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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Mitgefühl ansah. Er wollte in Ruhe gelassen werden und allein sein.
    Conrad Marsilius ignorierte auch diese Bemerkung und begann, den Verband zu lösen.
    »Wie ich mir’s gedacht habe«, meinte er kopfschüttelnd, nachdem er die aufgeplatzte Wunde begutachtet hatte. Er tränkte ein Stück Leinen mit einem streng riechenden Sud und säuberte damit die Wunde, dann nähte er sie mit feinen Stichen, die man seinen großen Händen gar nicht zugetraut hätte, und verband das Bein neu.
    Ulrich ließ ihn wortlos gewähren und starrte vor sich hin, immer noch in düstere Gedanken versunken.
    Nachdem Conrad Marsilius den Verband verknotet hatte, stand er auf, musterte Ulrich mit seinem durchdringenden Blick und sah dann zu Sibylla.
    »Versuch es«, sagte er zu ihr und ging hinaus.
    Ulrich hörte durch die Bretterwand, wie der Arzt draußen mit lauter Stimme die Wachen in ein Gespräch über unverkennbare Anzeichen darüber verwickelte, dass ihre Säfte nicht im Gleichgewicht seien.
    »Geh, auf der Stelle!«, fuhr er Sibylla an, schroffer, als er wollte. »Ist dir nicht klar, in welche Gefahr du dich bringst?«
    Sibylla schüttelte den Kopf. »Meister Conrad hat sich beim König unentbehrlich gemacht, weil dessen Leibarzt vor ein paar Wochen gestorben ist. Wenn er sagt, er brauche mich als Gehilfin, wird mir niemand etwas tun.«
    »Geh!«, wiederholte Ulrich. »Was immer ihr vorhabt – ich werde nicht fliehen.«
    Sie sah ihm direkt in die Augen, so eindringlich, dass er die Lider senken musste. »Doch, Ihr wollt fliehen, wenn auch nicht von diesem Ort«, sagte sie leise. »Ich habe es vorhin Euerm Gesicht angesehen. Ihr wollt das Leben fliehen, weil Ihr Euch die Schuld gebt an dem, was geschehen ist.«
    Ulrich schwieg vor Unbehagen darüber, wie genau sie seine Gedanken erraten hatte.
    »Wir brauchen Euch. Gebt Euch nicht auf!«, beschwor sie ihn.
    Statt eine Antwort abzuwarten, beugte sie sich vor. Und dann geschah etwas, womit Ulrich nie gerechnet hätte.
    Sibylla strich sein dunkles Haar zurück … und küsste ihn. Als er sie nicht von sich stieß, sondern nach anfänglichem Zögern ihren Kuss erwiderte, nahm sie seine gefesselten Hände und legte sie auf ihre Brüste. »Spürt sie«, flüsterte sie. »Kommt zurück ins Leben, und ich verspreche Euch, ich werde bei Euch liegen. Ich weiß, dass Ihr davon geträumt habt.«
    Wieder küsste sie ihn, und Ulrich begann sich zu fragen, ob ihm ein Fieber Phantasiegespinste vorgaukelte.
    Er saß hier in Fesseln, verwundet nach einer blutigen Niederlage, und diese wunderschöne Frau versprach, sich ihm hinzugeben. Wie schwer musste ihr das fallen nach all dem, was ihr widerfahren war?
    »Kommt zurück ins Leben!«, flüsterte sie. »Und dann sorgt dafür, dass die Toten gerächt werden!«
    Dafür würde sie dieses Opfer bringen, auch wenn sie noch nicht wusste, wie sie die Berührung von Männerhänden auf ihrer bloßen Haut ertragen sollte.
    Er stöhnte leise auf in seiner Verzweiflung, während Sibylla ihn liebkoste und mit ihren Küssen seinen Lebenswillen neu entfachte.
     
    Diesmal hielt der König Wort. Als Niklas von Haubitz gerade rechtzeitig vor Ablauf der Frist mit der Nachricht eintraf, dass Friedrich die letzten Städte übergab, die er noch in der Mark Meißen besaß, befahl Adolf von Nassau, berauscht von seinem Triumph, alle auf der Burg Gefangenen unverzüglich freizulassen.
    Was scherte ihn jetzt noch das Pack, wo er den rebellischen Wettiner endgültig entmachtet hatte und ihm nicht nur die reiche Silberstadt Freiberg, sondern die ganze Markgrafschaft zu Füßen lag?
    Was scherte ihn der Fluch des alten Weibes? Sie war tot, aber er war der König und hatte einen vollkommenen Sieg errungen!
    Im prachtvollsten Raum der Burg Freiheitsstein saß Adolf von Nassau und feierte seinen Sieg – allein. Nur ein paar Diener hielten sich in einigem Abstand in Bereitschaft. Diesen Moment wollte er allein auskosten, ohne all die gierigen Speichellecker, die ihn sonst umkreisten wie Schmeißfliegen.
    Zufrieden griff der König nach dem erlesen gewürzten Rebhuhn, das mit Bergen von anderem gebratenen Wild auf einer Platte vor ihm lag, und biss hinein. Er kaute und biss wieder ab, wischte sich das Fett mit dem Handrücken vom Kinn und gab einem Diener mit den halb abgenagten Vogelknochen das Zeichen, ihm vom besten Wein nachzuschenken.
    Adolf von Nassau hätte es nie vor anderen zugegeben, aber Friedrich war der Einzige aus dem einst mächtigen Hause Wettin, der ihm hätte

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