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Blutiger Klee: Roman (German Edition)

Blutiger Klee: Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Klee: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Faro
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immer ärgerlich, er konnte es ihr nachfühlen. »Haben Sie gleich erkannt, wer
darauf gesessen ist?«
    »Es war
der Herr Baron.«
    Pestallozzi
ließ es ihr durchgehen. »Sind Sie zu ihm hingegangen?«
    »Irgendetwas
war anders. Ich habe es gleich gespürt. Aber ich kann nicht sagen, was es war.«
    Sie schwieg,
und er hatte zum ersten Mal den Eindruck, dass sie gegen ein Gefühl wie Panik ankämpfte.
    »Wollen
Sie etwas trinken? Sollen wir eine Pause machen?«
    Sie schüttelte
den Kopf.
    »Danke,
es geht schon wieder. Ich bin dann näher zu ihm hingegangen. Es hat gerochen. Zuerst
hab ich es gar nicht glauben können, aber es hat nach Blut gerochen. Dann habe ich
ihn angesprochen. Herr Baron, habe ich gesagt. Aber er hat sich nicht gerührt. Dann
habe ich noch einen Schritt gemacht. Dann habe ich es gesehen.«
    Pestallozzi
stand auf, ging zu der Spüle und füllte ein Glas mit kaltem Wasser. Er ging damit
zum Tisch zurück und reichte es der alten Kathi.
    »Danke,
Herr Chefinspektor.«
    Sie trank
mit geschlossenen Augen, die kleine Pause tat ihr gut, er konnte es sehen. Er setzte
sich wieder an den Tisch.
    »Haben Sie
ihn berührt?«
    »Nein. Ich
bin nur dagestanden. Er war tot, ich konnte ihm nicht mehr helfen.« Sie hielt das
Glas mit beiden Händen. »Mein Herz hat so geklopft, ich hätte mich so gern niedergesetzt,
aber neben ihn, das war … und ins Gras wollte ich mich auch nicht setzen, ich hab
Angst gehabt, dass ich dann nicht mehr hochkomme. Ich weiß nicht, wie lange ich
so gestanden bin. Ein paar Minuten vielleicht. Nein, nur eine Minute, glaub ich.
Dann hab ich mich umgedreht und bin zurückgegangen. Aber ganz langsam, mir war so
kalt und heiß zugleich. Nur weitergehen, habe ich mir gedacht, damit der Kreislauf
nicht kippt. Das hat mir unser Doktor schon ein paarmal geraten, ich hab so einen
niedrigen Blutdruck. Ich bin dann den Weg zurückgegangen.«
    »Haben Sie
jemanden gesehen? Ist Ihnen jemand begegnet?«
    Sie schüttelte
den Kopf.
    »Niemand.
Beim Rauf- und beim Runtergehen nicht. Ich hab auch kein Auto gehört oder Stimmen
im Wald. Es war ganz still, nicht einmal die Vögel haben gezwitschert. Aber vielleicht
ist mir das auch nur so vorgekommen, weil es in meinen Ohren so gerauscht hat.«
    »Sie sind
sehr tapfer«, sagte er und er meinte es ehrlich.
    Sie lächelte.
    »Ich hab
schon so viel gesehen«, sagte sie. Er glaubte ihr.
    »Und dann?«
    »Dann bin
ich endlich beim Loibner gewesen. Über den langen Weg bis fast ganz runter, den
steilen Steig kann ich ja nicht mehr gehen. Ich hab ihn draußen auf dem Feld auf
seinem Traktor gesehen und hab versucht, ihn zu rufen, aber er hat mich nicht gehört.
Dann bin ich zum Haus, und zum Glück war die Hanni da. Sie hat gerade Wäsche aufgehängt.
Ich hab ihr alles erzählt, die Hanni hat es zuerst gar nicht glauben wollen, aber
dann hat sie die Polizei angerufen.«
    »Und der
Loibner?«
    »Der war
auch kurz da, die Hanni hat ihn auf dem Handy angerufen. Aber er ist dann wieder
zurück aufs Feld.«
    Pestallozzi
kritzelte bereits die zweite Seite voll. »Wir sind gleich fertig. Haben Sie jemanden,
der sich um Sie kümmern kann?«
    Die alte
Frau sah ihn verblüfft an. »Aber ich bin doch nicht krank!«
    »Natürlich
nicht, so habe ich das nicht gemeint. Aber der Schock, ich meine, so etwas macht
jedem zu schaffen.«
    »Die Hanni
wird mich mit dem Auto nach Hause bringen. Und dann habe ich ja meine Nachbarn,
das sind nette Leute und so hilfsbereit. Und die Anna kommt bestimmt morgen, meine
Nichte aus der Stadt.«
    Er nickte.
»Wir werden eine Unterschrift unter Ihre Aussage brauchen. Und ganz bestimmt werden
noch Fragen auftauchen, ich werde also sicher wieder bei Ihnen vorbeischauen.«
    »Das passt
schon, Herr Chefinspektor.«
    »Haben Sie
den Toten gekannt?«
    Die alte
Frau blickte ihm gerade ins Gesicht. »Jeder hat ihn hier gekannt.«
    »Und, was
für ein Mensch war er?«
    Sie blickte
an ihm vorbei, zum offenen Fenster hin. Er wartete, draußen hörte man ein Auto näherkommen.
Dann sah sie ihn wieder an. »Er war ein reicher Mann. Fast der ganze Wald von hier
bis weit hinter Ischl hat ihm gehört. Und er war ein Jäger wie sein Vater und sein
Großvater. Die ganzen Wände im Schloss hängen voll mit ausgestopften Tierköpfen.«
Sie konnte einen Anflug von Abscheu in ihrem Gesicht nicht ganz unterdrücken.
    »Sie kennen
das Schloss?«
    »Er hat
früher immer Jagdgesellschaften zu Gast gehabt, und am Abend hat es dann große Essen
gegeben. Ich hab dann mit

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