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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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dann zumindest ihr Anwesenden – wenigstens heute.
    Alle johlten zustimmend und applaudierten. Wir beendeten unser Stück mit einem Tusch, was eine neuerliche Runde auslöste. Scollays Schwester Maureen lächelte. Herrgott, war ihr Mund groß. Rico grinste einfältig.
    Eine Weile schlenderten alle nur herum, aßen Käse und Wurst auf Crackern und tranken Scollays besten geschmuggelten Scotch. Ich kippte selbst drei Gläser zwischen den Stücken, und er stellte den von Tommy Englander weit in den Schatten.
    Scollay sah allmählich auch glücklicher aus – jedenfalls ein wenig.
    Er kam einmal an der Bühne vorbei und sagte: »Ihr Jungs spielt ziemlich gut.« Von einem Musikliebhaber wie ihm wertete ich das als echtes Kompliment.
    Kurz bevor alle zum Essen Platz nahmen, kam Maureen selbst zu uns. Aus der Nähe war sie noch hässlicher, und das weiße Kleid (es muss ausreichend Satin für drei Betten um diese Matrone geschlungen gewesen sein) geriet ihr nicht zum Vorteil. Sie fragte uns, ob wir »Roses of Picardy« spielen konnten wie Red Nichols and His Five Pennies, weil, sagte sie, das ihr Lieblingsstück war. Dick und hässlich war sie, aber hochnäsig war sie nicht – anders als manche der Überkandidelten, die auch schon hier gewesen waren und Bitten geäußert hatten. Wir spielten es, aber nicht besonders gut. Dennoch schenkte sie uns ein reizendes Lächeln, das fast ausgereicht hätte, sie hübsch zu machen, und sie applaudierte, als wir fertig waren.
    Gegen 6:15 Uhr setzten sie sich zum Essen hin, und Miss Gibsons Hilfskräfte rollten ihnen das Essen hinein. Sie fielen wie die Tiere darüber her, was nicht völlig überraschend war, und kippten dazu die ganze Zeit den hochprozentigen Stoff. Ich konnte nicht anders, ich musste zusehen, wie Maureen aß. Ich versuchte wegzusehen, aber mein Blick schweifte immer wieder hin, als wollte er sich vergewissern, dass er wirklich sah, was er zu sehen glaubte. Die anderen hauten rein, aber neben ihr sahen sie aus wie alte Damen in einer Teestube. Sie hatte keine Zeit mehr für ein süßes Lächeln oder um sich »Roses of Picardy« anzuhören; man hätte ein Schild mit der Aufschrift FRAU BEI DER ARBEIT vor ihr aufstellen können. Diese Dame brauchte Messer und Gabel nicht; sie hätte einen Dampfbagger und ein Förderband gebraucht. Es war traurig, ihr zuzusehen. Und Rico (man konnte nur sein Kinn über dem Tisch sehen, wo die Braut saß, und ein Paar braune Augen, so scheu wie die eines Rehs) reichte ihr Teller, ohne das nervöse Grinsen jemals abzulegen.
    Wir machten zwanzig Minuten Pause, während die Torte angeschnitten wurde, und Miss Gibson verköstigte uns höchstpersönlich in der Küche. Da der Herd eingeschaltet war, war es heiß wie in der Hölle, und keiner von uns hatte großen Hunger. Der Auftritt hatte gut angefangen, und jetzt schien er nicht mehr gut zu sein. Ich sah es den Gesichtern meiner Bandmitglieder an … und dem von Miss Gibson auch.
    Als wir wieder auf die Bühne kamen, hatte die Zecherei erst richtig angefangen. Hartgesottene Typen liefen mit breitem Grinsen in den Visagen herum oder standen in Ecken und grübelten über Wettformularen. Einige Paare wollten Charleston tanzen, daher spielten wir »Aunt Hagar’s Blues« (darauf fuhren die Ganoven ab) und »I’m Gonna Charleston Back to Charleston« und ein paar Stücke wie diese. Stücke für Jazzbabys. Die Schnepfen hüpften auf der Tanzfläche herum, schwangen die Beine, schnippten mit den Fingern neben den Gesichtern und schrien voe-doedee-oh-doe, ein Ausdruck, bei dem mir bis auf den heutigen Tag zumute ist, als müsste ich das Abendessen auskotzen. Draußen wurde es dunkel. Von einigen Fenstern waren die Fliegengitter abgefallen, Falter kamen herein und flatterten scharenweise um die Lichter. Und wie es in dem Lied heißt: The band played on – die Band spielte weiter. Braut und Bräutigam standen am Rand – keiner schien daran interessiert zu sein, sich früh davonzuschleichen – und waren fast völlig vergessen. Selbst Scollay schien nicht mehr an sie zu denken. Er war ziemlich betrunken.
    Es war fast 8:00 Uhr, als der kleine Typ reinkam. Ich sah ihn sofort, weil er nüchtern war und ängstlich dreinsah, so ängstlich wie eine kurzsichtige Katze im Hundezwinger. Er ging zu Scollay, der direkt an der Bühne mit einer Tussi redete, und klopfte ihm auf die Schulter. Scollay wirbelte herum, und ich konnte jedes Wort hören, das gesprochen wurde. Glauben Sie mir, ich wünschte, es

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