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Blutberg - Kriminalroman

Blutberg - Kriminalroman

Titel: Blutberg - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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der gestohlenen Seite fortfuhr. Er saß vornübergebeugt auf seinem Stuhl, hatte die Hände im Schoß gefaltet und starrte niedergeschlagen auf
den Boden. Die vollständige Stille trug anscheinend dazu bei, sein Unwohlsein zu steigern. Prima, dachte sie, und las weiter. Allerdings muss ich zu meiner Verteidigung hervorheben, dass dieser Beschluss meinen Empfehlungen völlig zuwiderlief. Als ich nach der letzten Inspektionsfahrt mit Björn, Lárus und Matthías die Sache durchging, schlug ich vor, entweder weitere Untersuchungen im Hinblick auf die Sicherheit des Grats in die Wege zu leiten oder Valdimars wiederholten Forderungen nachzukommen, ihn abzusprengen, was viel einfacher und billiger gewesen wäre. Björn und Lárus stimmten mir zu, aber Matthías lehnte beides rundheraus ab. Er wies darauf hin, dass das Projekt sowieso schon hinter der Zeitplanung herhinkte und dass alle Verzögerungen, die auf unzulängliche geologische Untersuchungen zurückzuführen seien, auf das Konto der National Power Company gingen. Er wies auch darauf hin, dass Norling und Haase bereits einen Bohrkern von dem betreffenden Gelände bekommen und schalltechnische Untersuchungen gemacht hätten, deren Ergebnisse bald vorliegen würden. Daraufhin schlug ich vor, die Steilwand unterhalb des Grats mit Stahlnetzen abzusichern, um zumindest Unfälle durch Steinschlag zu verhindern. Doch das lehnte er ebenfalls ab, und zwar mit der Begründung, dass wir damit praktisch eine drohende Einsturzgefahr anerkennen würden, und zwar sehr viel eindeutiger, als ihm im Hinblick auf mögliche Prozesse lieb sein konnte, falls dieser Grat aller Wahrscheinlichkeit zum Trotz tatsächlich nachgeben würde. Letzteres fand ich überaus bedenklich, und wenn du das liest, Matthías, sollst du wissen, dass ich wirklich schockiert war, als du mich darum gebeten hast, auf der Besprechung mit den Leuten von Impregilo kein Wort darüber zu verlieren. Ich befand mich in dem Glauben, dass du sie über dieses Problem informiert hättest, denn du hattest mir zugesichert, das zu tun. Ehrlich gesagt war ich der Meinung, dass du kein Mensch wärst, der Geld über Menschenleben setzt. Vermutlich
warst du genauso enttäuscht über mich, als ich deine Bitte ignorierte. Daran lässt sich nichts mehr ändern. Ich vertraue darauf, dass diese Katastrophe aber zumindest dazu führt, dass solche Unfälle in Zukunft verhindert werden können, dass sämtliche B- und C-Gebiete gründlich kontrolliert werden, bevor die Arbeiten dort weitergehen. Außerdem weise ich ein weiteres Mal darauf hin, dass für die Arbeiten an der Herdmauer sehr viel strengere Sicherheitsbestimmungen eingeführt werden müssen. Allerdings besteht erheblicher Anlass zu äußerster Vorsicht, und das lässt sich auf Dauer nicht ignorieren.
    Katrín sah von dem Brief auf. Matthías verharrte immer noch in der gleichen Haltung. Sie hatte kein Mitleid mit ihm.
     
    »Wir können am Wochenende eine Party geben«, sagte Ricardo, »eine Abschiedsparty. Und das ist gleichzeitig ein schöner Empfang für Massimo. Wir haben dann schon alles zusammengepackt, da können wir einen richtigen Ball veranstalten.« Er breitete die Arme aus und drehte sich lächelnd im Kreis.
    Susanna putzte sich die Nase und versuchte, durch ihre Tränen zu lächeln. »Das wäre schön. Aber ich weiß nicht … Ich weiß nicht, ob es passend ist.«
    Ricardo hielt mitten in der Umdrehung inne. »Nein, wahrscheinlich nicht«, gab er zu, ging zum Küchenschrank und füllte sein Glas auf. Die Bestellung war gestern noch eingetroffen, zwei Kisten Chianti. Er würde sich ganz schön anstrengen müssen, die bis zum Montag zu leeren, war aber entschlossen, sein Bestes zu geben.
    »Du auch noch ein Gläschen?«, fragte er und hob die Flasche.
    Susanna schüttelte den Kopf. »Du weißt, ich möchte das nicht. Ein Glas, mehr nicht, und das habe ich bereits beim Essen
getrunken.« Sie lächelte wieder, doch es fiel ihr genauso schwer wie zuvor. »Das Kind«, sagte sie und streichelte ihren Bauch, »vergiss nicht das Kind.«
    Ricardo strahlte übers ganze Gesicht, stellte das Glas ab und nahm Susanna in die Arme.
    »Wie redest du denn«, sagte er, »als würde ich das vergessen können. Es besteht keine Gefahr, dass ich das Kind vergesse.« Und wehe, wenn es mir nicht ähnlich sieht, fügte er im Stillen hinzu, ohne dass das Lächeln aus seinem Gesicht wich.
     
    Die Situation war jetzt eine völlig andere, und entsprechend zogen sie die Zügel straffer.

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