Blutinsel
antwortete Cathy.
» Ich wüsste nicht, was Sie das angeht! «
Das Alter des Mannes war wirklich nicht leicht zu schätzen, und Cathy war sich ziemlich sicher, dass sie Elijah Travis vor sich hatte, doch er wirkte eher wie ein Mittfünfziger. Kaum zu glauben, dass er bereits siebzig Jahre alt sein sollte.
Inzwischen war auch Brian aus dem Wagen gestiegen und an Cathys Seite getreten.
» Hören Sie, Mister Travis, ich bin von der Polizei und muss mit Ihnen reden « , ließ sich Cathy von dem unfreundlichen Empfang des Einsiedlers nicht abschrecken. » Oder soll ich Sie in die Stadt vorladen? «
Travis zündete sich seine Pfeife an. Seine Miene blieb ernst und abweisend. Er überlegte kurz, schließlich nickte er. » Schon gut, kommen Sie « , lenkte er ein.
Er winkte die beiden Polizisten zu sich heran und führte sie zu einer Bank hinter dem Haus, die unweit der Klippen stand. Der schwarze Labrador legte sich zu seinen Füßen. Die Anwesenheit der Besucher schien dem Tier gleichgültig geworden zu sein. Der Hund gähnte kurz und legte den Kopf auf die Erde.
» Sie kommen wegen der Morde « , stellte der Einsiedler trocken fest und blies den Rauch in den Wind.
» Was wissen Sie darüber? « , fragte Cathy.
» Ich weiß sehr viel « , erwiderte Travis. » Aber wer hier auf dieser Insel die Menschen umbringt, das weiß ich nicht. Ich denke, er wird schon einen Grund dafür haben. « In seiner Stimme lag ein abfälliger Ton, der Cathy nicht verborgen blieb.
» Sie leben hier draußen allein und scheinen nicht viel von den Menschen auf dieser Insel zu halten. «
» Wie kommen Sie darauf? «
» Ich hörte, dass Sie das Dorf und den Kontakt zu den Menschen meiden. Wann waren Sie zuletzt im Village? «
Travis lächelte und ließ seine Hand im hohen Bogen durch die Luft segeln. » Sehen Sie, ich habe hier alles, was ich brauche, und ich bin dort, wo ich sein will. Im Dorf gibt es nur Neid, Missgunst und Hass. Ich will meinen Frieden haben und dieses Land ernährt mich. Außerdem habe ich noch meinen Charly. Er ist treu, und er enttäuscht einen nie. «
Travis beugte sich herab und kraulte seinen Hund liebevoll am Hals.
» Wurden Sie schon einmal enttäuscht? « , mischte sich Brian ein.
» Mein ganzes Leben ist eine Enttäuschung « , antwortete Travis und starrte in das nahe Wasser, das sich im Wind kräuselte. » Gott hat mich enttäuscht. Erst hat er mir das Glück gebracht, und kaum einen Augenblick später hat er es mir wieder entrissen. «
» Sie meinen das Bootsunglück, es war ein Unfall. «
» Es war Schicksal, es war meine Bestimmung. Die Wege des Herrn sind unergründlich, doch mein Schicksal in seinem großen Plan ist es zu leiden. Und deswegen bin ich hier. Eines Tages wird er kommen und mich holen, und dann wird sich mein Schicksal erfüllen, und ich werde sie endlich wiedersehen. Fern vom Schmerz, fern vom Leid und fern von aller Pein, die uns Menschen jeden Tag begleitet. «
» Was haben Sie über die Morde gehört? « , fragte Brian.
» Ich hörte das, was mir der Wind und ein paar Stimmen zutrugen, aber ich weiß nicht, wer hinter den grausamen Verbrechen steckt. Ich interessiere mich nicht für die Gerüchte. «
Cathy erhob sich, dabei warf sie einen Blick auf die Stiefel, die Travis trug. Die Schuhgröße entsprach seinem gesamten Erscheinungsbild. Sie schätzte sie auf mindestens zwölf, eher größer noch. Also konnte auch er nicht der Mörder sein, der Evans auf dem Gewissen hatte. Sie trat an die Klippe heran und warf einen langen Blick in das trübe und ruhige Wasser in der Bucht.
» Wir glauben, dass sich der Mörder auf einem Rachefeldzug befindet « , fuhr Brian fort. » Er muss den Opfern die Schuld für etwas geben, das ihm widerfahren ist. Etwas sehr Schlimmes, vielleicht für den Tod eines geliebten Menschen. Was, glauben Sie, bewegt jemanden dazu, einen Menschen grausam zu Tode zu foltern? «
Travis erhob sich. » Ich verstehe « , sagte er leise. » Und Sie glauben, Sie sind bei mir an der richtigen Adresse. Aber niemand anderes als ich selbst trage die Verantwortung für das, was damals geschehen ist. Ich war jung, ich war verliebt, und ich dachte, die ganze Welt ist auf meiner Seite und nichts und niemand kann mich aufhalten. Ich war sorglos, zu sorglos. Und ich habe die Gefahren unterschätzt, dafür habe ich einen hohen Preis bezahlt. Glauben Sie mir, nicht Mary sollte dort unten sein, ich hätte es verdient, ich alleine und niemand anders. «
» Kann ich mich ein
Weitere Kostenlose Bücher