Blut soll fließen
entsprechendes Angebot gemacht. Idee: Fred T. anrufen und ihn anweisen, die Abhörausrüstung an Ort und Stelle zu lassen.
Nebenan klingelte das Telefon. Crutch wechselte zu den Telefonmitschnitt-Hörem. Statik und Stimmenecho versauten die Leitung. Er drehte an Schaltern und erwischte Farlan Brown.
»... Wayne, Tag. Jesus, wie viel Uhr ist es? Ich hab die Vorhänge nicht mehr aufgezogen, seit Coolidge Präsident war.«
Wayne Tedrow: »Ein Uhr zwanzig.«
Brown: »Früh oder spät?«
Tedrow: »Früh. Ich bin in O'Hare. Ich warte auf den Mann, von dem ich dir erzählt habe. Er fliegt aus Sioux Falls ein.«
Brown: »Ein französischer Söldner in Sioux Falls, South Dakota. Endlich mal was Neues.«
Tedrow: »Er versucht ein paar verlorene Kumpel wiederzufinden.«
Brown: »Nicht in Chicago. Hier gibt's nur Klassenkampf.«
Tedrow: »Der Flughafen ist ein einziges Durcheinander. Nur an-getörnte Jugendliche und Reporter. Wie ein riesiges Aufmarschfeld.«
Brown: »Hubert ist erledigt. Dick wird dicke profitieren.«
Buzz kam in die Suite. Crutch winkte ihm zu.
Tedrow: »Wir müssen uns kurz hinlegen. Wir treffen dich in fünf oder sechs Stunden.«
Brown sagte etwas. Statik versaute die Leitung. Crutch nahm den Kopfhörer ab.
»Bowen ist ein Langweiler«, sagte Buzz. »Er trinkt nicht und stellt keinen Weibern nach. Das muss der spießigste Dschungelaffe der Welt sein. Er besucht Scheiß-Museen und Käsegeschäfte.«
Crutch verschlang ein Törtchen. »Ich lös dich jetzt ab.«
» Wobei ? Es ist 01:30. Bowen ist bei Papa, und die Scheiß-Stadt am Durchdrehen.«
»Ich komme nicht zur Ruhe.«
»Das tust du nie.«
Crutch verschlang Törtchen Nr. 4. »In fünf oder sechs Stunden bin ich wieder da.«
Buzz überprüfte sein Notizbuch. »Der Scheißkerl ist ein Streber. 23:16. Er spaziert an zwei Grillbuden und einer Oben-ohne-Bar namens >Honey Bunny< vorbei. Und wohin? Zu >Mr. Sid's Nacht-buchladen<.«
Crutch grunzte. Buzz ließ den Kopf auf die Brust fallen und schnarchte. Draußen gab es eine Explosion. Crutch schaute durchs Fenster und sah einen Streifenwagen in Flammen stehen.
In der Chicagoer Innenstadt war spätnachts was los. Langhaarige Legionen gingen auf Streifzug. Mit roten Flaggen, die in der Seebrise flatterten, während sie von Bullen umzingelt wurden. Wie in einer eingeübten Choreographie. Berittene Bullen tauchten unversehens aus Seitenstraßen auf. Die Pferde schissen auf den Bürgersteig. Die Leute warfen Gegenstände aus den Fenstern. Früchte und Nippes. Die weder Bullen noch Hippies trafen. Sie wirkten wie ein allgemeiner Protest. Man konnte nur nicht sagen, wogegen.
Crutch fuhr mit seinem Mietwagen hindurch. Der Verkehr kroch unerträglich langsam dahin. Jede Menge Auffahrunfälle. Marshall Bowens Papa lebte an der 59th, Ecke Stony Island. Farbige Mittelklasse - zweistöckige Häuser, dicht an die Straße gebaut.
Überwachungsbeginn - 02:41.
Crutch parkte vor dem Haus. Licht im oberen Stockwerk. Er stellte sein Joan-Bild aufs Armaturenbrett und sah es mit zugekniffenen Augen an.
Er wartete. Er wurde hibbelig. Der Kopf sagte los, der Körper sagte ich will schlafen. Um 03:09 trat Marshall Bowen aus der Tür.
Er ging zur Ecke und gelangte an eine Hauptstraße. Crutch gab ihm zehn Sekunden Vorsprung. Er wendete und fuhr zur Kreuzung. Bowen befand sich drei Ladenfronten weiter links.
Crutch blieb dran und beobachtete. Dichter Fußgängerverkehr. Bowen blickte in Cocktail-Lounge-Türen und ging weiter. Einige Bullen standen auf der Straße, rauchten und warteten. Einige Langhaarige kamen weit vorn um die Ecke und bemerkten die Bullen. Crutch konnte alles genau sehen.
Bowen warfeinen Blick durchs Fenster und flanierte weiter. Ein Langhaariger hielt eine Cola-Flasche hoch. Ein Langhaariger stopfte einen Lumpen rein und zündete ihn an. Die Langhaarigen freuten sich über die Flamme. Ein Langhaariger warf die Flasche direkt auf die Polizisten.
Sie zerplatzte weit vor ihnen. Die Explosion war enttäuschend.
Die Langhaarigen stießen Tod-den-Schweinen-Rufe aus und rannten lachend weg. Marshall Bowen wandte sich um - na, was wird denn das?
Die Bullen gingen auf ihn los. Er hob die Hände - bitte, nicht doch. Die Bullen schlugen und prügelten auf ihn ein, bis er reglos liegen blieb.
(Chicago, 26.08.68 )
Chemiebaukasten.
Wayne stand in Farlan Browns Badezimmer. Die verspiegelten Wände warfen sein Bild zurück. Er sah gar nicht gut aus. Zu alt, zu mager, zu geschafft.
Er nahm einen
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