Bluthunde
Frau. Danke noch mal.«
Struller grinste, konzentrierte sich aber sofort wieder. »Du kriegst das also raus?«
»Sicher, Boss.«
»Und dann rufst du mich sofort an?«
»Easy, Boss, easy. Ich muss los, mein Freund.«
Jay Kay fuchtelte so lange mit seiner geballten Faust vor Struller rum, bis dieser sie mit seiner antippte. Dann sprang der Taxifahrer in seinen Daimler und gab Gas. Ein flotter Start.
»Ein flotter Bursche«, murmelte Struller und war froh, dass Jay Kay sich kümmerte.
So schräg der Vogel auch war, Struller hatte ein gutes Gefühl. Das verging ihm bei einem Blick auf die Armbanduhr aber sofort. 18.00 Uhr durch und noch immer keine Spur, keine Nachricht, kein Lebenszeichen von Jensen. Sein Kollege war jetzt seit über sechzehn Stunden verschwunden.
»Nicht gut«, flüsterte Struller. »Nicht gut.«
Bei seiner Praktikantensuche war er an einem entscheidenden Punkt angelangt. Eine Vermisstenanzeige kam noch nicht infrage. Jensen war über achtzehn und wurde noch keine vierundzwanzig Stunden vermisst. Wo hätte eine groß angelegte Vermisstenfahndung auch ansetzen sollen? Nein, entweder galt es abzuwarten oder etwas zu tun!
Entschlossen drückte Struller sein Kreuz durch. »Abwarten kommt nicht infrage.«
Das sah nach einer langen Nacht aus!
»Verdursten tun wir hier nicht, Miezi«, murmelte Jensen und sah der kleinen Katze mit dem straßengrauen Fell zu, wie die mit ihrer kurzen Zunge gierig Wasser in ihren schmalen Körper schlabberte.
»Nicht so wild, Mädchen, ist genug Wasser da«, flüsterte Jensen, der einen Wasserhahn entdeckt hatte, der angeschlossen war.
Ein paar Schokoriegel hatte er in einem Kühlschrank ebenfalls gefunden und sich gleich drei davon mit Miezi geteilt. Vergeblich war er kreuz und quer durch den Bau gekrabbelt, hatte alle Ecken ausgeleuchtet, aber des Bunkers Erbauer hatten seinerzeit keinen Notausgang eingeplant und auch später hatte niemand einen zweiten Ausgang hinzugefügt. Es gab anscheinend nur den einen Eingang zur Heyestraße hin. Und der war verriegelt. Jensen mochte es drehen und wenden, aber er war hier zum Ausharren verdammt. Sehr unangenehm!
Und ausharren, das tat er nun ja schon seit geraumer Zeit. Im Grunde genommen war er jetzt seit über siebzehn Stunden verschollen. Ihm war klar, dass sie draußen sicher längst nach ihm suchen würden, aber … hatten die überhaupt eine Chance, ihn zu finden? Die Taxifahrt hierhin war schwarz und bei der Zentrale nicht angemeldet gewesen. Es war mehr als fraglich, ob sich der Taxifahrer ermitteln ließ und ob der dann Angaben zur Fahrt machen würde, falls er sich überhaupt an die Tour erinnern sollte. Und darüber hinaus gab es bei ihren Ermittlungen keinen Hinweis auf den Bunker in Gerresheim. Wer um Himmels willen sollte dann auf dieses Versteck kommen und ihn hier finden?
Die Katze miaute dankbar und kam erstaunlich schnell wieder zu Kräften. Vergeblich hatte Jensen in der Kiste, einen permanenten Würgereiz nur mühsam unterdrückend, nach weiteren überlebenden Artgenossen gesucht. Dabei war ihm auch klar geworden, was diese Katzen waren, beziehungsweise hatten werden sollen: Hundefutter. Wie in einem schlechten Witz, nur viel, viel realer und überhaupt kein bisschen lustig!
Jensens Blick fiel auf den alten Matratzenrost und auf den Besen, der an der Wand lehnte. Er würde den MacGywer machen und sich aus beidem eine Schlagwaffe basteln. Im Falle eines Falles würde er sie einem Besucher zur Begrüßung freundlich um die Ohren hauen.
Die kleine Katze hatte genug getrunken und stupste ihn an. »Na, Kleine, dir geht es wieder ein bisschen besser«, lächelte Jensen schief.
Katzen hatten neun Leben.
»Kann gut sein, Miezi, dass du die alle brauchen wirst«, unkte Jensen Böses vorahnend, nachdem er sich vorgestellt hatte, wie sich das hier weiterentwickeln könnte …
Struller wählte eine andere Strecke, er fuhr quasi hintenrum. Bis nach Mettmann rein, dann nach links auf die Ratinger Landstraße. Diesmal bog er von der gegenüberliegenden Seite aus kommend in den schmalen, asphaltierten Gollenbergsweg ein. Einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss für Weißblechs Hundezucht würde er bei der momentanen Beweislage nicht bekommen, aber es stand ja eigentlich gar nichts der Idee im Wege, sich die ominöse Hundefarm noch einmal privat anzusehen. Okay, es war jetzt kurz vor Mitternacht, aber das war doch seine Sache? Er sei auf dem richtigen Weg und solle sich beeilen, hatte die anonyme Anruferin
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