Blutige Fehde: Thriller (German Edition)
Bewegung auseinanderreißen können, aber die Führung ist resolut dazwischengegangen und hat alle unter Kontrolle gehalten.«
»Was zum Teufel soll das heißen, auf meiner Seite des Zauns?«
»Also wirklich, Jack«, ging Uprichard genervt dazwischen.
»Ich meine damit nur, dass du Katholik bist, du stammst nun mal aus dieser Bevölkerungsgruppe«, sagte Hewitt und hob abwehrend die Hände.
Lennon wollte schon vom Stuhl springen, ohne zu wissen, was er als Nächstes tun würde, aber Uprichard sagte: »Bitte, Jack, lassen Sie den Mann ausreden.«
Hewitt lächelte. »Du weißt ja, wie fest die Republikaner ihren Laden im Griff haben. Die Loyalisten sind da anders. Die würden noch ihre eigenen Großmütter umbringen, wenn sie sich einen Vorteil davon versprächen. Wenn wir eine stabilisierende Kraft wie Rankin aus diesem Lager entfernen, dann weiß der Himmel, was uns blüht.«
Lennon starrte Hewitt zornig an. »Ist das deine Haltung oder die des Nordirlandbüros?«
»Schwere Körperverletzung, Jack. Er wird seine Zeit absitzen, selbst wenn er in Berufung geht, und ich garantiere dir, dass er das tut. Du bist derjenige, der Rankin hinter Gitter bringen wird. Es wird in deiner Akte als deine Verhaftung festgehalten, als dein Fall. Es wird sich gut für dich machen, wie du dich in einer brenzligen Situation bewährt hat, wie du Rankin und Crozier Erste Hilfe geleistet und verhindert hast, dass diese reizende alte Dame aufgeschlitzt wurde. Da könnte eine Belobigung für dich drin sein. Du kannst auch Rankin im Krankenhaus verhören, sobalddie Ärzte es erlauben. Du kannst versuchen, ob du vielleicht irgendwelche Schweinereien aus ihm herausbekommst, denen du dann nachgehen kannst. Ich wäre überrascht, wenn dich das nicht wieder zurück in die Mordkommission brächte.«
Lennon starrte ihn weiter an. »Vorsätzliche Körperverletzung.«
»Nein«, wehrte Hewitt ab. »Dafür könnte er lebenslänglich kriegen, wenn er an den falschen Richter gerät.«
»Bei schwerer Körperverletzung kriegt er nur fünf Jahre, vielleicht noch weniger, wenn er sich kooperativ verhält. Das heißt, höchstens zweieinhalb, wenn er sich im Bau benimmt. Und die Untersuchungshaft wird ihm auch noch angerechnet.«
Hewitt starrte zurück. »Ich werde dafür sorgen, dass der Staatsanwalt die Maximalstrafe fordert.«
»Einen Scheiß wirst du tun«, sagte Lennon.
Uprichard mischte sich wieder ein. »Staatsanwalt Gordon hat in seinem Team demnächst eine Stelle frei. Charlie Stinson wird für ein Jahr nach Südafrika versetzt. Ich bin mir sicher, Gordon könnte Sie gebrauchen.«
Lennon dachte einen Moment über diese Perspektive nach. Staatsanwalt Gordon leitete das beste Morddezernat der ganzen Stadt.
»Damals in Garnerville warst du von uns allen der Intelligenteste«, sagte Hewitt. »Sogar intelligenter als ich. Du willst dir doch wegen so eines Dreckskerls wie Rankin keinen Ärger einhandeln. Und außerdem brauchst du dich nach den jüngsten Vorkommnissen gar nicht so aufs moralische Podest zu stellen. Bei der Sache mit Patterson bist du noch gut weggekommen. Dafür schuldest du mir einen Gefallen.«
Lennon legte den Kopf in die Hände.
»Scheiße«, sagte er.
6
Manchmal verfolgten die Träume Gerry Fegan bis zum Wachwerden. Er wusste, dass es eine feste Grenze zwischen seiner Phantasie und der eigentlichen Welt gab, aber die Träume überschritten sie trotzdem irgendwie. Noch vor wenigen Monaten hatte er seine Schreckensbilder jede Nacht im Whiskey ertränkt. Jetzt, wo er nüchtern war, blühten sie auf und wucherten bis in seine wachen Stunden hinein. Aber trotzdem war das alles noch besser als früher, als ihm noch die Schatten der Toten bis in die letzte Gasse von Belfast gefolgt waren.
Er warf die Decke zur Seite, und die feuchte Luft machte ihn schlagartig wach. Doch selbst als schon sein Bewusstsein flackernd zum Leben erwachte, krochen noch Traumgestalten über die Wände. Er blinzelte und rieb sie sich aus den Augen. Die Ballen seiner schwieligen Hände scheuerten auf seinen Lidern, und das beginnende Poltern und Gellen der Stadt schlich sich durch die schmalen Fenster. Fegan setzte sich auf und warf die Beine über den Rand des schmalen Bettes.
Die Narbe an seiner rechten Schulter juckte, eine rosa glänzende Sonne, umgeben von den schrägen Malen amateurhafter Nähstiche. Er rieb mit der Handfläche darüber, bis die rissigen Schwielen den Juckreiz verscheucht hatten. Als er sich streckte, glitt die Erschöpfung
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