde, wenn wir von einem Auftritt zum nächsten zogen. Im Süden war es natürlich am schlimmsten – Jim-Crow-Abteile, Niggerplätze im Kino, und so weiter –, aber im Norden war es auch nicht gerade berauschend. Aber was hätte ich tun können? Hm? Sagen Sie es mir. Damals musste man mit diesem Unterschied leben.
     
    Wir waren am Freitag um vier in der Sons of Erin Hall, eine Stunde früher. Wir fuhren in dem speziellen Ford-Lieferwagen hin, den Biff, Manny und ich zusammengebaut hatten. Das hintere Ende war mit Segeltuch umhüllt, zwei Pritschen waren am Boden festgeschraubt. Wir hatten sogar eine elektrische Kochplatte, die nicht über die Batterie lief, und der Name der Band war außen aufgemalt.
    Der Tag war genau richtig – ein Eins-A-Sommertag wie im Bilderbuch, mit kleinen weißen Wölkchen, die Schatten auf die Felder warfen. Aber als wir in die Stadt kamen, war es heiß und grimmig, voller Hektik, die man an einem Ort wie Morgan nicht erwartet hätte. Als wir den Saal erreicht hatten, klebten meine Kleidungsstücke am Körper und ich musste auf die Toilette. Einen Schluck von Tommy Englanders Whisky hätte ich auch vertragen können.
    Das Sons of Erin war ein großes Holzhaus, das mit der Kirche zusammenhing, wo Scollays Schwester getraut werden sollte. Sie wissen, was für eine Örtlichkeit ich meine, wenn Sie je eine Hostie genommen haben, schätze ich – CVJM-Treffen dienstags, Bingo mittwochs, samstagabends ein Fest für die Jugend.
    Wir schlenderten den Gehweg entlang, jeder trug sein Instrument in einer und einen Teil von Biffs Schlagzeug in der anderen Hand. Drinnen regelte eine magere Frau ohne nennenswerte Brüste den Verkehr. Zwei schwitzende Männer hingen Krepppapier auf. Im vorderen Teil des Saals befanden sich eine Bühne, darüber eine Flagge und zwei Hochzeitsglocken aus rosa Papier. Auf der Flagge stand handgeschrieben: ALLES GUTE FÜR MAUREEN UND RICO.
    Maureen und Rico. Jetzt wurde mir klar, warum Scollay so geladen war. Maureen und Rico. Hol’s der Teufel.
    Die magere Dame kam auf uns zugeschossen. Sie sah aus, als hätte sie eine Menge zu sagen, daher nahm ich ihr den Wind aus den Segeln. »Wir sind die Band«, sagte ich.
    »Die Band?« Sie betrachtete unsere Instrumente misstrauisch blinzelnd. »Oh. Ich hatte gehofft, Sie wären die Speisenlieferanten.«
    Ich lächelte, als würden Speiselieferanten immer Trommeln und Posaunenkästen mit sich herumtragen.
    »Sie können …«, begann sie, aber in diesem Augenblick kam ein Milchbubi von etwa neunzehn Jahren herübergeschlendert. Eine Zigarette baumelte in seinem linken Mundwinkel, aber soweit ich sehen konnte, machte sie ihn nicht älter, außer dass sie sein linkes Auge zum Tränen brachte.
    »Macht die Scheiße auf«, sagte er.
    Charlie und Biff sahen mich an. Ich zuckte die Achseln. Wir machten die Kästen auf und er sah die Instrumente an. Da er nichts fand, das aussah, als könnte man es laden und damit schießen, ging er wieder in seine Ecke zurück und setzte sich auf einen Klappstuhl.
    »Sie können gleich aufbauen«, fuhr die magere Dame fort, als wäre sie gar nicht unterbrochen worden. »Im Nebenzimmer steht ein Klavier. Ich lasse es von meinen Männern reinschieben, wenn wir mit dem Dekorieren fertig sind.«
    Biff hievte sein Schlagzeug schon auf die kleine Bühne.
    »Ich dachte, Sie wären die Speisenlieferanten«, wiederholte sie zerstreut. »Mr. Scollay hat eine Hochzeitstorte bestellt, und es gibt Vorspeisen und Roastbeef und …«
    »Die kommen schon, Ma’am«, sagte ich. »Die werden bei Lieferung bezahlt.«
    »… und zwei Schweinebraten und einen Kapaun und Mr. Scollay wird außer sich sein, wenn …« Sie sah, wie einer der Männer innehielt, sich unter einem baumelnden Streifen Krepppapier eine Zigarette anzündete, und kreischte: »HENRY!« Der Mann zuckte zusammen, als wäre auf ihn geschossen worden. Ich flüchtete auf die Bühne.
     
    Viertel vor fünf waren wir so weit. Charlie, der Posaunist, wah-wahte ausklingend, und Biff lockerte die Handgelenke. Die Speisenlieferanten waren um 4:20 Uhr erschienen, und Miss Gibson (das war der Name der

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