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Blutfehde

Blutfehde

Titel: Blutfehde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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    Linda Fairstein
     
    Blutfehde
     
    Roman
     
     
    Aus dem Amerikanischen von Manuela Thurner
     
    Die Stimme des Blutes deines Bruders schreit zu mir von der Erde.
    - Genesis 4,10
     
     
    1
     
    Ich war allein im Gerichtssaal und saß, einen dünnen Aktenordner aufgeschlagen vor mir, am Tisch der Anklage. Ich hatte das Foto schon Hunderte Male studiert, aber heute Morgen sah ich es mir noch einmal unter einem neuen Aspekt an.
    Die Nahaufnahme von Amanda Quillian auf einer Bahre war vor acht Monaten im Leichenschauhaus entstanden, kurz vor der Obduktion. Sie hatte an der gesamten Halspartie kreisrunde Blutergüsse und halbmondförmige Abschürfungen, welche exakt die Stellen erkennen ließen, an denen ihr jemand den Hals zugedrückt und ihr Leben gewaltsam beendet hatte.
    »Der einsamste Ort der Stadt. Eine Staatsanwältin, die zwölf guten Männern - ein paar verrückte Weiber sind zugegebenermaßen auch darunter - lediglich Indizienbeweise vorlegen kann, deren Informant ein Vorstrafenregister hat, das länger als eine Klopapierrolle ist, und die keine Ahnung hat, wer der lieben verstorbenen Mrs Quillian die Luft abgeschnürt hat.«
    Mike Chapmans Stimme ließ mich aufblicken. »Ich habe die Tür gar nicht gehört. Ist schon aufgeschlossen?«
    Mike, der jede Gelegenheit nutzte, mich aufzuziehen, grinste über das ganze Gesicht. Das Lachen in seinen Augen erinnerte mich daran, dass ich in der bevorstehenden Verhandlung auf verlorenem Posten kämpfen würde. Er strich sich das dunkle Haar aus der hohen Stirn und schüttelte den Kopf. »Nein. Artie Tramm hat mich reingelassen. Ich soll dir ausrichten, dass er dem Plebs auf richterliche Anweisung um Viertel nach neun aufsperrt. Also kipp deinen Kaffee runter und richte noch schnell ein Stoßgebet an Unsere Liebe Frau des Hoffnungslosen Falles.«
    »Es wärmt mir das Herz, wenn sogar der Detective, der die Festnahme getätigt hat, an einem Schuldspruch zweifelt, bevor auch nur einer meiner Zeugen ins Kreuzverhör genommen wurde.«
    »Schuldspruch? Es könnte eine Weile dauern, bis du dieses Wort wieder in den Mund nehmen kannst, Coop«, sagte Mike und kam näher.
    Ich stand auf und trank meinen mittlerweile kalten Kaffee aus. »Drei Becher sollten reichen«, sagte ich und warf den Pappbecher in den Abfalleimer. »Drei Becher und Hunderte von Schmetterlingen im Bauch.«
    »Die hast du immer noch?«
    »Schick mich auf mein Altenteil, sollte ich jemals vor einem wichtigen Fall etwas anderes behaupten.«
    Er warf einen Blick auf die Nahaufnahme von Amanda Quillians Gesicht. »Spricht sie mit dir? Bist du deshalb schon um halb neun hier heraufgeschlichen?«
    Ich antwortete nicht. Mike Chapman und ich arbeiteten seit über zehn Jahren zusammen und kannten unsere jeweiligen Gewohnheiten in- und auswendig. Beruflich waren wir Partner und privat enge Freunde. Mike wusste, dass ich Artie Tramm, den für diesen Gerichtssaal zuständigen Hauptwachtmeister, gestern um Erlaubnis gefragt hatte, bereits eine Stunde vor Prozessbeginn in den Saal kommen zu dürfen.
    Hinter meinem Stuhl stand ein großer Einkaufswagen, seit zwanzig Jahren das bevorzugte Transportmittel für Prozessakten. Darauf stapelten sich die Fächermappen, die zum Organisationssystem eines jeden Prozessanwalts gehörten und in denen sich eine ganze Reihe farbiger Aktendeckel befände - lila für Zivilzeugen, blau für Cops und Detectives der New Yorker Polizei, grün für ärztliche und rechtsmedizinische Sachverständige und ein paar gelbe für die Zeugen der Verteidigung, deren Namen mir der Anwalt der Gegenseite bereits verraten hatte. In der Fußablage lagen Dutzende von Beweisstücken, die ich einzubringen plante, alle bereits mit einer Identifikationsnummer versehen, um während der Verhandlung Zeit zu sparen.
    »Hey, Mike«, rief Artie Tramm, als er den Raum betrat. »Hast du das Spiel gestern Abend gesehen? Die Yankees spielten, als wäre es ein Homerun-Derby.«
    »Wegen Ms Cooper hier hab ich nur noch das letzte Inning gesehen, weil ich bis zehn Uhr abends den Zeugen das Händchen halten musste. Gott sei Dank haben sie gute Batter, denn die Pitcher tun sich dieses Jahr echt schwer, das Schlagmal zu finden.«
    »Draußen ist ganz schön was los, Alex.« Artie deutete zur Tür. »Wahrscheinlich hat man den Fall hierherverlegt, weil wir mehr Personal haben, um die Menge unter Kontrolle zu halten. Gut, dass Sie schon so früh heraufgekommen sind. Brauchen Sie noch etwas?«
    »Ich habe alles, was ich

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