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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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aber es musste wohl so gewesen sein. Vermutlich wollten Menschen immer mehr. »Jon, du bist es, richtig?«
    »Wer denn sonst?« Er nickte zu dem Textcomputer. »Hast du dich verletzt, als dieses Ding in den Datenhimmel geflogen ist, ja?«
    Richard lächelte. »Nein. Mir ist nichts passiert.«
    Jon nickte. »Tut mir leid, dass es nicht funktioniert hat. Ich weiß überhaupt nicht, was mich dazu gebracht hat, diese blödsinnigen Einzelteile zu verwenden.« Er schüttelte den Kopf. »Ehrlich, ich weiß es nicht. Es war, als müsste ich es tun.«
    »Also«, sagte Richard, ging zu seinem Sohn und legte ihm einen Arm um die Schultern. »Nächstes Mal machst du es besser.«
    »Vielleicht. Oder ich probiere was anderes.«
    »Das wäre auch nicht schlecht.«
    »Mama sagt, sie hat Kakao für dich, wenn du möchtest.«
    »Gern«, sagte Richard, dann gingen die beiden vom Arbeitszimmer zum Haus, in das nie ein tiefgefrorener, beim Bingospielen gewonnener Truthahn gekommen war. »Eine Tasse Kakao wäre jetzt genau das Richtige.«
    »Ich werde morgen ausschlachten, was man ausschlachten kann, und es dann auf den Müll werfen«, sagte Jon.
    Richard nickte. »Lösch es aus unserem Leben«, sagte er, und sie gingen ins Haus, wo es nach heißem Kakao duftete, und lachten miteinander.

Der Mann, der niemand die Hand geben wollte
    Stevens servierte die Getränke, und kurz nach acht Uhr zogen sich die meisten von uns an jenem bitterkalten Winterabend damit in die Bibliothek zurück. Eine Zeit lang herrschte Schweigen; nur das Knistern des Feuers im Kamin, das leise Klacken von Billardkugeln und das Heulen des Windes draußen war zu hören. Hier drinnen, in Haus 249B der East 35th, war es warm.
    Ich erinnere mich daran, dass David Adley an jenem Abend rechts von mir saß, und links von mir Emlyn McCarron, der uns einmal eine schreckliche Geschichte über eine Frau erzählt hatte, die unter ungewöhnlichen Umständen geboren hatte. Neben ihm saß Johanssen, sein gefaltetes Wall Street Journal auf dem Schoß.
    Stevens trat mit einem kleinen weißen Päckchen ein und überreichte es ohne Zögern George Gregson. Stevens ist trotz seines schwachen Brooklyn-Akzents (oder vielleicht gerade deshalb ) der perfekte Butler, aber seine bemerkenswerteste Eigenschaft ist meiner Meinung nach, dass er immer weiß, wem er das Päckchen geben muss, wenn niemand danach fragt.
    George, der in seinem hohen Ohrensessel saß, nahm es ohne Proteste entgegen und sah in den Kamin, der so groß ist, dass man darin einen ausgewachsenen Ochsen grillen könnte. Ich sah, wie sein Blick zu der in den Schlussstein eingemeißelten Inschrift schweifte: Es kommt auf die Geschichte an, nicht auf den Erzähler.
    Er riss das Päckchen mit seinen alten, zittrigen Fingern auf und warf den Inhalt ins Feuer. Einen Augenblick leuchteten die Flammen in allen Regenbogenfarben, und ein leises Lachen ertönte. Ich drehte mich um und sah, dass Stevens im Schatten bei der Tür zum Foyer stand. Er hatte die Arme auf dem Rücken verschränkt. Sein Gesicht war bewusst ausdruckslos.
    Vermutlich zuckten wir alle zusammen, als seine krächzende Stimme das Schweigen brach; ich auf jeden Fall.
    »Ich habe einmal gesehen, wie ein Mann in diesem Zimmer ermordet wurde, obwohl kein Geschworener den Mörder verurteilt hätte«, sagte George Gregson. »Aber zu guter Letzt verurteilte er sich selbst – und war sein eigener Henker!«
    Er legte eine Pause ein, um seine Pfeife anzuzünden. Rauch kräuselte sich als blauer Dunst um sein narbiges Gesicht, und er schüttelte das Streichholz mit den langsamen, vorsichtigen Bewegungen eines Mannes, dessen Gelenke stark schmerzen. Er warf das Streichholz in den Kamin, wo es auf der Asche des Päckchens landete. Er beobachtete, wie die Flammen das Streichholz verkohlten. Seine stechenden blauen Augen brüteten unter den buschigen melierten Brauen. Seine Nase war groß und gebogen, die Lippen dünn und fest, und seine Schultern wölbten sich fast bis zum Hinterkopf.
    »Spann uns nicht auf die Folter, George!«, brummte Peter Andrews. »Schieß los!«
    »Keine Bange. Nur Geduld.« Und wir mussten uns alle gedulden, bis die Pfeife zu seiner vollsten Zufriedenheit brannte. Als eine gleichmäßige Schicht Glut den großen Bruyèrekopf bedeckte, faltete George die großen, etwas gichtigen Hände über einem Knie und sagte:
    »Also gut. Ich bin jetzt fünfundachtzig, und was ich euch erzählen möchte, hat sich ereignet, als ich so um die zwanzig war. Es war

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