Blutiger Segen: Der 1. SEAN DOYLE Thriller (German Edition)
Risse bekommen wie das Mauerwerk in der Kirche.
Er lenkte den Wagen rasch die gewundene Straße entlang, beeilte sich, das Dorf und den kleinen Gasthof zu erreichen, in dem er sich einquartiert hatte. Beeilte sich, zu einem Telefon zu gelangen.
Es gab da jemanden, den er anrufen musste.
Er verringerte seine Geschwindigkeit ein wenig, als er die Ausläufer von Machecoul erreichte und die auf dem Marktplatz aufgebauten Stände umkurvte. Die Dorfbewohner gingen emsig ihren Geschäften nach. Bauern hatten ihre Produkte von den Höfen der Umgebung zum Verkauf hergebracht, und als Channing den Wagen vor dem Gasthof abstellte, konnte er das leise Gemurmel der Stimmen vom Markt hören, die gutmütig miteinander stritten, feilschten und lachten.
Doch er ließ diese ländliche Idylle nicht an sich heran. Er hatte Wichtigeres im Kopf.
Er eilte in den kleinen, weiß gestrichenen Gasthof, nahm erfreut die im Vergleich zu draußen deutlich kühlere Temperatur zur Kenntnis. Die füllige Chefin gab ihm den Schlüssel für sein Zimmer und wollte ihn gerade fragen, ob mit ihm alles in Ordnung sei, als er auch schon in Richtung der Treppe verschwand, die zu seinem Zimmer führte.
Es gab nur etwa zehn Räume, die an Gäste vermietet wurden, und im Moment standen die meisten davon leer.
Channing schloss auf, ging sofort zum Telefon neben dem Bett und nahm den Hörer ab.
Er wählte und fluchte leise, als ihm aufging, dass er die internationale Vorwahl von England vergessen hatte. Er wählte noch einmal. Zuerst die Länderkennung, dann die gewünschte Rufnummer in London.
Seine Hand zitterte ein wenig.
Er hielt den Hörer ans Ohr und lauschte dem Rattern, Knacken und Zischen in der Leitung, als er verbunden wurde. Am anderen Ende klingelte es.
Und klingelte.
»Geh schon ran«, murmelte er ungeduldig.
Und klingelte.
»Hallo«, meldete sich eine Frauenstimme.
»Hallo, Cath«, sagte er atemlos.
Die andere Stimme fuhr fort.
»Hier spricht Catherine Roberts. Leider ist im Moment niemand zu Hause ...«
»Shit«, krächzte Channing und knallte den Hörer auf die Gabel. Verdammter Anrufbeantworter. Er wartete einen Moment, dann wählte er noch einmal.
Dieselbe metallische Stimme begrüßte ihn, und er wollte den Hörer gerade ein zweites Mal auflegen, als er ein Summen hörte, da das Gerät abgeschaltet wurde. »Hallo«, wiederholte die Stimme.
»Cath, bist du das?«
»Ja, wer ist da?«
»Hier ist Mark Channing. Ich wollte nicht auf das blöde Ding sprechen.«
»Ich bin gerade zur Tür hereingekommen«, erklärte sie. »Ich dachte, du wärst in der Bretagne.«
»Bin ich auch. Hör zu, Cath. Ich bin in dieser Kirche bei Machecoul gewesen«, sagte er leise, beinahe außer Atem. »Da ist etwas. Du musst dir das ansehen.«
»Was ist es denn?«, wollte sie wissen.
»Wann kannst du hier sein?«
»Mark, um Himmels willen«, versetzte sie beinahe lachend. »Ich kann hier nicht alles stehen und liegen lassen.«
»Du musst«, beharrte er, und sie war sich der Dringlichkeit in seinem Tonfall bewusst. »Es ist wichtig. Es fällt in dein Ressort.«
»In mein Ressort?«, hakte sie unbestimmt und ein wenig verwirrt nach.
»Du bist Kunsthistorikerin, Herrgott«, fauchte er, als müsste er sie an ihren Beruf erinnern. »Auf das Mittelalter spezialisiert. Du musst dir ansehen, was ich gefunden habe. Ich brauche deine Hilfe.«
6
GRAFSCHAFT CORK, REPUBLIK IRLAND
Die Line aus Kokain schien in dem matt erleuchteten Schlafzimmer beinahe zu leuchten.
Laura Callahan, deren nackter Leib von einer dünnen Schweißschicht bedeckt wurde, schob sich die langen braunen Haare aus dem Gesicht und kniete sich neben den Tisch, auf dem das Koks wartete. Zwei Rasierklingen lagen nicht weit entfernt.
Sie drückte sich mit Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand das rechte Nasenloch zu, schob vorsichtig, beinahe liebevoll die Nasenspitze in die Line und lächelte breit, als die ersten Kristalle des Pulvers sie kitzelten. Laura inhalierte und rutschte dabei über den Tisch, zog das feine, weiße Pulver ins Nasenloch. Sie wand sich, hielt die Augen vor Ekstase geschlossen. Die Kälte in ihrem Nasenloch nahm zu, da sie sich immer mehr von dem Rauschgift reinzog. Während ihr Körper über das polierte Holz glitt, schaute sie nach unten und erblickte ihr Spiegelbild. Der Anblick erfreute sie.
Sie hatte einen straffen Körper mit kleinen Brüsten, aber harten Nippeln. Sie hielt einen Moment inne, um ihre Reflexion zu bewundern. Den flachen Bauch, die
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