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Blutige Stille. Thriller

Blutige Stille. Thriller

Titel: Blutige Stille. Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Castillo
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den Coroner, Mona. Für die hier kommt jede Hilfe zu spät.«

2 . KAPITEL
    Ich befinde mich in dem eigenartigen Zustand zwischen Schlafen und Aufwachen, als auf dem Nachttisch das Telefon klingelt. Bei meinem letzten Blick auf den Wecker war es kurz nach drei, jetzt zeigen die roten Leuchtziffern vier Uhr dreißig an, und ich schätze mich glücklich, eineinhalb Stunden am Stück geschlafen zu haben. »Burkholder«, melde ich mich mit rauer Stimme.
    »Chief, hier ist Mona. Skid meldet, dass draußen auf der Plank-Farm geschossen wurde.« Ihre Worte lassen mich hochfahren. »Gibt’s Verletzte?« Wahrscheinlich hat jemand sein Gewehr gereinigt und sich dabei versehentlich in den Fuß geballert.
    »Laut Skid gibt es mehrere Tote.«
    Mehrere Tote
.
    Im ersten Moment glaube ich, mich verhört zu haben. Dann nimmt mein Hirn seine Arbeit auf, und ich springe aus dem Bett. »Hat er den Schützen erwischt?«
    »Ich weiß es nicht. Skid klang ziemlich durcheinander.«
    Vier Officer gehören zu meinem kleinen Polizeirevier, und von ihnen ist Skid einer der erfahrensten. Da er zudem weder der Sensibelste noch schnell aus der Fassung zu bringen ist, muss etwas Schlimmes passiert sein. »Schicken Sie einen Krankenwagen hin, okay?«
    »Klar. Und ich gebe Doc Coblentz Bescheid.«
    »Gut.« Dr. Ludwig Coblentz ist der hiesige Kinderarzt und der für Holmes County zuständige Coroner. »Sagen Sie ihm, wir treffen uns auf der Farm.«
    Während ich im Kleiderschrank meine Uniform vom Bügel zerre, versuche ich, die wenigen Informationen zu sortieren. Die Planks sind Amische. Ich weiß, dass viele amische Familien Gewehre zum Jagen oder auch zum Töten von Schlachtvieh besitzen. Sie sind eine friedfertige, pazifistische Gemeinschaft; Gewaltverbrechen sind selten. Es will mir nicht in den Kopf, dass es dort mehrere Tote geben soll. Vielleicht, weil das meine Unfalltheorie zunichtemachen würde.
    ***
    Painters Mill ist eine kleine Stadt im Herzen des ländlichen Ohio. Ungefähr ein Drittel der fünftausenddreihundert Einwohner gehören der Amisch-Gemeinde an. Auch ich wurde vor etwas über dreißig Jahren in dieser Stadt als Amische geboren. Doch im Unterschied zu den etwa achtzig Prozent der amischen Jugendlichen, die mit achtzehn ihrer Glaubensgemeinschaft beitreten, habe ich mich nicht taufen lassen. Aber familiäre Wurzeln sitzen tief, besonders die der Amischen, und so haben mich diese Wurzeln wieder hierher zurückgebracht.
    Seit fast drei Jahren bin ich jetzt Polizeichefin in diesem Ort. Der Job gefällt mir. In Painters Mill kann man gut leben, es ist ein angenehmer Ort, um eine Familie zu gründen und Kinder aufzuziehen. Ich würde gerne glauben, dass es hier keine schlimmen Verbrechen gibt, doch die Vergangenheit hat gezeigt, dass selbst idyllische Kleinstädte nicht immun gegen Gewalt sind.
    Ich kenne die meisten Familien hier, sowohl die amischen als auch die »englischen«, wie die Amischen alle Nicht-Amischen nennen. Ich spreche fließend Pennsylvaniadeutsch, den amischen Dialekt. Und obwohl ich nicht mehr dem Grundsatz der
Gelassenheit
folge – die Maxime aller amischen Werte –, habe ich großen Respekt vor ihrer Kultur. Dieser Respekt rührt aus einem tiefen Verständnis nicht nur für die Menschen, sondern auch für das
schlichte Leben als solches
sowie deren Religion, das wesentliche Element, das beide zusammenführt.
    Auf der Fahrt zur Farm wird mir bewusst, dass ich kaum etwas über Bonnie oder Amos Plank weiß. Ich krame in meinem Gedächtnis und erinnere mich, dass sie erst vor etwa einem Jahr aus Lancaster County hierhergezogen und somit neu in der Gegend sind. Sie haben mehrere Kinder und betreiben einen kleinen Laden mit Milchprodukten. Als ich auf die Schotterstraße biege, frage ich mich, welche Probleme sie wohl aus ihrem früheren Wohnort in Pennsylvania mit hierhergebracht haben.
    Skids Streifenwagen steht hinter einem Buggy. Das eingeschaltete Blaulicht flackert über Haus und Nebengebäude und lässt den Eindruck eines bizarren Rock-Videos entstehen. Ich nehme meine MagLite, steige aus, ziehe meine .38er und gehe zur Hintertür. Dabei offenbart der Strahl meiner Lampe glänzend schwarze Tropfen auf Gehweg und Veranda, und ein Hauch von Unbehagen überfällt mich, als ich einen blutigen Handabdruck am Türrahmen erkenne. Ich stoße die Tür auf und trete in eine große Küche.
    Durch das Fenster über der Spüle fällt Mondlicht herein, doch es reicht nicht aus, um das Dunkel zu durchdringen.

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