Blutleer
Vorbereitung des Essens auf der Terrasse. Barbara, die in ihrer Ehe von Thomas hervorragend bekocht wurde, beobachtete Jakubian, dessen Spezialität eher die deftige Küche zu sein schien. Das Ergebnis war schließlich ausgesprochen schmackhaft.
Als das Essen fertig war, erschien Heinz in der Küche und kippte erst einmal ein Glas Mineralwasser. Dann übergab er Jakubian eine handgeschriebene Liste. »Barbara kann meine Handschrift lesen, wenn Sie Schwierigkeiten damit haben. Für heute Nachmittag habe ich die Leute nicht mehr zusammenbekommen, aber morgen früh stehen sie in Duisburg auf der Matte – mit Aktenkopien und allem, was man so braucht.«
»Zwei Stunden – alle Achtung. Sie sind zu Recht eine Legende, Herr Wersten.«
»Ich wäre lieber noch im aktiven Dienst. Zur Legende kann man werden, wenn man tot ist«, sagte Heinz trocken. »Und lassen wir das mit dem Sie. Ich bin Heinz, das ist Barbara.«
»Und ich bin Ruben.«
Sie setzten sich und begannen zu essen. Heinz kommentierte seine Liste. »Kramer aus Düsseldorf, das ist ein Schwerstarbeiter, der arbeitet vierundzwanzig Stunden durch, wenn es sein muss. Sensible Aufträge gibst du am besten jemand anderem. Reimann aus Bochum, das ist ein Stiller, aber dem entgeht nichts, der hat ein unglaubliches Gedächtnis.«
Eine Weile ging es in dem Stil weiter, dann wurde das Gespräch privater. Heinz erkundigte sich nach Thomas. »Ich glaube, ich habe ihn seit Ostern nicht mehr gesehen.«
»Das ist kein Wunder. Er schreibt ein neues Buch, hält mittlerweile drei Seminare und eine Vorlesung und im Gegensatz zu mir erarbeitet er jedes Semester neue Themen. Ich sehe ihn manchmal selber kaum, ich bin ja auch viel unterwegs.« Barbara sah hinaus in den Garten und wechselte das Thema. »Dein Garten wird immer schöner.«
»Ich habe ja auch nichts anderes zu tun.« Täuschte sich Barbara oder sah er sie prüfend an? Wenn, dann wollte er vor Jakubian nichts sagen. Dessen Handy klingelte gerade, als er sich die dritte Portion Sauerkraut aufgetan hatte. Was Heinz in zwei Tagen hatte essen wollen, hätte gut und gern für eine ganze Kompanie gereicht.
»Das war Heyer. Max Erhards Leute haben gerade die Leiche freigelegt. Vielleicht sollten wir rüberfahren.« Er sah bedauernd auf den Teller.
»Ich kann ihn in den Kühlschrank stellen, und später kommt ihr wieder her und erzählt mir, was ihr gefunden habt.« Heinz konnte seine Neugier nicht verstecken.
»Mal sehen.« Jakubian stand auf. »Heinz, ich bin dir wirklich zu Dank verpflichtet, du weißt selbst, wie sehr. Also, wenn ich etwas für dich tun kann …«
»Ich würde mich freuen, wenn du meinen Rat auch in Zukunft nutzen würdest. Dann komme ich mir nicht ganz so abgeschoben vor.«
Während Jakubian noch mal die Toilette aufsuchte, fragte Heinz Barbara: »Ist irgendetwas zwischen Thomas und dir?«
Barbara seufzte. Heinz war einer ihrer ältesten Freunde, und sie mochte ihn nicht anlügen. »Er hat mich mit einer Studentin betrogen.« Sie runzelte die Stirn. »Du wusstest davon, oder? War Özay hier?«
Er nickte. »Ja, vor ein paar Tagen. Er wollte meinen Rat.«
»Und du hast ihm geraten, es mir zu sagen?«
Heinz schüttelte den Kopf. »Ich habe ihm angeboten, mit Thomas zu reden, aber das wollte er nicht. Wenn das alles blinder Alarm gewesen wäre …«
»Özay ist kein Idiot, auch wenn er sich manchmal so aufführt, Heinz. Thomas hat es zugegeben. Und versucht, es zu erklären.« Beim Gedanken an ihr Gespräch am Morgen kamen ihr wieder die Tränen. Heinz wollte sie in den Arm nehmen, aber dann hätte sie richtig losgeheult. Deshalb machte sie sich los. »Nicht jetzt. Nicht vor Jakubian.«
»Dieser riesige Kerl ist ein verdammt guter Bulle, Barbara. Ich habe auch ein paar Erkundigungen über ihn eingeholt. Für die Versetzung aus Hannover hat er private Gründe angeführt, darüber habe ich nichts herausbekommen. Er ist es wert, dass man ihm ein wenig Starthilfe gibt.«
»Ja, das dachte ich mir schon.«
Jakubian kam zurück, und Barbara hoffte, dass ihre Augen nicht verheult aussahen. Sie verabschiedeten sich von Heinz Wersten. »Komm doch mal wieder vorbei, Barbara«, sagte er. Barbara war froh, dass da jemand war, mit dem sie reden konnte.
Wieder auf dem Beifahrersitz des BMW amüsierte sie sich köstlich, als Jakubian vergeblich versuchte, in den Wagen zu steigen. Er musste den Sitz von außen ganz nach hinten schieben und die Höhenverstellung nach unten pumpen.
»Du wolltest wirklich noch
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