Blutleer
LKA ruft. Vielleicht sollten sich die beteiligten Staatsanwaltschaften einigen, wer die Federführung übernimmt, damit alle sehen, dass Bunkermentalität fehl am Platze ist. Oder …«
Barbara hatte eigentlich schon den Blinker gesetzt, um an der Abfahrt Duisburg-Häfen die A 40 Richtung Präsidium zu verlassen, doch dann blinkte sie stattdessen links und wechselte auf die ganz linke Spur.
»He, wo wollen Sie denn hin?«, rief Jakubian. »Das weiß ja sogar ich, dass wir hier abfahren müssen.«
»Ich habe keine Lust, mir die Arbeit an diesem Fall durch dieses unkooperative Verhalten erschweren zu lassen«, sagte Barbara, während sie immer knapp unter 140 über die linke Spur fuhr.
»Und was wollen Sie dagegen tun?«
»Lassen Sie sich überraschen.« Kurz hinter der Neuenkamper Rheinbrücke schwenkte sie wieder nach rechts und fuhr schließlich an der Ausfahrt Rheinhausen ab. »Wir werden jemanden besuchen. Hoffentlich ist er zu Hause.«
Kurze Zeit später bogen sie in eine kleine Straße in Rheinhausen-Bergheim ein. Dort gab es einige klassische Zechensiedlungshäuser. Vor einem hielt Barbara. Sie hatten Glück.
»Darf ich vorstellen?«, fragte Barbara zu Jakubian gewandt und deutete auf den kleinen drahtigen Mann mit eisgrauem Haar, der sich in dem gepflegten Vorgarten zu schaffen machte. »Das ist Heinz Wersten. – Entschuldige Heinz, das ist Ruben Jakubian, er macht seit Neuestem deinen alten Job beim LKA.«
»Ja, ich habe schon so etwas läuten hören.« Heinz wischte sich die Erde von den Fingern, reichte Jakubian aber dennoch den Ellenbogen.
»Liefers hat ihn geradezu sabotiert, indem er sich krankgemeldet hat, statt ihn einzuarbeiten. Und jetzt haben wir einen Serienmord.«
»Kurz, ihr braucht meine Hilfe.« Heinz stellte die Werkzeuge an den Zaun. »Dann kommt mal mit rein.«
Das Haus war sauber und ordentlich, wirkte aber ein bisschen ungemütlich. Was es an dekorativem Schnickschnack in der einen oder anderen Ecke gab, stammte aus den 80ern und frühen 90ern. Seit dieser Zeit war Heinz Witwer und hatte wenig verändert.
»Was wollt ihr trinken?«, fragte er. »Cola, Wasser, Apfelsaft?«
»Ein Wasser wäre gut.« Das war der erste vollständige Satz, den Jakubian herausbrachte, so überrascht war er von Barbaras Aktion.
Sie setzten sich auf die Terrasse. Man konnte dem Garten ansehen, dass Heinz nun viel Zeit für ihn hatte. Alles gedieh prächtig, und die Rasenfläche hatte ein saftiges Grün. Die andere Hälfte des Doppelhauses hatte Heinz’ Schwiegereltern gehört. Seit die Schwiegermutter im letzten Jahr gestorben war, hatte der Schwiegervater derart abgebaut, dass Heinz ihn schweren Herzens in ein Pflegeheim geben musste. Die Haushälfte hatte er an eine junge Familie vermietet.
Barbara schilderte Heinz den Fall und auch die Probleme, vor denen sie jetzt standen.
»Je eher ich diese Leute an einen Tisch bekomme, desto schneller können wir eine große Soko für alle Fälle bilden«, meinte Jakubian.
Heinz nickte. »Sie sollten die Leute dafür aber nicht allein nach ihrem Rang oder ihrer Aufgabe in der jeweiligen lokalen Soko aussuchen. In jedem Präsidium gibt es Leute, die sehr wichtig, aber eher unauffällig sind. Wenn Sie die ins Boot holen, läuft die Arbeit wie von selbst. Denn die wissen genau, wie sie in ihren Dienststellen an die Informationen kommen. Und Sie müssen den ganzen Apparat nicht so aufblähen.«
Jakubian lächelte ihn an. »In Hannover hätte ich es ebenso gemacht. Aber jetzt …?«
»Jetzt haben Sie mich.« Heinz stand auf und verschwand im Haus. Es dauerte eine ganze Weile, ehe er wieder auftauchte, in der Hand ein schwarzes Notizbuch. »Können Sie kochen, Jakubian?«
»Ja, schon, … aber.«
»Barbara kann es nämlich nicht. Das Ganze wird etwas dauern, und mir knurrt der Magen. Ich wollte mir Sauerkraut mit Kasseler machen – für zwei Tage, deshalb reicht es für uns drei, denke ich.«
»Aber Heyer buddelt hoffentlich gerade die zweite Leiche aus.«
»Leichen bekommen Sie noch genug zu sehen. Eine vernünftige Soko können Sie nicht alle Tage zusammenstellen. Und denken Sie daran: Die Leute, die Sie jetzt kennen lernen, werden Ihnen auch in Zukunft höchst nützlich sein.« Er sah Barbara an. »Kartoffelschälen kriegst du noch hin, oder? Ihr braucht euch nicht zu beeilen. Ich werde sicher zwei Stunden brauchen.«
Heinz zog sich in sein Wohnzimmer zurück und telefonierte im Akkord. Barbara und Jakubian verbrachten die Zeit gemeinsam mit der
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