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Blut Von Deinem Blute

Titel: Blut Von Deinem Blute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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seit Sie wieder hier sind?«
    Tja, wenn ich das wüsste ... »Nein.«
    »Sind Sie ganz sicher?«
    Oh nein, keineswegs ... »Ja.«
    »Miss Perreira starb auf exakt dieselbe Weise wie damals Ihre Stiefmutter ...«
    »Wirklich?« Dafür musste man sich wohl interessieren …
    »Jemand hat ihr die Kehle durchgeschnitten.«
    »Wie schrecklich.«
    »Mit einem Messer ...«
    Das Messer, dachte Laura, während das Bild des schwarzäugigen Hünen allmählich zurückwich und an seiner Stelle wieder die Küchengardine vor ihr auftauchte. Wenn du das Messer findest, bist du aus dem Schneider! Noch einmal wird sie nicht damit durchkommen. Und außerdem ist auch die Kriminaltechnik inzwischen fünfzehn Jahre weiter. Selbst wenn sie das Messer abgewaschen hat, ist nicht gesagt, dass nichts mehr ...
    Sie erstarrte.
    Da war sie! Da war Mia!
    Sie trat aus der Tür ihres Ateliers und sah sich sorgfältig um. Dann schloss sie ab und schleifte ihren unförmigen Körper über den Hof, direkt auf die Hintertür zu. Ein schmales Knochengerüst, über und über behängt mit trägem, körnigem Fett. Der rostrote Pullover, den sie trug,spannte über ihrem Busen und schob sich zudem wenig vorteilhaft an ihren Hüften hinauf, sodass er auf Taillenhöhe in ziehharmonikaähnliche Falten gelegt war.
    Sie hat noch zugenommen, seit ich hier bin, dachte Laura angeekelt. Dann machte sie eilig einen Schritt rückwärts, denn ihre Schwester war mitten auf dem Hof stehen geblieben und hatte ihre Röntgenaugen auf das Küchenfenster gerichtet. Der Blick schien geradewegs durch die Gardine zu schneiden, und Laura fühlte, wie ihr der Angstschweiß aus sämtlichen Poren brach.
    Bleib bloß ruhig! Sie kann dich nicht sehen. Alles, was sie sieht, ist eine dunkle, spiegelnde Scheibe.
    Sie schien nachzudenken. Ihre Wangen waren eigenartig gerötet und ihre Lippen bewegten sich unablässig, als murmele sie irgendetwas vor sich hin.
    Die Polizei hat sie verunsichert, frohlockte Laura stumm. Sie sitzen ihr im Nacken. Die Meute hat sie aufgestöbert, und jetzt kläffen sie ihren Bau an! Sie reckte den Hals, um das Gesicht ihrer Schwester besser erkennen zu können.
    Mia stand noch immer wie festgefroren mitten im Hof, ein Ausdruck müden Unverständnisses auf den aufgeschwemmten Zügen.
    Lauras Fingernägel gruben sich in das Holz des Fensterrahmens, und sie hörte etwas wegsplittern. Ob es Holz oder Nagel war, konnte sie nicht sagen. »Hast du etwa gedacht, es ginge immer so weiter?«, flüsterte sie. »Hast du allen Ernstes angenommen, du würdest ein weiteres Mal davonkommen?«
    Als habe sie ihre Gedanken erfühlt, nickte ihre Schwester auf einmal. Sie nickte langsam und selbstsicher vor sich hin, während Lauras Zuversicht zerschmolz wie Butter inder Sonne. Kein Zeichen von Verunsicherung mehr. Keine Angst in ihren Augen. Nur dieses fürchterlich selbstgewisse Nicken.
    Ihr Kopf wanderte nach links, wo der Container stand, und sie kniff angestrengt die Augen zusammen.
    Nein, verdammt! Sieh da nicht hin, verstehst du, sieh hierher, zur Küche!Na los doch, Schwesterchen, schenk mir einen von deinen widerlichen Insektensezierblicken. Komm her, öffne die Hintertür, mach mir eine Szene – und dann verschwinde gefälligst!
    Doch ihre Schwester tat ihr nicht den Gefallen, zur Hintertür zu kommen. Im Gegenteil: Sie drehte sich weg und schlurfte direkt auf den Container zu. Ein paar Schritte, dann war sie aus Lauras Blickfeld verschwunden.
    Sie hat die Tasche gesehen. Sie hat einen sechsten Sinn für so was. Gleich kommt sie zur Tür herein und knallt dir dein Beil vor die Füße. Und dann bringt sie dich damit um!
    Trotz der Panik, die in einer turmhohen Welle über ihren Körper hereinbrach, trat Laura wieder einen Schritt näher an das Fenster heran, bis ihr Gesicht dicht hinter der Scheibe war. Sie musste sehen, was ihre Schwester da trieb. Sie musste sie im Auge behalten, wenn sie eine Chance haben wollte. Die Chance zu fliehen, sobald Mia mit der Werkzeugtasche über der fettmüden Schulter auf die Hintertür zugestürmt kam.
    Weich nicht aus! Sieh nicht weg! Kämpf endlich!
    Laura presste die Stirn gegen das kühle Glas und entdeckte den rostroten Rücken im Schatten des Schuppens. Gleich darauf verschwand Mia in dem Verschlag und kehrte mit einem klapprigen Herrenfahrrad zurück, das sie in den finsteren Durchgang zwischen Mauer und Herrenhaus schob, Richtung Gasse.
    Lauras Herz schlug Purzelbäume.
    Das ist die Gelegenheit, auf die du gewartet hast! Nutze sie!

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