Blutige Rache: Wegners schwerste Fälle (German Edition)
...«
»Die Dicke, aus der Kantine?«, schnitt Vera ihm das Wort grob ab.
»Sie mag dick sein, aber in erster Linie ist sie vierfache Mutter. Und ich habe ihre Kinder gesehen – alle kerngesund und mit Schmelzflocken aufgezogen! Unsere Tochter sieht dagegen wie ein Marsmännchen aus.«
Ohne ein weiteres Wort verließ Vera erneut die Küche. Wenig später hörte er nur noch den Fernseher und gelegentliches Schniefen.
Allein die Zubereitung der Schmelzflocken hatte ihn sämtliche Nerven und eine gute Dreiviertelstunde gekostet. Als Wegner dann vorsichtig, am Wohnzimmer vorbei, Richtung Kinderzimmer schlich, hörte er seinen Stöpsel schon von weitem Quaken. Gleich nach der Geburt hatte er seine Tochter so getauft und ignorierte ihren richtigen Namen, Leonie Marie Henriette, schlichtweg. Für ihn war sie einfach Stöpsel und in ein paar Jahren, wenn ein solcher Name vielleicht nicht mehr ganz passen dürfte, dann könnte er sich notfalls auch zu Leo oder Leni hinreißen lassen. Die Henriette hatte das arme Kind übrigens Veras Großmutter zu verdanken und das, obwohl Wegner dem Standesbeamten sogar mit seiner Dienstwaffe gedroht hatte.
Er schob die Tür zum Kinderzimmer auf und beugte sich kurz darauf über das winzige Himmelbett. Sein Stöpsel ruderte aufgeregt mit den Armen. Der über alle Backen grinsende Vater glaubte sogar ein zaghaftes Lächeln zu erkennen. In seinen riesigen Händen wirkte der Säugling grundsätzlich wie eine Frühgeburt. Vorsichtig setzte er sich in den knarrenden Schaukelstuhl und legte sich Stöpsel sanft in den Arm. Noch einmal fühlte er die Glasflasche in seiner Hand und sog jetzt sogar selbst kurz daran, um einen winzigen Schluck zu probieren.
»Perfekt«, murmelte er verträumt und bot nun der Kleinen die Flasche an. Kaum war der Sauger in ihrem Mund verschwunden, da glaubte Wegner seinen Augen nicht trauen zu können. Nicht mal eine Minute später war die Flasche bereits zu einem Drittel leer und nur weitere zwei vergingen, da zog er sie, komplett ausgetrunken, zwischen den noch immer schmatzenden winzigen Lippen heraus. Vorsichtig legte er den zerbrechlichen Körper über seine mächtige Schulter und begann sanft den Rücken zu streicheln. Kurz darauf ging er zu leichtem Klopfen über, welches am Ende, von einem netten Schwall Schmelzflocken begleitet, zum gewünschten Ergebnis führte.
Ein frisches Hemd und eine halbe Flasche Bier später traute sich Wegner ins Wohnzimmer zurück. »Stöpsel ist satt und schläft wie ein Engel«, informierte er Vera, die hartnäckig, aber mit leerem Blick, auf den Fernseher starrte.
Jetzt drehte sie sich zu ihm und er konnte erkennen, dass ihr dicke Tränen herunterkullerten. »Ich will alles richtig machen und mach doch alles falsch ...«
Wegner setzte sich neben seine Frau und nahm sie einfach fest in den Arm.
»Der Frauenarzt sagt, dass Frauen in meinem Alter eben häufig keine Muttermilch mehr haben.« Das Weinen ging in ein herzhaftes Schluchzen über. »Ich bin zu alt. Ich kann meinem Kind nicht mal eigene Milch geben.«
Wegner erinnerte sich an die grauenvolle Zeit, in der Vera ihre Wochenbett-Depressionen durchlitten hatte. Er war damals sogar kurz davor, entmutigt in eine Pension zu ziehen.
»Du bist nicht zu alt und du machst auch nicht alles falsch«, protestierte er energisch. »Du bist nur etwas überengagiert und versucht alles ganz besonders gut zu machen – auf deine Art eben.« Wegner grinste breit. »Jetzt lässt du mal einen erfahrenen Vater ran und freust dich einfach, wenn es Stöpsel gut geht ... und dir ... und mir auch.« Die letzten Worte wurden von einem heftigen Seufzen begleitet.
Vera schaute ihn seltsam zweifelnd an. Nun lächelte sie sogar zaghaft. »Erfahrener Vater ...? Hast du mir irgendwas verschwiegen?«
9
Bereits unter dem zweiten Fausthieb brach das Nasenbein des Taxifahrers, von einem lauten Krachen begleitet. Blut schoss aus der Nase des Getroffenen, als ob ein Staudamm gebrochen wäre.
»Wer war es?«, schrie der muskelbepackte Riese auf dem Beifahrersitz nun schon zum dritten Mal und ließ zwei weitere Schläge folgen, die ihr Ziel in der Magengrube seines Opfers fanden.
»Ich weiß es nicht«, drang es leise durch einen erneuten Schwall von Blut hervor. »Ich weiß es nicht, egal wie oft du mich schlägst. Und wenn du mich umbringst, dann weiß ich es immer noch nicht.«
»Aber du hast die beiden zu Zlatko gefahren – das ist sicher!«
»Ich fahre Taxi. Das herauszufinden war wohl
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