Blutiger Halloween
Blake starrte auf die Tür. Sie hatte die Beine übereinandergeschlagen. Der Rock fiel bis an die Waden. Unter dem Pullover zeichneten sich ihre jugendlichen Formen ab. In der Tat gehörte Carrie zu den hübschesten Mädchen der Schule. Sie hatte sich prächtig entwickelt. Das lange schwarze Haar trug sie an den Seiten hochgesteckt. Vom Teint her neigte sie immer zur Sonnenbräune, aber auch die war verschwunden. Carries Gesicht zeigte sich ebenso blaß wie das der anderen.
Ronny Wilder unterbrach das Schweigen schließlich, indem er mit der Fußspitze aufkickte. Das Geräusch wiederholte er mehrmals, und Rusty Keene fuhr ärgerlich herum.
»Hör doch damit auf, verdammt!«
Billy grinste. Er gehörte zu den absoluten Assen in der Schule. Doch nur im Sport. Er spielte Fußball, Tennis, schwamm gut und bezeichnete sich selbst als den großen Aufreißen Billy hatte einen kräftigen Körper, und das fast hellblonde Haar trug er sehr kurz. Sein Gesicht wirkte hager. Der Leistungssport hatte seine Spuren hinterlassen.
»Nervös?« fragte er.
»Ja, verdammt.«
»Braucht ihr doch nicht zu sein.« Demonstrativ knüllte Ronny seinen Brief zusammen und steckte ihn in die Tasche seiner Jeans. »Das macht man damit, Freunde.«
»Ist doch nur Angabe«, sagte Paul Frye. Er galt als der Stille. Von sportlicher Leistung hielt er im Gegensatz zu Ronny nicht viel. Dafür zählte er zu den intelligentesten Schülern. Ein Studienplatz in Cambridge war ihm jetzt schon sicher. Paul machte immer einen etwas abwesenden Eindruck. Sein braunes Haar fiel ihm stets in die Stirn, und er hatte immer damit zu kämpfen, es wieder zurückzukämmen.
»Das mußt du gerade sagen, du Hänfling«, regte sich Ronny auf und spannte seinen Brustkasten an, auf den er immer so stolz war.
»Streitet euch nicht«, mischte sich die blonde Julie Jackson ein. »Wir haben genug Probleme.«
»Ich nicht«, erklärte Ronny.
Jack Mitchum rutschte vom Tisch. »Also, Freunde, was machen wir jetzt? Wir waren immer eine Clique, haben unser Geheimnis bewahrt. Man nennt uns nicht umsonst die sechs Verschworenen, und wir müssen diesmal beweisen, daß wir auch zusammenhalten können. Bisher ist es uns einfach zu gut gegangen, es gab keine Probleme, nun tauchen zu erstenmal welche auf, wir müssen uns ihnen stellen und reagieren.«
»Das meine ich auch«, sagt Rusty Keene. Er war der Kleinste unter ihnen und trug eine Brille.
»Hast du einen Vorschlag?« fragte Julie.
»Wir feiern einfach so wie in den Jahren zuvor und tun so, als wäre nichts passiert.«
»Du hast Nerven«, sagt Carrie Blake.
»Was bleibt uns übrig? Sollen wir jetzt vor Angst zittern, wenn der Killer kommt?«
»Das hast du gesagt«, mischte sich Paul Frye ein.
Julie Jackson schüttelte den Kopf. »Wer redet denn hier überhaupt von einem Killer?«
Rusty zog ein erstauntes Gesicht. »Das nehme ich an.«
»Und wie kommst du darauf?«
»Ich habe mal einen Film gesehen.«
Ronny Wilder begann zu lachen. »Du hast doch einen Riß im Hirn. Mensch, das war ein Film und keine Wirklichkeit.«
»Aber verdammt gut gemacht«, verteidigte sich Rusty. »Ich erinnere mich noch an den Titel: ›Prom Night‹. Ein Hammer, sage ich euch.«
»Der hatte nichts mit Halloween zu tun«, mischte sich Carrie Blake ein.
»Ich habe den Streifen nämlich auch gesehen.«
»Ist doch alles Unsinn, was wir hier machen«, sagte Paul Frye. »Wir sind hier nicht im Kino, sondern auf einem Halloween-Fest, und der Briefschreiber kann auch ein Spinner sein.«
»Und wer sollte den Brief geschrieben haben?« fragte Jack Mitchum. Eine wirklich entscheidende Frage, auf die niemand eine Antwort wußte. Die sechs schwiegen sich aus. Selbst Ronny Wilder hielt seinen vorlauten Mund, obwohl er sonst um eine Antwort nie verlegen war.
»Es gab doch einen Zeugen«, murmelte Julie nach einer Weile.
»Erinnern wir uns. Als wir bei der Leiche standen, hörten wir, daß jemand das Wort Halloween rief und auch die Maske plötzlich am Fenster schwebte. Der hat den Brief geschrieben.«
»Ein Geist?« fragte Ronny.
»Wieso Geist?«
»Weil ich keinen anderen in der Schule gesehen habe. Die war leer, verlassen. Wir hatten Ferien, und nur wir sieben waren dageblieben. Dabei habe ich Angela mitgezählt.«
Rusty tippte auf den Hausmeister, doch davon wollten die anderen nichts wissen.
»Der lag in den Ferien immer besoffen in der Ecke. Außerdem ist er vor zwei Jahren gestorben,« erklärte Julie.
»Dann ist guter Rat teuer«, sagte
Weitere Kostenlose Bücher