Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
Vom Netzwerk:
wiederzusehen – sie wussten alle, dass sein Kommen nur eines bedeuten konnte.
    Vor Friedrich sank er auf ein Knie. »Vergebt mir, mein Fürst! Wir konnten Freiberg nicht halten.«
    Mit düsterer Miene zog Friedrich ihn hoch. »Ich bin es, der um Vergebung bitten muss. Ich konnte kein Entsatzheer nach Freiberg führen.«
    Er reichte Niklas seinen Becher und forderte ihn mit einer Geste auf, sich zu setzen. »Berichtet!«
    Niklas, der sich wie ausgedörrt fühlte, nahm dankbar einen großen Schluck. Doch etwas zu essen lehnte er ab. Zuerst musste er die schlimmen Nachrichten loswerden.
    Friedrich hörte zu, ohne ein Wort zu sagen. Sein Gesicht blieb reglos, nur die Wangenmuskeln zuckten, während Niklas ihm von der Hinrichtung der Sechzig und der Forderung des Königs berichtete.
    Lange blieb Friedrich stumm. Dann stand er auf und trat zum Fenster – aus Gewohnheit oder um sein Gesicht nicht zu zeigen. Denn zu sehen gab es dort nichts. Die kleine Öffnung war zum Schutz gegen die Kälte mit Stroh zugestopft.
    Voller Sorge wartete Niklas auf die Antwort des Markgrafen.
    Würde der nun in seinem Zorn losstürmen, um Vergeltung zu üben an denen, die jene ungeheuerlichen Bluttaten befohlen hatten? Das entspräche seinem Temperament und seinem Tatendrang am ehesten.
    Niklas hoffte, dass sein Lehnsherr besonnen genug war, um sein Leben nicht in einem aussichtslosen Kampf zu beenden.
    Aber würde Friedrich, Enkel eines großen Kaisers, die letzten ihm verbliebenen Städte ausliefern und damit jeglichen Machtanspruch aufgeben?
    Dass der Wettiner so schnell zwölftausend Mark Silber aufbringen konnte, hielt Niklas für ausgeschlossen. Bezeichnenderweise war dies genau die Summe, für die Friedrichs Vater vor ein paar Jahren dem König Thüringen verpfändet hatte. Doch der für seine Maßlosigkeit und Unberechenbarkeit berüchtigte Albrecht würde den größten Teil des Geldes längst durchgebracht haben, während er auf der Wartburg vor sich hin lebte und das Regieren Adolfs Statthalter in Thüringen, Gerlach von Breuberg, überließ.
    »Ich übergebe Leisnig, Rochlitz und Grimma«, sagte Friedrich in die Stille hinein. »Ich kann nicht zulassen, dass noch mehr Menschen für mich sterben.«
    Niemand erwiderte ein Wort.
    Niklas wollte sich hochstemmen, doch Friedrich drückte ihn zurück auf die Bank. »Lasst Eure Wunde neu verbinden und ruht Euch aus«, sagte er mit Nachdruck.
    »Wenn Ihr erlaubt, reite ich nach Freiberg«, bot Hertwig von Hörselgau an.
    »Damit er dich auch hinrichten lässt?«, widersprach Niklas heftig und voller Bitterkeit. »Hast du nicht zugehört? Adolf bevorzugt die jungen Ritter als Opfer. Nein,
ich
bringe es zu Ende. Das ist meine Aufgabe.«
    »Morgen«, entschied Friedrich. »Gleich bricht die Nacht herein, und wenn Ihr nicht sofort etwas esst und Euch dann ausruht, schafft Ihr es nicht einmal die Treppe hinunter, ohne aus den Stiefeln zu kippen.«
    Er sprach ganz ruhig, fast beiläufig, als wäre nichts Besonderes passiert, als hätte es nicht ein furchtbares Blutgericht gegeben, als hätte er nicht soeben die Stadt verloren, die ihm am wichtigsten war und am meisten bedeutete. Als hätte er nicht gerade seinen letzten Besitz eingebüßt.
    Ohne Beistand des Bruders und des Vaters besaß Friedrich kaum mehr als die Pferde und das, was er auf dem Leibe trug. Seine letzte Barschaft an Silber hatte er eingesetzt, um nach dem Überfall in Altenburg so viele Männer wie möglich mit Niklas nach Freiberg schicken zu können.
    Der Haubitzer griff nach dem angebotenen Brot. Er hatte Hunger, aber trotzdem das Gefühl, keinen Bissen hinunterzubekommen.
    »Was wollt Ihr jetzt tun?«, fragte er seinen Lehnsherrn, während er die Hand mit dem Brot in den Schoß sinken ließ.
    »Von meinem Vater habe ich keine Hilfe zu erwarten, ebenso wenig von meinem Bruder«, entgegnete Friedrich kalt. »Tylich und Reinhard«, wandte er sich an die Brüder, »bringt meinen Sohn in Sicherheit. Ich gehe ins Exil. Nach Kärnten, zu meinen Schwägern.«
    Niklas erforschte Friedrichs Züge. Sie waren voller Bitterkeit, Trauer und Zorn. Aber dahinter entdeckte er immer noch Friedrichs typische Entschlossenheit. Vor allem der letzte Satz bestätigte seine Hoffnung, dass sein Lehnsherr trotz der völligen Niederlage nicht aufgab.
    Friedrich ging ins Exil. Aber nur, um seine Rückkehr nach dem Sturz des Königs vorzubereiten.
    Friedrichs Gemahlin Agnes, Tochter des Grafen Meinhard von Görz-Tirol, des Herzogs von Kärnten, war

Weitere Kostenlose Bücher