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Bluternte: Thriller

Bluternte: Thriller

Titel: Bluternte: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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sehen, als die beiden Jungen sich in den Turm beugten. Dann richtete sich erst der eine und dann der andere wieder auf.
    »Will hat ihn«, meldete Jake. »Guck, er zieht ihn raus.«
    Jakes anderer Bruder hatte beide Arme um Joes Mitte geschlungen und zerrte ihn gerade aus dem Turm. Die Steppdecke blieb zurück, und Joes bleicher, nackter Körper leuchtete im Mondlicht wie eine Muschelschale, als er und Will Knowles auf das Dach purzelten. Dann bückte sich Dan Knowles und hob Joe hoch. Den kleinen Jungen wie ein Baby in den Armen, kam er an der Dachtraufe entlang auf Tom, Jake und Billy zu. Als er näher kam, konnten sie ihn etwas grölen hören, das sich anhörte wie: »Kling, Glöckchen, klingelingeling, jetzt läutet doch schon die verdammte Glocke, ihr Schwachköpfe!« Jake verstand eine Sekunde vor Tom, und dann rasselten die beiden Jungen die Treppe hinunter und rauften sich darum, als Erster den Glockenstrang loszumachen und das erste Mal mit aller Kraft daran zu ziehen.
    Bong. Die alte Glocke protestierte zitternd dagegen, so spät in der Nacht aus dem Schlaf gerissen zu werden. Bong. Lauter jetzt, sie gewann ihr Selbstvertrauen zurück. Bong. Eigentlich hätte Tom gern das Seil losgelassen und sich die Ohren zugehalten, doch er tat es nicht, weil es sich so toll anfühlte, an diesem Strang zu ziehen und die Glocke zu läuten. Bong. Kommt alle raus, kommt raus und seht, wie Joe übers Dach getragen wird. Joe ist okay, er ist doch okay, Joe kommt nach Hause. Er konnte es kaum erwarten, das Gesicht seiner Mum zu sehen.
    »Jenny, Sie dürfen da nicht reingehen.«
    »Und ein Krüppel wird mich daran hindern? Wohl kaum.« Jenny hob sich auf die Zehenspitzen und spähte über Evis Schulter hinweg. »Steinboden im Flur«, stellte sie fest. »Wissen Sie, wie es sich anhört, wenn der Schädel eines Kindes auf Stein zerschellt? Ein bisschen so, wie wenn eine Eierschale zerbricht, nur tausendfach verstärkt. Sie werden es ja hören – vielleicht.«
    »Wo ist Joe?«, verlangte Evi zu wissen.
    Jenny ging rückwärts über den Flur im Obergeschoss, ihre Hand streckte sich nach der Klinke von Millies Zimmertür.
    »Weiß Heather, wo er ist?«, fragte Evi.
    Zum ersten Mal sah Jenny unsicher aus. »Nein.«
    »Sind Sie sicher?«, bohrte Evi nach. »Ich glaube nämlich, sie weiß genau Bescheid über Sie. Ich glaube, sie hat versucht, andere Leute zu warnen, auf ihre Art. Sie hat versucht, sich mit Joe, Tom und Millie anzufreunden, mit Harry zu sprechen. Sie hat sogar versucht, Gillian zu sagen, was mit ihrer Tochter passiert ist.«
    »Sie ist ein hirnloser Kretin.« Die Klinke wurde niedergedrückt, die Tür einen Spaltbreit aufgestoßen.
    »Sie ist vorhin gekommen und hat Tom geholt«, wandte Evi ein. »Warum sollte sie das tun, so spät am Abend, es sei denn, sie weiß, wo Sie Joe versteckt haben.«
    Jenny überlegte einen Moment, dann zuckte sie die Achseln. »Ist auch egal«, meinte sie. »Inzwischen ist er bestimmt tot.«
    Evi trat einen Schritt vor. »Wissen Sie, was ich wirklich ätzend finde, Jenny?«, fragte sie. »Sie sind eine absolute Simulantin. Sie tun so, als würden Sie all das machen, weil Millie das nächste Opfer Ihres Großvaters ist. Also, das ist totaler Quatsch. Wahrscheinlich war er kaum jemals in ihrer Nähe. Und höchstwahrscheinlich hat er auch Hayley nie angerührt oder Megan. Sie haben doch selbst gesagt, dass Sie ihn nie an Lucy rangelassen haben. Sie bringen diese kleinen Mädchen um, weil Sie das toll finden.«
    »Halten Sie den Mund.«
    »Ich habe Ihr Gesicht gesehen, als Sie mir von Lucys Tod erzählt haben. Sie haben das damals genossen.«
    »Das brauche ich mir nicht anzuhören.« Jenny wandte sich ab.
    Evi musste sie aufhalten, musste ihr etwas geben, worauf sie sich konzentrieren konnte, etwas anderes als Millie. »Ihr Großvater, alles, was Ihnen früher passiert ist, das dient Ihnen jetzt bloß noch als Ausrede. Sie tun es, weil es Ihnen Spaß macht.«
    »Sie haben ja keine Ahnung.« Jenny war im Kinderzimmer, schritt über den Teppich.
    »Ich bin Psychiaterin«, rief Evi. »Ich habe mich jahrelang mit kranken Dreckstücken wie Ihnen herumgeärgert. Und jetzt weg von dem Bettchen.«
    Jenny kam auf sie zu. Binnen Augenblicken war sie aus dem Zimmer geschossen, und ihre Hände schlossen sich um Evis Hals. Beide taumelten rückwärts, an der Treppe vorbei.
    »Haben Sie sich je gefragt, wie es wohl wäre, zu fliegen, Evi?«, zischte Jenny ihr ins Ohr. »Das werden Sie nämlich gleich

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