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Blutinsel

Blutinsel

Titel: Blutinsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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diesen Untiefen erhalten hat, denn selbst an einem schönen, windstillen und sonnigen Tag treiben die Felsen und Riffe ihr Spiel mit der Strömung, und es sieht aus, als würde das Wasser kochen. Eben wie in der Küche des Teufels, denn der Teufel selbst hat sich dort schon hunderte Seelen braver und sittsamer Menschen geholt. «
    » Es ist eine Jahreszahl in das Kreuz geschlagen, aber die Gravur ist schon stark verwittert, es könnte 1911 oder 1971 heißen. Mehr steht dort nicht. «
    » Ich kenne das Kreuz, es muss 1971 heißen, ich war viel mit meinen Schafen dort, als diese Rattenbrut der Bratts sich noch nicht überall breit gemacht hatte. Das Gras bei den Pallans Seashores ist saftig und von guter Qualität. Aber ich weiß nicht, wer es dort errichtet hat. «
    » Ich habe in der Inselchronik von drei dokumentierten Unfällen im Jahr 1971 gelesen. Bei einem gerieten zwei Fischer einer Nachbarinsel in Seenot und kenterten. Es heißt, sie wurden von hiesigen Fischern in die Shoals getrieben, können Sie sich noch daran erinnern? «
    Über Breeds Gesicht huschte der Anflug eines Lächelns. » Ich kann mich gut an diese Geschichte erinnern, aber in Wahrheit waren diese beiden Fischer dem Fluch des Alkohols erlegen. Sie waren schon sturzbetrunken, als sie damals von Bailey Island aufgebrochen sind. Sie fischten illegal vor Hell’s Kitchen und gerieten in die Shoals. Irgendein Reporter vom Festland plusterte die Geschichte auf. Wahrscheinlich wollte er den Pulitzer-Preis gewinnen. Die Wahrheit kam schnell ans Licht, als man die Namen der beiden Männer erfuhr. Glauben Sie mir, sogar auf Bailey Island hielt sich die Trauer in Grenzen. Man soll nicht schlecht über die Toten reden, aber wenn das Kreuz den beiden nichtsnutzigen Säufern gewidmet sein sollte, dann hätte man eher eine Schnapsflasche darauf eingravieren sollen als eine Jahreszahl. «
    » Im April sank ein Küstenschiff vor Hell’s Kitchen « , fuhr Brian fort. » Können Sie mir darüber etwas erzählen? «
    » Es scheint mir, dass Sie zu mir gekommen sind, um eine Geschichtsstunde abzuhalten « , unkte der alte Schäfer und lehnte sich zurück, während er sich eine Pfeife stopfte. » Das war eine tragische Sache, damals, als der Frachter sank. Mit Mann und Maus ist er von den Shoals verschlungen worden. Es geschah in den frühen Morgenstunden bei Dunkelheit, als der Frachter vom Kurs abkam und in den Shoals endete. Sechsundvierzig Menschen kamen ums Leben. Männer, Frauen und Kinder. Keiner konnte ihnen helfen, das Unglück wurde erst bemerkt, als der Frachter überfällig war und man nach ihm suchte. Das Suchkommando fand einige Wrackteile, Koffer, Kleidung, eben das, was an der Oberfläche übrig bleibt, wenn ein Schiff sinkt. Es geschah bei Feargalls End, einem großen Felsen in den Shoals. «
    » Sechsundvierzig Tote auf einem Frachter, diese Zahl erscheint mir sehr hoch für ein Küstenschiff. Normalerweise besteht eine Besatzung aus fünf oder sechs Männern. «
    Breed zündete sich seine Pfeife an und grinste. » Gut kombiniert, Herr Polizist. Es waren Passagiere an Bord, das ist richtig. Menschliche Fracht, bestimmt für Hell’s Kitchen Island. Billige Arbeitskräfte für Hendersons Firma, der Seafood. Kam nie an, die Bestellung vom Festland. «
    Brian runzelte die Stirn. » Das verstehe ich nicht, was meinen Sie damit? «
    » Sehen Sie, wir liegen weit vom Festland entfernt. Schafe oder Fische, um nichts anderes dreht es sich hier auf der Insel. Auch heute noch. Im Dorf lebt man ebenfalls davon. Glauben Sie, eine Pension würde sich hier rentieren, wenn nicht im Sommer und im Herbst die Händler vom Festland kämen, um Wolle zu ersteigern oder das Fleisch unserer Schlachttiere und Lämmer? Mit dem Fischfang ging es bergab. Schon damals, 1971, stand Hendersons Firma kurz vor dem Ruin. Egon Henderson war kein feiner Mensch. Alle Bewohner des Village arbeiteten bei ihm, und er beutete sie aus. Die großen Kutter fuhren hinaus und kamen mit prall gefüllten Netzen wieder in den Hafen zurück. Es war eine gute Zeit für Henderson, der mich oft belächelt und als stinkenden Schafhirten bezeichnet hat. Er machte einen guten Schnitt, während seine Arbeiter einen Vierzehn-Stunden-Tag hatten und mit Almosen abgespeist wurden. Es war Chester Glandale, ein Vorarbeiter, der sich zur Wehr setzte, und die anderen folgten ihm. Beinahe drei Wochen blieben die Leute zu Hause und die Boote im Hafen. Ein herber Verlust für Henderson. Doch der hatte schon

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