Blut und Harz
laufen. »Für junge Menschen habe ich immer ein offenes Ohr. Gerade die Jugend muss in der heutigen Zeit gefördert werden. Die Menschen brauchen Perspektiven. Wir können das auch gerne vertraglich festhalten. Ihre Tochter wird eine Ausbildungsstelle im neu entstandenen Waldhotel erhalten. Über den Zielberuf müssen wir noch am besten mit ihr zusammen verhandelnd.
Und meine Herren, ich biete Ihnen beiden einen Zuschlag von zehn Prozent auf die bisherigen Angebote an. Das ist wirklich ein fairer Deal. Herr Kühnle, hätten Sie auch noch einen persönlichen Wunsch?«
Der Angesprochene schnaubte verächtlich. »Ich kanns net glauben, dass du dich von diesem arroganten Sack mit einem Ausbildungsplatz und a weng Geld ködern lässt. Es geht um dein Heim! Um dein Elternhaus! Ich dachte, wir wärn uns einig, nicht zu verkaufen!«
Beiersdorf senkte den Blick und schüttelte langsam, aber entschieden, den Kopf. »Mein Elternhaus! Versteh doch! Meine Eltern haben es schon von Großpapa geerbt. Es ist überhaupt nicht so, wie ich es mir vorstelle. Es ist ein alter, renovierungsbedürftiger Klotz! Die Heizkosten steigen ins Unermessliche. Man müsste alles erneuern. Dachstuhl, Ziegel, Vollwärmeschutz, Keller, Heizung, Fenster. Das kostet ein Vermögen. Und jetzt bietet sich mir die einzigartige Möglichkeit, meine eigenen Pläne zu verwirklichen und mir mein kleines Traumhaus zu bauen. Und Leonie erhält noch einen Ausbildungsplatz oben drauf. Was will man in der heutigen Zeit mehr? Ich werde verkaufen.«
Stille senkte sich über den Raum, einzig vom Knistern der rauchenden Zigarrenglut unterbrochen. Kühnle stand langsam auf.
»So ist das also. Zuerst laut Reden schwingen und mir dann in den Rücken falln. Du bist für mich gstorben! Aber eins sag ich euch noch und vor allem Ihnen, Herr Ritter.« Die Worte spie er regelrecht aus. »Ich werde nicht verkaufen. So einfach beuge ich mich net ihrem Willen. Das ist mein letztes Wort!« Er machte auf dem Absatz kehrt und stampfte zur Türe, die mit einem lauten Schmettern hinter ihm in die Angeln gewuchtet wurde.
Erik seufzte und drückte seinen Zigarrenstummel im Ascher aus. »Herr Beiersdorf, ich freue mich, dass wir uns einig geworden sind. Mein Anwalt wird sich sofort um die Formalitäten kümmern und den Vertrag abändern.« Er reichte ihm die Hand und alle Anwesenden standen auf. »Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Abend und richten Sie ihrer Tochter Leonie meine besten Grüße aus. Ich freue mich, sie bald im Waldhotel als Angestellte begrüßen zu können.«
Beiersdorf lächelte dünn und nach einem kräftigen Händedruck verließ er zusammen mit Eschle das Büro, um den vorbereiteten Vertrag zu unterzeichnen.
Seufzend ließ sich Erik zurück in seinen Schreibtischsessel sinken. Eine Nuss war geknackt, fehlte nur noch Kühnle und dann noch das Kloster. Über das Kloster machte er sich jedoch keine Sorgen. Sie brauchten dort nicht das gesamte Grundstück, sondern nur einen Teil der Zufahrtsstraße, um ihren Parkplatz besser anlegen zu können. Das Kloster selbst würde nicht einmal behelligt werden. Höchstens durch den Lärm während der Bauphase. Aber das war nur temporär. Ein Stück unbewohntes Land sollte also normalerweise kein Problem darstellen.
Der Waldbauer hingegen schon. Erik hatte es in seinen Augen gesehen. In seiner ganzen Haltung. Er würde auf dem normalen Weg nicht so leicht kapitulieren. Hier brauchte er schwerere Geschütze. Wahrscheinlich ganz schwere Geschütze. Atombomben vielleicht. Tief in seinem Gehirn regten sich erste Ideen.
Während er seinen grübelnden Gedanken hinterher hing, vergingen einige Minuten. Er seufzte erneut und blickte auf, als er die Bürotür klicken hörte. Frau Schwarz betrat leise das hell erleuchtete Zimmer.
»Herr Eschle und der Waldbauer sind soeben gegangen«, sagte sie. »Sein Vertrag ist unterzeichnet. Kann ich Ihnen heute noch behilflich sein?«
»Sind wir alleine?« hörte er sich zu seiner Überraschung selbst fragen.
Sie bejahte lächelnd und wandte sich zur Tür, um sie zu schließen. Die Nadelstreifenhose schmiegte sich dabei so eng um ihren Hintern, dass sie wie eine Schicht Farbe wirkte. Erik musterte den Arsch unverhohlen. Frau Schwarz drehte den steckenden Schlüssel in diesem Moment im Schloss herum. Die Bedeutung ihrer Zustimmung war für Erik nichts Neues, doch ausgerechnet heute hatte er doch keine Zeit! Wieso hatte er überhaupt gefragt? Elias wartete doch daheim. Sein Blick suchte
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