Blut - Skeleton Crew
Billy.
»Wir werden es versuchen, Big Bill.«
»Okay«, sagte er leise.
Ich prüfte die Pistole und legte sie ins Handschuhfach. Ollie hatte sie nach der Expedition in die Apotheke wieder geladen. Die übrige Munition war zusammen mit ihm verschwunden, aber das war in Ordnung. Er hatte auf Mrs. Carmody geschossen, er hatte einmal auf die Kreatur mit den Scheren geschossen, und ein Schuss hatte sich beim Aufprall auf den Boden von selbst gelöst. Wir waren vier Personen im Auto, aber wenn es zum Schlimmsten kommen sollte, werde ich für mich einen anderen Ausweg finden.
Ich durchlebte einen schrecklichen Augenblick, als ich meinen Schlüsselbund nicht finden konnte. Ich kramte in allen Taschen – vergeblich – und zwang mich, noch einmal langsam und ruhig zu suchen. Sie steckten in meiner Jeanstasche, waren nur unter das Kleingeld gerutscht, wie Schlüssel das manchmal so an sich haben. Der Motor sprang sofort an. Dieses vertraute, beruhigende Geräusch ließ Amanda wieder in Tränen ausbrechen.
Ich saß müßig da und wartete darauf, dass irgendein teuflisches Wesen aus dem Nebel auftauchen würde, angelockt vom Motorenlärm und den Auspuffgasen. Fünf Minuten, die längsten fünf Minuten meines Lebens, vergingen. Nichts geschah.
»Wollen wir nun hier sitzen bleiben oder losfahren?«, fragte Mrs. Reppler schließlich.
»Wir fahren«, antwortete ich. Ich setzte aus der Parklücke zurück und legte den ersten Gang ein.
Irgendein Impuls – vermutlich kein sehr edler – trieb mich dazu, so dicht wie möglich am Supermarkt entlangzufahren. Die rechte Stoßstange des Scouts schob den Abfallkübel zur Seite. Wegen der Düngersäcke war es unmöglich, in den Supermarkt hineinzuschauen, aber an jedem Guckloch drängten zwei oder drei Gesichter und starrten zu uns hinaus.
Dann bog ich nach links ab, und der Nebel schloss sich undurchdringlich hinter uns. Und ich weiß nicht, was aus all jenen Menschen geworden ist.
Ich fuhr die Kansas Road zurück und tastete mich mit fünf Meilen in der Stunde voran. Obwohl die Scheinwerfer und die Nebelleuchten eingeschaltet waren, war es unmöglich, weiter als zwei oder drei Meter zu sehen.
Miller hatte recht gehabt – die Erde hatte eine furchtbare Erschütterung durchgemacht. Stellenweise war die Straße nur rissig, aber an anderen Stellen schien der Boden tief eingebrochen zu sein, und große Stücke Pflaster standen hoch. Dank des Allradantriebs konnte ich die Hindernisse überwinden. Dem Himmel sei Dank dafür! Aber ich hatte schreckliche Angst, dass bald ein Hindernis kommen würde, gegen das selbst der Allradantrieb machtlos wäre.
Ich brauchte vierzig Minuten für eine Strecke, die ich normalerweise in sieben oder acht Minuten zurücklegte. Schließlich tauchte aber doch das Verkehrsschild auf, das auf unseren Privatweg aufmerksam machte. Billy, den ich um Viertel für fünf aufgeweckt hatte, war fest eingeschlafen. Dieses Auto war ihm so vertraut, dass er sich darin wohl wie zu Hause fühlte.
Amanda betrachtete nervös den Weg. »Willst du wirklich da entlangfahren?«
»Ich werde es versuchen«, sagte ich.
Aber es war unmöglich. Der heftige Sturm hatte sehr viele Bäume gelockert, und jene unheimlich starke Erschütterung hatte sie vollends zu Fall gebracht. Die ersten beiden waren ziemlich klein, und ich konnte mit knirschenden Reifen über sie hinwegfahren. Aber dann lag eine ehrwürdige alte Fichte quer über dem Weg wie eine Barrikade, die Rebellen errichtet hatten. Bis zum Haus war es immer noch fast eine Viertelmeile. Billy schlief neben mir, und ich stellte den Motor ab, legte meine Hände über die Augen und versuchte mir darüber klarzuwerden, was ich nun tun sollte.
Während ich jetzt im Howard Johnson in der Nähe von Ausfahrt 3 der Maine-Autobahn sitze und das alles niederschreibe, bin ich fast überzeugt davon, dass Mrs. Reppler, diese zähe, fähige alte Frau, mir mit wenigen raschen Pinselstrichen die ganze Aussichtslosigkeit der Situation hätte vor Augen stellen können. Aber sie war so rücksichtsvoll, mich auf meine eigene Art und Weise alles überdenken zu lassen.
Ich konnte nicht aussteigen. Ich durfte sie nicht verlassen. Ich konnte mir nicht einmal einreden, dass all jene Horrorfilm-Monster sich nur in der Nähe des Supermarktes versammelt hatten. Wenn ich das Fenster etwas herunterkurbelte, konnte ich hören, wie sie im Wald herumtobten. Feuchtigkeit tropfte von den Blättern aufs Autodach. Einen Augenblick lang
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