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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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den Ärmeln. Es war mit klebrigem, noch nicht ganz trockenem Blut durchtränkt. Wir hatten keine lebende Menschenseele mehr gesehen, seit wir den Supermarkt verlassen hatten.
    »David, schalten Sie Ihr Radio ein«, sagte Mrs. Reppler.
    Ich schlug mir vor Ärger über mich selbst an die Stirn und fragte mich, wie ich nur so dumm gewesen sein konnte, das Autoradio völlig zu vergessen.
    »Tun Sie das nicht«, sagte Mrs. Reppler kurz. »Sie können nicht an alles denken. Wenn Sie es versuchen, werden Sie verrückt und sind zu gar nichts mehr zu gebrauchen.«
    Im gesamten Mittelwellenbereich war nur ein Störgeräusch zu hören, und auf UKW herrschte völliges Schweigen.
    »Bedeutet das, dass sämtliche Sender nicht mehr arbeiten?« , fragte Amanda. Ich ahnte, woran sie dachte. Wir waren jetzt so weit südlich, dass wir uns eigentlich im Empfangsbereich verschiedener starker Bostoner Sender wie WRKO, WBZ und WMEX befinden müssten. Aber wenn Boston verschwunden war …
    »Es muss überhaupt nichts bedeuten«, sagte ich. »Dieses Störgeräusch auf Mittelwelle ist reine Interferenz. Der Nebel hat auch auf Rundfunkwellen eine stark dämpfende Wirkung.«
    »Sind Sie sich sicher, dass es nur damit zusammenhängt?«
    »Ja«, antwortete ich, obwohl ich mir dessen alles andere als sicher war.
    Wir fuhren in Richtung Süden; die Meilensteine glitten an uns vorüber, angefangen mit 40, mit kleiner werdenden Zahlen. Bei Meilenstein 1 würden wir die Grenze nach New Hampshire erreicht haben. Auf der Autobahn kamen wir aber langsamer vorwärts: viele Fahrer hatten nicht aufgeben wollen, und an zahlreichen Stellen war es zu Auffahrunfällen gekommen. Ich musste mehrmals auf den Mittelstreifen ausweichen.
    So gegen zwanzig nach eins – ich wurde allmählich hungrig – packte Billy mich am Arm. »Daddy, was ist das? Was ist das? «
    Ein Schatten tauchte verschwommen als dunkler Fleck aus dem Nebel auf. Er war so groß wie ein Felsen und kam direkt auf uns zu. Ich trat auf die Bremse. Amanda, die kurz zuvor eingedöst war, wurde nach vorn geworfen.
    Etwas kam auf uns zu; das ist wieder das Einzige, was ich mit Sicherheit sagen kann. Vielleicht lag das daran, dass der Nebel uns nur flüchtige und unscharfe Blicke auf alles erlaubte, aber ich halte es für ebenso wahrscheinlich, dass es Dinge gibt, die aufzunehmen unser Gehirn sich einfach weigert. Es gibt so finstere, grauenhafte Dinge – ebenso wie es vermutlich auch so überwältigend schöne gibt –, dass sie einfach nicht durch die winzigen Pforten der Wahrnehmung gehen.
    Es hatte sechs Beine, das weiß ich. Seine Haut war schiefergrau, an manchen Stellen aber auch dunkelbraun. Diese dunkelbraunen Flecken erinnerten mich absurderweise an die Leberflecken auf Mrs. Carmodys Händen. Seine Haut legte sich in tiefe Falten, und Hunderte jener rosa Insektenwesen mit den Stielaugen saßen auf ihm herum. Ich weiß nicht, wie groß es wirklich war, aber jedenfalls stapfte es einfach über uns hinweg. Es setzte eines seiner grauen faltigen Beine direkt neben meinem Fenster auf, und Mrs. Reppler sagte später, sie hätte seinen Bauch nicht sehen können, obwohl sie ihren Nacken nach oben verrenkt hätte. Sie sah nur zwei gewaltige zyklopenhafte Beine, die in den Nebel emporragten wie lebende Türme, so weit man sehen konnte.
    In dem Moment, als es sich direkt über dem Scout befand, hatte ich den Eindruck, es sei so groß, dass sich daneben ein Blauwal wie eine Forelle ausnehmen würde  – mit anderen Worten so groß, dass es jedes Vorstellungsvermögen überschritt. Dann verschwand es und schickte nur eine seismologische Serie von starken Beben zurück. Es hatte auf der Autobahn Spuren hinterlassen – Spuren, die so tief waren, dass ich nicht auf den Boden sehen konnte. Jeder einzelne Fußabdruck war fast so groß, dass der ganze Scout hineinfallen konnte.
    Einen Augenblick sagte niemand ein Wort. Kein Laut war zu hören, abgesehen von unseren lauten Atemzügen und den schwächer werdenden dröhnenden Schritten dieses Ungeheuers.
    Dann sagte Billy: »War es ein Dinosaurier, Daddy? Wie der Vogel im Supermarkt?«
    »Ich glaube nicht. Ich glaube nicht, dass jemals so ein riesiges Tier existiert hat. Zumindest nicht auf der Erde.«
    Ich dachte ans Arrowhead-Projekt und fragte mich wieder, was für verrückte Experimente sie dort wohl angestellt hatten.
    »Können wir weiterfahren?«, fragte Amanda schüchtern. »Es könnte zurückkommen.«
    Ja, und ebenso gut konnten weiter vorn

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