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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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mageren Frau, sie machte das beruflich) stürzte sich fast auf sie.
    Vier lange Tische waren aufgestellt und mit weißen Decken geschmückt worden, vier schwarze Frauen mit Hauben und Schürzen deckten sie. Die Torte war mitten in den Saal gerollt worden, wo jeder sie bestaunen konnte. Sie war sechs Schichten hoch, und oben stand ein kleines Brautpaar.
    Ich ging raus, um eine Fluppe reinzuziehen, und als ich sie halb geraucht hatte, hörte ich sie kommen – sie hupten und vollführten einen Heidenlärm. Ich blieb, wo ich war, bis ich den ersten Wagen um die Ecke des Blocks unterhalb der Kirche kommen sah, dann drückte ich die Kippe aus und ging rein.
    »Sie kommen«, sagte ich zu Miss Gibson.
    Sie wurde blass und schwankte tatsächlich auf den Absätzen. Die Dame hätte sich einen anderen Beruf aussuchen sollen – Innenarchitektin oder Bibliothekarin. »Den Tomatensaft!«, rief sie. »Bringt den Tomatensaft!«
    Ich ging zur Bühne, und wir machten uns bereit. Wir hatten schon oft solche Auftritte absolviert – welche Combo nicht? –, und als die Tür aufging, stimmten wir eine Ragtime-Version des Hochzeitsmarschs an, die ich selbst arrangiert hatte. Wenn Sie glauben, dass sich das nach einem Limonadencocktail anhört, muss ich Ihnen zustimmen, aber bei den meisten Empfängen verschlangen sie es einfach, und dieser war keine Ausnahme. Alle klatschten und johlten und pfiffen und unterhielten sich dann miteinander. Aber daran, wie manche beim Reden mit den Füßen wippten, konnte ich sehen, dass wir ankamen. Wir waren gut drauf – ich dachte, dass es ein toller Auftritt werden würde. Ich weiß alles, was man den Iren nachsagt, und das meiste stimmt, aber – Teufel noch mal! – es ist unmöglich, dass sie keinen Fez machen, wenn sie dazu entschlossen sind.
    Trotzdem, muss ich gestehen, hätte ich fast die ganze Nummer geschmissen, als der Bräutigam und die errötende Braut hereinkamen. Scollay, der einen Gehrock und gestreifte Hosen trug, warf mir einen stechenden Blick zu, und glauben Sie nicht, ich hätte ihn nicht gesehen. Es gelang mir, eine stoische Miene zu bewahren, und dem Rest der Band auch – keiner verpasste auch nur eine Note. Unser Glück. Die Hochzeitsgesellschaft, die aussah, als bestünde sie fast ausschließlich aus Scollays Ganoven und deren Bräuten, war schon eingeweiht. Mussten sie sein, schließlich waren sie in der Kirche gewesen. Aber ich hatte nur zurückhaltende Gerüchte gehört, könnte man sagen.
    Sie haben sicher von Jack Sprat und dessen Frau gehört. Nun, dies war hundertmal schlimmer. Scollays Schwester hatte das rote Haar, das ihm ausfiel, und es war lang und lockig. Aber nicht der schöne Kastanienfarbton, an den Sie vielleicht denken. Nein, es war ein County-Cork-Rot – hell wie eine Karotte und drahtig wie eine Bettfeder. Ihre natürliche Gesichtsfarbe war milchig-weiß, aber sie hatte so viele Sommersprossen, dass man das fast nicht sehen konnte. Und hatte Scollay gesagt, dass sie dick war? Junge, das war, als würde man sagen, dass man bei Macy’s ein paar Kleinigkeiten kaufen kann. Sie war ein menschlicher Dinosaurier – dreihundertundfünfzig Pfund und kein Gramm weniger. Alles war auf Busen und Hüften und Po und Schenkel verteilt, wie meistens bei dicken Mädchen, sodass das, was eigentlich sexy sein sollte, stattdessen grotesk und irgendwie furchteinflößend wirkte. Manche dicken Mädchen haben bemitleidenswert hübsche Gesichter, aber Scollays Schwester hatte nicht einmal das. Ihre Augen standen zu dicht beieinander, ihr Mund war zu groß und sie hatte Segelfliegerohren. Dann waren da die Sommersprossen. Sogar schlank wäre sie so hässlich gewesen, dass eine Uhr stehen geblieben wäre – verdammt, ein ganzes Schaufenster voller Uhren.
    Das allein hätte niemand veranlasst zu lachen, es sei denn, er wäre dumm oder hundsgemein gewesen. Erst wenn man Rico, den Bräutigam, mit einbezog, wollte man lachen, bis einem die Tränen herunterliefen. Er hätte einen Zylinder aufsetzen können und wäre dennoch nicht aus der unteren Hälfte ihres Schattens herausgekommen. Er sah aus, als würde er tropfnass nicht mehr als etwa neunzig Pfund auf die Waage bringen. Er war spindeldürr, seine Gesichtsfarbe dunkeloliv. Wenn er nervös in die Runde grinste, sahen seine Zähne wie ein Lattenzaun im Elendsviertel aus.
    Wir spielten weiter.
    Scollay brüllte: »Braut und Bräutigam! Gott schenke ihnen Glück!« Und wenn nicht Gott, verkündete seine gerunzelte Stirn,

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