Blutaxt: Die Eingeschworenen 5 - Roman (German Edition)

Odins Tochter zu heiraten. Ich jedoch werde mich als würdig erweisen, weil ich aus eigener Kraft und durch meinen Ruhm Hakons Hochsitz gewinnen werde. Dann wird Odins Tochter meiner würdig sein, genau wie ich ihrer würdig sein werde. Zusammen werden wir im Norden ein mächtiges Reich schaffen.«
    Orm sah ihn mit einem traurigen kleinen Lächeln an.
    » Dann sieh zu, dass du sie bekommst, ehe sie wieder zu dieser Göttin zurückkehrt. Ich glaube, einen erneuten Zusammenstoß mit den Samen würdest du nicht überleben.«
    » Vor allem nicht mit ihrer neuen Göttin«, brummte Finn kopfschüttelnd. » Das war nicht recht, wie du diese wendische Frau behandelt hast«, fügte er hinzu.
    Krähenbein warf ihm einen kühlen Blick zu.
    » Mir schien, sie mochte dich«, fuhr Finn fort, » und es gefiel ihr gar nicht, dass sie die nächste Göttin auf diesem Berg werden sollte.«
    » Angst und Liebe sind Fuchs und Hund«, sagte Krähenbein mit einer Stimme, die sie frösteln ließ. » Sie passen nicht zusammen, und es ist am besten, man entscheidet sich für das eine oder das andere. Im Großen und Ganzen ist es für Fürsten und Könige besser, dass man sie fürchtet statt liebt.«
    Er seufzte und zuckte die Schultern.
    » Trotzdem tut es mir leid«, fuhr er fort. » Nur schade, dass der gelbe Hund nicht von ihr lassen wollte. Den werde ich vermissen. Aber ich habe gehört, dass man auf Raubzügen bei den Angelsachsen gute Hunde bekommen kann.«
    Sie sahen zu, wie er unbekümmert mit den Stiefeln durch das flache, halb gefrorene Wasser ging und sich auf das Schiff helfen ließ, auf dem das Banner mit dem herabstürzenden Falken flatterte. Riemen polterten, und das Langschiff schob sich aus dem Eis. Männer brüllten Kommandos, dann wurde das blutrote Segel gesetzt. Später, hatte Krähenbein gesagt, würde er auch dieses Schiff schwarz streichen lassen, dann würde es » Schatten« heißen.
    » Mögen die Götter uns beistehen, wenn er erst König von Norwegen ist«, knurrte Finn und rieb sich den Bart. Dann sah er Orm an. » Jetzt also Irland, ja?«, fragte er, und Orm nickte.
    Irland und Thorgunna.
    » Um eine Frau gegen ihren Willen aus einem irischen Kloster zu entführen«, brummte Finn, als er kopfschüttelnd Orm zu ihren eigenen Schiffen folgte. » Also – ich weiß ja nicht. Vielleicht wäre es weniger gefährlich, diesem verwünschten Krähenbein zu folgen.«

Historische Nachbemerkung
    Erik oder Eirik I., genannt Blutaxt, war der zweite König von Norwegen (vermutlich 930–934) und der älteste Sohn von Harald I., genannt Schönhaar. Eine Theorie, wie er zu diesem wunderbaren Namen kam, ist, dass er sich mit seinen Brüdern stritt und vier von ihnen umbringen ließ. Meine eigene Theorie ist, dass der Name Bló ð øx, der mit » Blutaxt« übersetzt wird, vielleicht genauer als » Opferaxt« verstanden werden müsste – für die Nordmänner war Opfer gleich Blut. Mir gefällt der Gedanke an eine solche Waffe – ein heimtückisches Geschenk Odins.
    Eirik ist also eine historische Figur, genau wie seine Frau Gunhild, die Krähenbein das Leben schwer machte, bereits ehe der geboren war. Gunhilds Ruf, eine Zauberin zu sein, war schon legendär, als sie Eirik heiratete. Dazu gehörte auch, dass sie mit zwei samischen Zauberern zusammenlebte, deren Zauberei sie erlernte. Dann gebot sie Eirik, die beiden zu töten, und heiratete ihn.
    Es gibt auch Berichte, nach denen sie mithalf, die Brüder ihres Mannes und weitere Feinde zu töten, indem sie sie vergiftete oder Stürme heraufbeschwor, damit sie mit ihren Schiffen untergingen. Es heißt, sie konnte sich in Trance versetzen – der wichtigste Aspekt des Seidr – und sich in einen Vogel verwandeln und in dieser Gestalt große Entfernungen über Land und See zurücklegen, feindliche Armeen aus der Luft ausspähen oder die Gespräche ahnungsloser Feinde belauschen. Sie ließ Krähenbeins Vater Tryggve umbringen, verfehlte aber dessen Frau Astrid und deren ungeborenen Sohn, den jungen Olaf, auch Krähenbein genannt.
    Eiriks jüngster Halbbruder, Hakon, verdrängte Eirik 934 aus Norwegen, und nach einigen vergeblichen Versuchen, den Thron zurückzuerlangen, gingen Eirik, Gunhild und ihre Söhne nach Orkney und später in das Wikinger-Königreich Jorvik (York). Seine Regierungszeit hier war stürmisch, und er wurde mindestens einmal von Olaf Cuarans, dem Wikingerkönig von Dyfflin, abgesetzt, gewann den Thron aber zurück. Schließlich verlor er ihn endgültig, als er von