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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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wissen, dass das Gewissen ein schlechter Leitstern ist.«
    »Jedenfalls kennt es sich in diesem Land hier nicht besonders aus«, fügte Bermi hinzu.
    Sufeen breitete die Hände aus. »Wer soll uns dann den Weg zeigen?«
    »Tempel!« Coscas brüchiges Heulen ertönte von der Anhöhe.
    »Ihr Leitstern ruft«, bemerkte Sufeen. »Sie werden ihnen das Wasser später geben müssen.«
    Tempel warf ihm die Feldflasche zu, dann stapfte er wieder den Berg hinauf. »Übernehmen Sie das. Später will die Inquisition sie haben.«
    »Sie machen es sich gerne einfach, was, Tempel?«, rief Sufeen ihm nach.
    »Immer«, brummte Tempel. Er entschuldigte sich nicht dafür.
    »Willkommen, meine Herren, willkommen!« Cosca schwenkte seinen abscheulichen Hut, als sich ihre illustren Auftraggeber näherten, die in einer festen Formation rund um einen großen, gepanzerten Wagen zu Pferde saßen. Zwar hatte der Alte Gott sei Dank vor einigen Monaten wieder einmal dem Alkohol abgeschworen, aber trotzdem wirkte er stets leicht angeheitert. Da waren die schwungvoll gezierten Bewegungen seiner knotigen Hände, die faule Halbachthaltung seiner runzligen Augenlider und die fahrige Melodie seiner Sprache. Davon abgesehen konnte man sich nie sicher sein, was er als Nächstes tun oder sagen würde. Es hatte einmal eine Zeit gegeben, da hatte Tempel diese ständige Ungewissheit aufregend gefunden, wie ein Glücksrad, dem man dabei zusah, wie es sich drehte, während man sich fragte, ob es wohl die eigene Zahl anzeigen würde. Inzwischen fühlte es sich jedoch eher so an, als stünde man unter einer Gewitterwolke und warte auf den Blitzeinschlag.
    »General Cosca.« Superior Pike, das Oberhaupt der Inquisition Seiner Erhabenen Majestät in Starikland und der mächtigste Mann im Umkreis von fünfhundert Meilen, stieg als Erster ab. Sein Gesicht war so schwer verbrannt, dass seine Züge kaum noch zu erkennen waren, die schattenumlagerten Augen blickten wie aus einer rosa gesprenkelten Maske, und ein Mundwinkel bog sich in einer Kurve nach oben, die entweder ein Lächeln bedeutete oder aber eine Laune des zerstörerischen Feuers war. Ein Dutzend bulliger, schwer bewaffneter Praktikale in schwarzer Kleidung und mit schwarzen Masken verteilten sich wachsam in der Ruine.
    Cosca grinste uneingeschüchtert zur schwelenden Stadt im Tal unter ihnen hinab. »Mulkova brennt, wie ich sehe.«
    »Besser, es verbrennt unter den Händen der Union, als dass es unter den Rebellen gedeiht«, meinte Inquisitor Lorsen, der nun auch aus dem Sattel stieg: hochgewachsen und ausgemergelt, mit Augen, in denen heiliger Eifer brannte. Tempel beneidete ihn darum. Um dieses Gefühl, unbedingt im Recht zu sein, ganz gleich, an wie viel Unrecht man beteiligt war.
    »Natürlich«, sagte Cosca. »Eine Ansicht, mit der die Bewohner der Stadt sicherlich alle übereinstimmen! Feldwebel Freundlich kennen Sie bereits, und das hier ist Meister Tempel, der Rechtskundige meiner Kompanie.«
    General Brint stieg als Letzter ab, wobei dieser Vorgang sich etwas schwierig gestaltete, seit er in der Schlacht von Osrung den größten Teil eines Arms sowie seinen kompletten Humor verloren hatte; er trug den linken Ärmel seiner karmesinroten Uniformjacke zusammengefaltet an die Schulter gesteckt. »Sie sind also bereits auf juristische Streitigkeiten vorbereitet«, sagte er, rückte den Gurt zurecht, an dem sein Säbel hing, und warf Tempel einen Blick zu, mit dem man sonst einen Wagen mit Pestleichen bedenken mochte.
    »Das Zweitwichtigste für einen Söldner ist eine gute Waffe.« Cosca klopfte Tempel väterlich auf die Schulter. »Das Allerwichtigste ist gute Rechtsberatung.«
    »Und an welcher Stelle steht das völlige Fehlen moralischer Skrupel?«
    »An fünfter«, antwortete Tempel. »Hinter einem kurzen Gedächtnis und einer schnellen Auffassungsgabe.«
    Superior Pike betrachtete Sworbreck, der sich immer noch Notizen machte. »Und in welcher Hinsicht berät Sie dieser Mann?«
    »Das ist Spillion Sworbreck, mein Biograf.«
    »Ich bin nur ein bescheidener Geschichtenerzähler!« Sworbreck verbeugte sich schwungvoll vor dem Superior. »Obwohl ich gerne zugebe, dass meine Prosa schon harte Männer zum Weinen gebracht hat.«
    »Vor Rührung?«, fragte Tempel.
    Falls er es gehört hatte, dann war der Schreiber zu sehr damit beschäftigt, sein eigenes Loblied zu singen, um darauf zu antworten. »Ich komponiere Geschichten über Heldentaten und Abenteuer, um die Bürger der Union zu inspirieren! Dank

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