0568 - Drachen-Rache
»Mr. MacFool!« stieß Butler William hervor. »Was, zum Teufel, geht hier eigentlich vor?«
Den Feuerlöscher in den Händen, stand der schottische Diener in der Küchentür und starrte halbwegs fassungslos auf das Bild der Verwüstung, das sich ihm bot. Schwarze Qualmwolken von erstickender Konsistenz wogten und wallten im Raum, und es stank penetrant nach Verbranntem.
Jemand schaufelte den Qualm flügelschlagend beiseite und erschien in Williams Blickfeld. Er war etwa 1,20 m groß und sehr massig, um nicht zu sagen fett. Seine Haut war grünlich mit braunem Hauch und wies zahlreiche Flecken mit grünem Hauch auf. Vom Kopf, der ein langgezogenes Krokodilmaul besaß, zog sich ein Rückenkamm aus dreieckigen Hornplatten bis hin zur Schwanzspitze. An vierfingrigen Händen gab es ausfahrbare Krallen, und große Telleraugen sahen staunend in die Welt.
Dem Rücken entwuchsen zwei Flügel, die eigentlich viel zu klein waren, um das erhebliche Gewicht des gerade erst rund hundert Jahre alten Jungdrachens tragen zu können. Das hinderte ihn nicht daran, trotzdem zu fliegen -auch wenn seine Flugkünste bisweilen denen eines gichtgeplagten Huhnes ähnelten.
Feuer speien konnte er auch.
Und das mußte er eben wieder unter Beweis gestellt haben. Woher sonst sollte der schwarze Qualm kommen, der alles durchdrang und einräucherte?
William seufzte. Nicht nur der alte Raffael Bois würde zürnen - auch die Köchin, die täglich aus dem Dorf zum Château Montagne heraufkam, würde die Hände über dem Kopf zusammenschlagen.
William hoffte, daß es reichte, die Küche einen halben Tag lang ausgiebig zu lüften - möglichst mit jeder Menge Zugwind. Dummerweise war es momentan windstill, dafür aber erschreckend kalt. Der Winter war noch einmal schwungvoll zurückgekehrt. Schnee war zwar nicht mehr gefallen, aber die Luft klirrte vor Kälte.
In der Küche war’s jetzt natürlich ziemlich heiß.
Der Drache schüttelte sich. »Puh, ist das ’ne dicke Luft hier«, trompetete er und blies Rauchwölkchen aus seinen Nüstern. »Man kann kaum noch atmen. Hat eigentlich nie einer daran gedacht, hier ’nen Rauchabzug über dem Herd einzubauen?«
William verdrehte die Augen.
»Ich frage dich noch einmal, MacFool. Was soll daà hier bedeuten?«
»Sieht man das nicht?« zeterte Fooly, und mit ausgestrecktem Ärmchen wies er in die wogende Schwärze. »Bist du mit Blindheit geschlagen, Butler William? Wenn du deine Augen aufsperrst, wirst du sehr deutlich erkennen, daß ich einen Geburtstagskuchen gebacken habe!«
William sperrte seine Augen auf, allerdings weniger, um irgend etwas deutlich zu erkennen, sondern vor Staunen. »Du hast - was? «
»Einen Geburtstagskuchen!« fauchte Fooly. »Hörst du jetzt auch noch schlecht? Du solltest mal zu einem Medizinmann gehen. Nein, besser: Ich werde dir einen Sud brauen. Ich brauche nur ein Faß mit heißem Wasser sowie Wendelkraut, Flüstergras, getrocknete Japsbaumrinde, Zeitwurz und schwarze Kirschen. - Na schön, die Kirschen sind um diese Jahreszeit wohl schwer zu kriegen, aber sie dienen auch nur dem besseren Geschmack. Der Sud hilft dir, wieder richtig zu hören und zu sehen.«
Indessen fürchtete William, daß ihm davon eher Hören und Sehen endgültig vergehen würde…
»Einen Geburtstagskuchen?« wiederholte er erschüttert. »Und dafür setzt du die halbe Küche in Brand?«
»Ich habe gar nichts in Brand gesetzt!« protestierte Fooly. »Ich bin doch kein Brandstifter!«
»Und weshalb ist dann hier alles dermaßen verqualmt, daß man auf zehn Zentimeter Distanz schon die Hand nicht mehr vor Augen sieht? Was, beim Schwert des Highlanders, hast du angestellt?«
Der Drache wand sich. »Äh, je nun, hm, das… ich… und so…«
»Raus mit der Sprache!«
»Nun ja, ich fürchte, der Kuchen ist ein wenig zu heiß geworden«, brachte Fooly hervor.
William seufzte. Er stellte den Feuerlöscher ab, wedelte sich mit den Händen den Weg frei und drang in Richtung Herd vor. Dort fand er auf der Herdplatte eine schwärzlich verkohlte Masse. Der Kuchen war mehr als nur ein wenig zu heiß geworden…
Und er stank bestialisch!
Als William nach einem Rührlöffel griff, um mit dem Stiel in der schwarzen Masse zu rühren, blieb eine recht befremdlich wirkende Substanz daran kleben und zog lange Fäden, als der Butler den Löffelstiel zu befreien versuchte.
Vorsichtshalber verzichtete er darauf, die stinkende, klebrige Masse mit den Händen zu berühren.
»Was hast du da
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