Blut soll fließen
dass er sich lange hinzieht, aber niemals, dass er nicht absolut notwendig ist.«
Crutch sah zum Fenster hinaus. Ein Hippie-Junge zeigte ihm den Stinkefinger. Ein Hippie-Mädchen zeigte ihm ihre Brüste.
»Donald«, sagte Mesplede, »glaubst du an ein freies Kuba?«
»Jawohl, Chef, das tue ich.«
»Glaubst du, dass die Perfidie der Schweinebucht eine nachhaltige Reaktion erfordert?« »Jawohl, Chef, das tue ich.«
»Glaubst du, dass Fidel Castro gestürzt werden muss und dass die tückischen Verräter, die sein Regime unterstützt haben, die schwerste aller Strafen verdient haben?«
»Du weißt, dass ich das tue, Chef.«
Der Bullen-Chauffeur hatte ein Transistorradio dabei. Mesplede griff über den Sitz und knipste das Gerät an. Der Bullen-Chauffeur drehte am Einstellknopf und fand einen Country-Sender. Ein Prolo-Tenor sang: »Flagge und Mais-Schnaps will ich ergreifen - verabscheue Pfeifen mit Friedenspfeifen.«
Mesplede verzog angewidert das Gesicht und drehte am Einstellknopf. Schräge Jazzklänge - aaaah, oui. Crutch verzog angewidert das Gesicht. Das klang wie eine Symphonie aus kaputten Getriebeteilen. Das Hasch-Brownie war ihm zu Kopf gestiegen. Die Farben vor dem Fenster veränderten sich. Schlingpflanzen und Doppelbilder erschienen.
Der Bullen-Fahrer bog in eine Seitenstraße ab. Hier war es ruhig. Kleine, schläfrige einstöckige Häuser erschienen.
Mesplede stellte das Radio ab. Der Bullen-Chauffeur fuhr an den Straßenrand und stoppte. Crutch sah alles doppelt und dreifach. Mesplede stieg aus und winkte Crutch, ihm zu folgen. Crutch stieg aus und blickte sich vorsichtig auf dem Bürgersteig um. Doppelt und dreifach verschmolzen wieder zu eins. Der Bürgersteig bot seinem schlaffen Körper Halt.
Er folgte Mesplede. Sie gingen zur Tür eines trostlosen Häuschens. Mesplede öffnete das Schloss mit einem Dietrich. Crutch bewunderte Mespledes Können - nur zwei Drehungen mit der Nr. 4.
Sie gingen ins Haus. Es war stockfinster. Das Geräusch der Klimaanlage übertönte das ihrer Schritte. Crutch vermutete gleich: FRAUEN.
Er folgte Mesplede. Das Geräusch der Klimaanlage wurde lauter. Sie erreichten einen Flur und gingen ihn entlang. Sie blieben vor einer Türöffnung stehen. Mesplede knipste den Schalter an. Das Licht fiel auf zwei schlafende Kanaken in zwei nebeneinander stehenden Einzelbetten.
Sie bewegten sich ein bisschen. Einer grummelte. »Kommunisten und kubanische Verräter«, sagte Mesplede. »Bitte bring sie für mich um.«
Die Getriebemusik kreischte. Farben flammten auf und verschwanden. Crutch fühlte etwas Kaltes in seiner Hand. Crutch sah die Kanaken doppelt und dreifach, von Schlingpflanzen umrankt.
Der andere Kanake grummelte. Beide Kanaken öffneten die Augen und schauten zur Tür. Beide Kanaken tasteten nach ihren Nachttischen.
Crutch hob die Hand und zielte. Er sah wieder einzeln. Er schoss mit geschlossenen Augen. Der Ladestreifen rastete vollautomatisch ein. Er deckte das Bett ein. Er hörte schallgedämpfte Schüsse. Er konnte das Blut riechen. Er öffnete die Augen und sah zwei Männer ohne Gesichter, die zu schreien versuchten.
(Chicago, 27.08.68 )
Der Knast war gerammelt voll. Die engen Zellen von Radikalen und Spinnern besetzt. Normalerweise wurden hier nur Tintentaucher eingesperrt. Die Unruhen hatten die Rassenquoten durcheinandergebracht.
Ein Gefängniswärter führte Dwight über den Laufsteg. Er provozierte zahlreiche geballte Fäuste und Tod-den-Schweinen-Ge-brabbel. Der Verhörraum befand sich zwei Türen weiter an einem nach rechts abgehenden Flur. Marshall Bowen wartete bereits.
Nicht übel. Gut in Form, intelligent wirkend. Ein überzeugender Pseudo-Hitzkopf.
Der Wärter ließ sie allein. Dwight warf eine Packung Zigaretten auf den Tisch. Bowen schüttelte den Kopf und schob seinen Stuhl nach hinten.
Dwight drehte den zweiten Stuhl um und setzte sich rittlings hin. Das ging daneben. Bowen zog seinen Stuhl näher heran.
»Sie sind kein Anwalt. Sie sind Polizist.«
Dwight zündete sich eine Zigarette an. »Beides.«
»FBI?«
»Richtig. Übrigens: Ich heiße Dwight Holly.«
Bowen verbeugte sich spöttisch. »Vom Chicagoer Büro?«
»Nein. Ich arbeite national.«
»Und kümmern sich darum, dass ein Polizist aus Los Angeles ohne ersichtlichen Grund übel zusammengeschlagen worden ist?« Dwight lächelte. »Ich kann keine sichtbaren Verletzungen er kennen. >Übel< ist übertrieben, das wissen Sie. Sie wissen ebenso, dass Sie keine Klage gegen das
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