Blutige Seilfahrt im Warndt
dass er von der Kripo ist.«
»Das ist gefährlich«, gab Kullmann zu bedenken. »Dort unten sind die Männer allein auf sich gestellt. Wenn dort etwas passiert, können wir nicht einfach so eingreifen.«
Erik grinste und meinte: »Du kennst dich ja schon mit Gruben und Unter-Tage-Arbeit aus.«
Kullmann sagte nichts dazu, also sprach Erik weiter: »Als ich damit anfing, über die Hintergründe der Bergleute zu ermitteln, bin ich auf ein schweres Unglück gestoßen. Vor elf Jahren sind zehn Männer in einem Stollen in der Grube Warndt verschüttet worden. Aber nur acht Leichen konnten geborgen werden. Und wer war damals der ermittelnde Kommissar?«
Beide schauten sofort zu Kullmann.
Verlegen wand sich der Alt-Kommissar unter den Blicken und meinte: »Ich habe die Widersprüche in den Aussagen der Bergleute untersucht. Es ging um die beiden Männer Winfried Bode und Karl Fechter, die eigentlich gar nicht hätten in diesem Stollen sein dürfen. Die einen wollten sie dort gesehen haben. Die anderen wiederum an einer ganz anderen Stelle. Hinzu kam, dass sich viele der Bergleute mit dem Zeitpunkt, an dem sie Fechter gesehen haben, nicht mehr so sicher waren. Über Tage hieß es, dass die beiden eine weitere Schicht angehängt hätten, was häufiger vorgekommen sei. Aber Angehörige waren keine da, um das zu bestätigen.«
»Und was hast du damals herausgefunden?«
»Es war kompliziert«, gab Kullmann zu. Von der Akte, die er in der Hand hielt, las er ab: »Georg Remmark war es, der gemeldet hatte, dass die beiden eine Schicht anhängen wollten. Der war auch zusammen mit Winfried Bode und Karl Fechter von anderen Bergmännern gesehen worden. Das alles wurde genauestens überprüft, aber nichts wies darauf hin, dass Remmark eine Falschaussage gemacht hätte. Hinzu kam, dass Remmark damals als Sprengmeister unter Tage gearbeitet hatte. Aber auch andere hatten eine Sonderausbildung für Sprengarbeiten. Karl Fechter selbst, der ja verschollen war. Ebenso Alois Witzke, Harald Stark und Michael Bonhoff.«
»Braucht man das unter Tage?«, fragte Erik.
»Mit Sprengungen wurden früher die Strecken unter der Erde vorangetrieben«, erklärte Kullmann daraufhin. »Ob sowas heute noch praktiziert wird, weiß ich nicht.«
»Aber was hat der Sprengmeister mit dem Unglück zu tun? Hatte er es durch Sprengung ausgelöst? Oder vielleicht sogar das Opfer selbst?«
»Nein. Auf diesen Aspekt hin habe ich alles gründlich untersucht. Ob das Sprengmaterial noch komplett vorhanden war. Ob es noch an seinem Platz war. Das Unglück hatte nichts mit Sprengungen zu tun.«
»Klingt trotzdem merkwürdig«, gab Anke zu.
»Ich habe auch weiter ermittelt, aber nichts herausfinden können. Diese Bergmänner halten zusammen wie Pech und Schwefel! Deshalb hoffe ich, dass Anton Grewe nicht entlarvt wird, sonst wird es gefährlich für ihn. Ich habe versucht, Aussagen von Angehörigen zu bekommen. Dabei habe ich festgestellt, dass nur einer der beiden Männer einen Angehörigen hatte, nämlich Karl Fechter. Winfried Bode war Witwer und kinderlos.«
»Und deshalb hast du dich nicht bei uns gemeldet?«, fragte Erik.
»Ich war überzeugt davon, dass ihr das auch ohne mich herausfindet. Und so ist es ja auch«, brummelte Kullmann.
»Trotzdem wäre es für uns hilfreich, wenn du am Montag an unserer Besprechung teilnimmst. Immerhin kennst du die Gegebenheiten dort schon.«
Kullmanns Augen bekamen einen Glanz. Aber er bestätigte den Termin ganz beiläufig, als sei es für ihn nebensächlich.
»Also konzentrieren wir uns ab sofort auf Winfried Bode und Karl Fechter«, kombinierte Anke. »Wir müssen deren Leben durchleuchten. Vielleicht waren sie ja gar nicht dort, sondern haben sich irgendwohin abgesetzt, und ihre Leichen wurden deshalb niemals gefunden!«
»Das ist ein interessanter Aspekt«, gab Kullmann zu. »Dafür müssen sie aber an einer anderen Stelle aus der Grube herausgekommen sein, wo sie niemand sehen konnte.«
»Gibt es solche Fluchtwege?«, fragte Erik.
»Keine Ahnung«, gab Kullmann zu. »Aber das müsste herauszufinden sein.«
Erik nickte.
»Ich erinnere mich noch genau daran, dass Karl Fechter damals alleinerziehender Vater war«, sinnierte Kullmann. »Nach seinem Tod musste der Sohn wieder zurück zu seiner Mutter, was ihm nicht gepasst hatte. Ihn könnten wir zuerst fragen.«
»Wie heißt der Sohn?«
»Tim Fechter.«
Grewe fühlte nichts, als er auf den großen Parkplatz vor der Grube Warndt fuhr. Wie automatisch suchte
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