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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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hoch, um für mich von Nutzen zu sein; ich konnte nur den Kondensstreifen sehen, der sich über den Himmel zog. Trotzdem habe ich gewinkt. Gewinkt und geschrien. Als es verschwunden war, habe ich geweint.
    Es wird zu dunkel, etwas sehen zu können. Essen. Ich habe an alles mögliche Essbare gedacht. Die Lasagne meiner Mutter. Knoblauchbrot. Schnecken. Hummer. Saftige Rippchen. Pfirsich Melba. Roastbeef. An das große Stück Waffel mit hausgemachtem Vanilleeis, das man bei Mother Crunch auf der First Avenue als Dessert bekommt. Ofenwarme Brezeln gekochter Lachs gekochte Krabben gekochter Schinken mit Ananasringen. Zwiebelringe. Zwiebeldip mit Kartoffelchips Eistee in langen langen Schlucken Fritten dass du dir die Lippen leckst.
    100, 99, 98, 97, 96, 95, 94
    Gott Gott Gott
     
    8. Februar
    Heute Morgen ist wieder eine Möwe auf dem Felshaufen gelandet. Eine große, fette. Ich saß im Schatten meines Felsen, in meinem »Lager«, und hatte den bandagierten Stumpf hochgelegt. Mir lief das Wasser im Mund zusammen, sobald die Möwe gelandet war. Wie bei einem Pawlowschen Hund. Hilflos sabbernd, wie ein Baby. Wie ein Baby.
    Ich hob einen Felsbrocken hoch, der mir gut in der Hand lag, und begann auf sie zuzukriechen. Viertes Viertelspiel. Wir liegen um drei Punkte zurück. Der dritte und längste Lauf vor mir. Pinzetti fällt zurück, um den Ball abzugeben (Pine, ich meine natürlich Pine ). Ich hatte wenig Hoffnung. Ich war mir sicher, dass sie wegfliegen würde. Aber ich musste es versuchen. Wenn ich sie erwischte, eine so fette, unverschämte Möwe wie diese, konnte ich eine zweite Operation auf unbestimmte Zeit verschieben. Ich kroch auf sie zu, mein Stumpf stieß ab und zu gegen eine Felskante, und der Schmerz schoss mir wie Sternschnuppen durch den ganzen Körper, und wartete darauf, dass sie wegflog.
    Sie flog aber nicht. Sie stolzierte nur hin und her, die fleischige Brust vorgereckt wie ein Vogelgeneral, der die Truppenparade abnimmt. Hin und wieder warf sie mir aus ihren kleinen, bösen schwarzen Augen einen Blick zu, und ich erstarrte und zählte von hundert rückwärts, bis sie wieder auf und ab zu gehen begann. Jedes Mal, wenn sie mit den Flügeln flatterte, füllte sich mein Magen mit Eis. Ich sabberte immer noch. Ich konnte nichts dagegen tun. Ich sabberte wie ein Säugling.
    Keine Ahnung, wie lange ich mich anpirschte. Eine Stunde? Zwei? Je näher ich kam, desto heftiger schlug mein Herz und desto schmackhafter sah diese Möwe aus. Mir kam es fast so vor, als würde sie sich über mich lustig machen, und ich kam zur Überzeugung, sie würde sofort wegfliegen, sobald ich in Wurfnähe gelangte. Meine Arme und Beine zitterten. Mein Mund war ausgedörrt. Der Stumpf juckte teuflisch. Inzwischen glaube ich, dass ich an Entzugserscheinungen litt. Aber so rasch? Ich nehme den Stoff nicht einmal eine Woche.
    Macht nichts. Ich brauche ihn. Und es ist noch genug da, genug. Wenn ich eine Entziehungskur in den Staaten machen muss, werde ich in die beste Klinik in Kalifornien gehen und lächeln. Aber das ist momentan nicht das Problem, oder?
    Als ich nah genug war, brachte ich es nicht fertig, den Felsbrocken zu werfen. Ich war hundertprozentig überzeugt, dass ich sie verfehlen würde, und zwar meterweit. Ich musste näher ran. Also krabbelte ich weiter die Felsen rauf, den Kopf zurückgelegt, Schweiß strömte mir über den abgemagerten Vogelscheuchenkörper. Meine Zähne beginnen zu verfaulen, habe ich das schon erwähnt? Wenn ich abergläubisch wäre, würde ich sagen, das kommt vom Essen meines …
    Ha! Aber wir wissen es besser nicht wahr?
    Ich hielt wieder an. Ich war viel näher, als ich an den anderen Möwen gewesen war. Aber ich konnte es immer noch nicht über mich bringen. Ich umklammerte den Stein bis meine Finger schmerzten und konnte ihn einfach nicht werfen. Weil ich genau wusste, was es bedeutete, wenn ich nicht traf.
    Mir doch egal, wenn ich den ganzen Stoff aufbrauche! Ich werde sie bis aufs Blut verklagen! Ich werden den Rest meines Lebens in Luxus faulenzen. Meines langen, langen Lebens.
    Vermutlich wäre ich bis zu ihr hingekrochen, ohne zu werfen, wenn sie schließlich nicht doch weggeflogen wäre. Ich wäre hingekrochen und hätte ihr den Hals umgedreht. Aber sie breitete die Flügel aus und flog davon. Ich schrie sie an und richtete mich auf die Knie auf und warf den Felsbrocken mit voller Wucht. Und ich erwischte sie!
    Der Vogel gab ein ersticktes Krächzen von sich und fiel auf der anderen Seite

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