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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Aus dem Gehäuse hinter dem Bildschirm stieg fast unverzüglich der Geruch nach überhitztem Eisenbahntrafo auf, und sobald er die Execute-Taste drückte und die Botschaft ALLES GUTE ZUM GEBURTSTAG löschte, fing die Einheit zu rauchen an.
    Nicht viel Zeit, dachte er. Nein … das stimmt nicht. Überhaupt keine Zeit. Jon wusste es, und jetzt weiß ich es auch.
    Es lief auf zwei Möglichkeiten hinaus: Seth mit der Insert-Taste zurückzubringen (er war sich sicher, dass er das konnte; es würde so leicht sein, wie er die spanischen Dublonen herbeigezaubert hatte) oder die Sache zu Ende zu führen.
    Der Geruch wurde stärker, durchdringender. In wenigen Augenblicken, wenn nicht früher, würde die Information OVERLOAD auf dem Bildschirm blinken.
    Er tippte:
    MEINE FRAU IST ADELINA MABEL WARREN HAGSTROM.
    Er drückte auf DELETE.
    Er tippte:
    ICH BIN EIN MANN, DER ALLEIN LEBT.
    Jetzt begann das Wort konstant in der oberen rechten Ecke des Bildschirms zu blinken: OVERLOAD OVERLOAD OVERLOAD.
    Bitte. Bitte lass es mich zu Ende bringen. Bitte, bitte, bitte …
    Der Rauch, der durch die Schlitze der Videoeinheit drang, war jetzt dichter und grauer. Er sah auf die heulende CPU und stellte fest, dass auch aus deren Lüftungsschlitzen Rauch aufstieg … und unten in dem Rauch konnte er einen düsteren roten Feuerfunken erkennen.
    Magischer Ball, werde ich gesund, reich und klug sein? Oder werde ich allein leben und vielleicht vor Gram Selbstmord begehen? Bleibt mir genügend Zeit?
    KANN ICH NICHT SAGEN! VERSUCH ES SPÄTER NOCH EINMAL.
    Aber es gab kein Später.
    Er drückte auf INSERT, und der Bildschirm wurde dunkel, bis auf die ständige Information OVERLOAD, die immer schneller und stotternder blinkte.
    Er tippte:
    ABGESEHEN VON MEINER FRAU BELINDA UND MEINEM SOHN JONATHAN.
    Bitte, bitte.
    Er drückte auf EXECUTE.
    Der Bildschirm wurde leer. Er schien Ewigkeiten leer zu bleiben, mit Ausnahme von OVERLOAD, das jetzt so schnell blinkte, dass es bis auf ein schwaches Flimmern fast konstant dazustehen schien, wie bei einem Computer, der eine geschlossene Befehlsschleife ausführt. Etwas im Innern der CPU knallte und zischte, und Richard stöhnte.
    Die grünen Buchstaben erschienen auf dem Bildschirm und leuchteten geheimnisvoll auf dem Schwarz:
    ICH BIN EIN MANN, DER ALLEIN LEBT, ABGESEHEN VON MEINER FRAU BELINDA UND MEINEM SOHN JONATHAN.
    Er drückte zweimal auf die Execute-Taste.
    Jetzt, dachte er. Jetzt werde ich eingeben: ALLE ELEMENTE IN DIESEM TEXTCOMPUTER WAREN PERFEKT AUSGEARBEITET, ALS MR. NORDHOFF IHN HERBRACHTE. Oder ich werde tippen: ICH HABE IDEEN FÜR MINDESTENS ZWANZIG BESTSELLERROMANE. Oder ich werde tippen: MEINE FAMILIE UND ICH WERDEN VON NUN AN IMMER GLÜCKLICH SEIN. Oder ich werde tippen …
    Aber er tippte nichts. Seine Finger schwebten albern über der Tastatur, während er spürte – buchstäblich spürte  –, dass sämtliche Stromkreise in seinem Gehirn stillstanden wie Autos Stoßstange an Stoßstange beim schlimmsten Stau in Manhattan in der Geschichte des Verbrennungsmotors.
    Der Bildschirm füllte sich plötzlich mit dem Wort.
    LOADOVERLOADOVERLOADOVERLOADOVERLOADOVERLOADOVERLOADOVERLOA
    Dann ertönte wieder ein Knall und eine Explosion der CPU. Flammen schlugen aus dem Gehäuse, erloschen aber gleich wieder. Richard lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und schirmte das Gesicht ab, falls der Bildschirm implodieren würde. Aber das passierte nicht. Er wurde nur dunkel.
    Richard saß da und betrachtete den dunklen Bildschirm.
    KANN ICH NICHT MIT SICHERHEIT SAGEN. FRAG SPÄTER NOCH EINMAL.
    »Dad?«
    Er wirbelte auf dem Stuhl herum, und sein Herz schlug so schnell, dass er Angst hatte, es würde ihm aus der Brust springen.
    Jon stand da, Jon Hagstrom, und sein Gesicht war dasselbe, aber irgendwie anders – es war ein feiner, aber merklicher Unterschied. Vielleicht, dachte Richard, war dieser Unterschied auf die Vaterschaft zweier unterschiedlicher Brüder zurückzuführen. Vielleicht lag es auch nur daran, dass der wachsame, argwöhnische Ausdruck aus Jons Augen verschwunden war, die durch dicke Brillengläser vergrößert wurden (eine Nickelbrille, stellte er fest, nicht mehr die hässliche Hornbrille, die Roger ihm immer gekauft hatte, weil sie fünfzehn Dollar billiger war).
    Vielleicht war es noch einfacher: der todgeweihte Ausdruck war aus den Augen des Jungen verschwunden.
    »Jon?«, sagte er heiser und fragte sich, ob er tatsächlich noch mehr gewollt hatte. Hatte er? Es war lächerlich,

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