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Blutiger Klee: Roman (German Edition)

Blutiger Klee: Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Klee: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Faro
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Bäuerin
ging zu dem mannshohen Kühlschrank und holte eine Mineralwasserflasche heraus, füllte
ein Glas und stellte es vor ihn auf den Tisch. Pestallozzi wäre ein Glas kaltes
Leitungswasser lieber gewesen, die prickelnden Perlen verursachten ihm immer Sodbrennen,
aber er würde sich hüten, die Freundlichkeit seiner Gastgeberin zurückzuweisen.
    »Vielen
Dank! Eine Bitte hätte ich allerdings noch, ich würde gerne mit Frau Luggauer alleine
…«
    »Kein Problem!«
    Die Loibnerin
wirkte zum Glück nicht beleidigt, wie es in solchen Situationen so oft der Fall
war. »Ich hab draußen genug zu tun! Brauchst du noch was, Kathi?«
    Die alte
Frau lächelte die jüngere an. »Danke! Alles passt!«
    Dann ging
die Loibnerin hinaus und schloss die Tür hinter sich, der Vorhang am offenen Fenster
wurde von dem plötzlichen Windstoß für einen Moment ins Freie gezogen. Pestallozzi
trank mit tiefen Zügen das kalte Wasser. Er hatte ganz plötzlich das Gefühl, dass
sich die Ermittlungen in den kommenden Minuten entscheidend entwickeln würden. Er
erhoffte nicht die Lösung des Falles, keineswegs, aber es würde sich ein Pfad auftun,
diese alte Frau hatte es in der Hand. Oder sie wollte nicht, und er würde im Labyrinth
von frustrierend unergiebigen Befragungen herumirren. Er sah sie voller Inter-esse
an.
    »Wie geht
es Ihnen jetzt? Kann ich Ihnen ein paar Fragen stellen?«
    »Mir geht
es gut. Fragen Sie ruhig.«
    Die alte
Frau wirkte so gelassen, als ob er sie bloß beim Sockenstricken gestört hätte. Dabei
hatte sie doch diese Scheußlichkeit auf der Bank entdeckt, die sogar ihn verstört
hatte, auch wenn er sich nichts anmerken ließ. Er holte einen zerknitterten Spiralblock
aus seiner Jackentasche und einen Kugelschreiber. Von Aufnahmegeräten hielt Pestallozzi
nichts, seitdem er vor Jahren nach einer stundenlangen Befragung mit kaltem Schweiß
auf der Stirn festgestellt hatte, dass er wieder einmal auf einen falschen Knopf
gedrückt hatte. Seitdem hielt er stur an seinen Spiralblöcken fest, zum verstohlenen
Gespött der jüngeren Kollegen. Aber er wusste, selbst wenn ihm die Aufzeichnungen
abhanden kommen würden, so waren sie durch das Mitkritzeln doch in sein Gedächtnis
eingebrannt. Wie eine Grabinschrift auf einem bemoosten Stein. Pestallozzi vergaß
nichts, was er einmal in seiner krakeligen Klaue notiert hatte.
    »Sie sind
…«
    »Katharina
Luggauer. Ich wohne unten in Aich 23.«
    »Sie sind
…«
    »Ich bin
84 Jahre alt. Ich habe meinem Bruder den Hof geführt. Jetzt helfe ich manchmal noch
in der Küche vom ›Kaiserpark‹ aus. »
    Die alte
Frau gestattete sich den winzigen Anflug eines Lächelns. Knapp und effizient, dachte
Pestallozzi. Er war schon Politikern und Topmanagern gegenübergesessen, die voller
Arroganz und Leutseligkeit waren, und die dennoch die Panik nicht aus ihrem Gesicht
weggrinsen konnten. Die Frau vor ihm war aus einem anderen Holz geschnitzt.
    »Könnten
Sie mir von dem heutigen Vormittag erzählen?«
    »Eigentlich
hätt’ ich schon im ›Kaiserpark‹ sein sollen und die Forellen ausnehmen. Für das
große Essen heute Abend. Aber ich wollte noch raufschauen zur Kapelle und mich ein
bisschen ausruhen. Die letzten Wochen waren halt doch sehr …«
    Die alte
Frau zögerte, und Pestallozzi erkannte, wie unangenehm es ihr war, auch nur ein
Wort des Klagens zu verlieren. Es musste höllisch anstrengend gewesen sein, im Trubel
der Hochsaison in der Küche zu stehen und aufwendige Spezialitäten zu kochen. In
ihrem Alter bekamen die meisten Menschen in der Stadt das Essen von Samariterdiensten
geliefert und hatten eine Pflegerin, die täglich vorbeikam und putzte und wusch.
    Er half
ihr weiter. »Und da sind Sie also …«
    »Da bin
ich dann hinaufgegangen. Ich wollte ja schon früher los, bevor die Hitze zu arg
wird, aber ich musste die Blumen gießen, und dann hat noch meine Nichte angerufen.
Aber dann hab ich abgeschlossen und bin …«
    »Wann war
das? Können Sie sich noch erinnern? Ungefähr?«
    »Es hat
gerade elf Uhr geläutet.«
    »Sehr schön.
Sie sind eine ausgezeichnete Zeugin.« Er machte sich Notizen. »Und dann?«
    »Der Weg
ist mir diesmal so weit vorgekommen. Es war heiß, und ich habe viel länger gebraucht
als sonst. Fast eine Stunde.«
    Sie schwieg,
und er ließ ihr die Zeit. Andere wären nach dem, was sie gesehen hatte, mit einem
Nervenzusammenbruch in der Klinik gelegen.
    »Dann bin
ich endlich oben gewesen. Aber die Bank vor der Kapelle war besetzt.«
    Sie klang
noch

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