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Blutige Vergeltung

Blutige Vergeltung

Titel: Blutige Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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Haus sich auf die Nacht einstellte, knarzte das Holz leise. Die Witwe trug einen hellblauen Hausanzug und einen Pantoffel, und nach dem Zustand der Leiche zu urteilen, war sie schon eine ganze Weile tot. Vor nicht allzu langer Zeit war die Klimaanlage abgeschaltet worden, weshalb die Luft im Haus stickig heiß und abgestanden war.
    Vom Verwesungsgestank ganz zu schweigen.
    Ich verschränkte die Arme und verkniff es mir nach Kräften, mich gegen die Wand zu lehnen. Die Spezialisten der Spurensicherung waren gerade emsig bei der Arbeit, sicherten Beweise, machten Fotos und bemühten sich, den Geruch zu ignorieren. Einige der Beamten hatten sich Mentholsalbe unter die Nase geschmiert, so schlimm war es. Ein paar Tage in der Hitze der Wüste trockneten einen Körper völlig aus, aber heiße Feuchtigkeit in einem abgeschlossenen Raum taten totem menschlichem Gewebe nicht gut.
    „Die Sache stinkt.“ Ich sprach betont leise. Die Kriminaltechniker warfen mir schräge Blicke zu, abgesehen von der molligen, brünetten Piper. Sie kam frisch aus dem Mutterschutz und speckte gerade erst wieder ab – außerdem war sie meine erklärte Lieblings-Technikerin und meine spezielle Verbindung zu ihrer Abteilung. Sie war nicht so leicht aus der Fassung zu bringen.
    Mit der Zeit stumpft man ab.
    „Mir gefällt sie auch nicht“, meinte Monty und sah recht mitgenommen aus, was ich ihm nachfühlen konnte. Ein Selbstmord ist Zufall, zwei sind ein unglückliches Zusammentreffen der Umstände.
    Auf einen dritten konnte ich verzichten.
    „Dieser Fall fällt nicht in meine Zuständigkeit“, sagte ich noch einmal. „Nichts daran wirkt verdächtig. Zumindest nicht in übernatürlicher Hinsicht.“
    „Und wie steht’s mit der natürlichen?“
    Soll ich dir ernsthaft: erzählen, was du eh schon weißt, Montaigne? Nein, du brauchst nur jemanden, der es für dich laut ausspricht, damit du’s nicht selbst machen musst. Ich sah mich im Wohnzimmer um. „Wie zum Teufel ist sie da hochgekommen? Sie ist nur eins sechzig, jüngste Streckübungen nicht mitgerechnet.“ Es war grauenhaft, aber man hält es nicht lange in der Nähe der Opfer von Gewaltverbrechen aus, ohne sich den nötigen Galgenhumor anzueignen. Ich ging alles der Reihe nach durch. „Wo ist der zweite Pantoffel? Abgesehen davon, dass sich die meisten Frauen noch hübsch zurechtmachen, bevor sie den Abgang machen. Außerdem hängen sie sich normalerweise an Orten auf, die für sie eine besondere Bedeutung haben.“
    Abermals rollte eine Welle des Gestanks in meine Richtung. Unter der Leiche prangte ein großer Fleck auf dem Teppich, und die Insekten feierten gerade eine Party. Es gab bei Weitem nicht so viele wie im Freien, aber ihr wärt überrascht, wie schnell sechsbeinige Aasfresser auch drinnen frisch verstorbenes Fleisch aufstöbern.
    „Das ist mir auch schon durch den Kopf gegangen.“ Monty hob den Blick, sah mir flüchtig ins Gesicht und wandte sich wieder ab. Dann schmiss er sich eine Handvoll Tabletten gegen Sodbrennen in den Mund und fing an zu kauen. „Gottverflucht!“
    Mittlerweile hatte sich die Nacht über das Haus gelegt, und wo sie nicht vom Licht eingebauter Lampen oder den tragbaren Scheinwerfern der Spurensicherung vertrieben wurde, lungerte in den Ecken die Dunkelheit. Die Schatten schienen Substanz zu haben, zumindest, wenn ich sie mit dem blauen Auge betrachtete.
    Blickte man ins Dazwischen, erkannte man die Wirbel und Strudel eines gewaltsamen Todes. Die Witwe hatte gelitten, bevor sie diese Welt verlassen und den Weg ins Unbekannte angetreten hatte.
    Das hier ist keiner von deinen Fällen, Jill. Scher dich hier weg, da draußen gibt es genug andere, um die du dich heute Nacht kümmern solltest.
    Aber ich rührte mich nicht vom Fleck, verlagerte nur immer wieder das Gewicht von einem Bein aufs andere.
    „Was zum Teufel hast du hier zu suchen?“, schnauzte Carper, der gerade im Eingang auftauchte, und zog die Schultern hoch. Der scharfe Blick seiner blauen Augen wanderte einmal über den Tatort und registrierte jedes Detail.
    Mit seinen Turnschuhen und der Tweedjacke sah Carp mehr wie ein Uniprof aus als ein Beamter des Morddezernats. Hinter ihm unterhielt seine Partnerin Rosenfeld sich gerade mit dem Beamten, der Protokoll führte. Ihr strubbeliger rotbrauner Haarschopf reflektierte das bisschen Licht, das von dem langen Spiegel an der Wand abprallte.
    „Nur die Ruhe, Carp.“ Ich ließ die Schultern hängen. „Das hier fällt nicht in meinen

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