Blutlinien - Koeln Krimi
nicht.
Clemens war toll, wirklich. Er ließ ihr den nötigen Freiraum, hatte kaum Ansprüche und stellte keine unnötigen Fragen. Es gab wenig, was Lou störte. Manchmal erschien er ein wenig unzuverlässig. Es konnte vorkommen, dass er Verabredungen kurzfristig absagte, das nervte Lou etwas. Dazu wohnte er seit dem Ende einer langjährigen Beziehung vorübergehend in einer winzigen Einzimmerwohnung und schämte sich für sein notdürftiges Quartier. Deshalb blieb die Wohnung für Lou tabu, was sie übertrieben fand, aber respektierte. Er suchte intensiv eine neue Bleibe, zu zwei Besichtigungsterminen hatte er sie mitgenommen, und Lou hoffte, dass er bald etwas fand. Es war nicht schön, dass sie sich nie in Ruhe treffen konnten und sich ihr Liebesleben zu großen Teilen vor ihrer Tochter abspielte. Aber davon abgesehen war Clemens aufmerksam und ein guter Lover. Fürs Erste gab sich Lou damit zufrieden.
Sie erhob sich. »Genug über ›Two and a half Men‹ gequatscht. Süße, ich muss los, Maline abholen und ab ins Präsidium. Wir haben einen schwierigen Fall zu lösen.«
Köln-Kalk, Polizeipräsidium, Walter-Pauli-Ring
Bei der Frühbesprechung fasste der stellvertretende Kommissariatsleiter Tom Lechner alle laufenden Ermittlungen zusammen und brachte somit die Mitarbeiter der gesamten Dienststelle auf den aktuellen Stand.
Als Erstes teilte Tom den Ermittlungsstand im Fall eines Vierjährigen mit, der mit zwei Schlägen gegen den Kopf getötet worden war. Als tatverdächtig galt die Mutter, die jedoch jede Schuld bestritt und den Vater des Kleinen beschuldigte. Der Fall erhitzte seit Wochen die Kölner Gemüter. Lou lauschte interessiert. Beide Elternteile saßen zurzeit in U-Haft.
Im zweiten Fall ermittelten die Kollegen im Zuhältermilieu. Offenbar hatte es in der Nacht eine Schießerei am Friesenplatz gegeben, zusätzliche Kräfte aus anderen Kommissariaten eilten über die Flure. Lou hatte von diesem Fall schon auf dem Weg ins Präsidium aus dem Radio erfahren. Nun erhielt sie Hintergrundwissen. Der Tatverdächtige hatte zwei Männer angeschossen und schwer verletzt. Er befand sich auf der Flucht, die Fahndung lief.
Tom beendete die Besprechung, übergab Ben das Wort und überließ der MK »Garten« den Raum. Bei der Aufgabenverteilung zu diesem Fall mussten nur die Kollegen anwesend sein, die involviert waren.
»Die Idee, einen Mantrailer einzusetzen, habe ich mit Tom diskutiert, aber wir sind der Meinung, dass ein Spürhund in unserem Fall nicht wirklich Sinn macht«, sagte Ben, als die Ermittlungsgruppe unter sich war. Er putzte die Gläser seiner Nickelbrille mit einem Papiertaschentuch. »Erstens ist in Stuckenbrock kein Team verfügbar, weil in Hamm ein Mädchen vermisst wird und alle Hunde im Einsatz sind. Zweitens sehen wir den Nutzen nicht. Ein Hund zeigt uns eine Blutspur an, aber zweifelsfrei einen Zusammenhang zum Opfer kann er nicht herstellen.«
Lou teilte diese Auffassung. Ein Diensthund konnte Leichen- und Blutgeruch in unterschiedlichen Verwesungsstadien anzeigen, unter günstigen Umständen auch noch nach Wochen. Aber in ihrem jetzigen Fall würde das wenig bringen. Wenn sich jemand im Umkreis des Grundstückes der Cordes’ verletzt hatte, wenn zum Beispiel ein Kind gestürzt war und sich das Knie aufgeschlagen hatte, würde der Spürhund auch bei diesem Blut anschlagen.
»Stattdessen sollten wir von allen Fahrzeugen auf dem Niehler Damm, die im Umkreis von einem Kilometer geparkt sind, Halterfeststellungen machen.«
Maline stöhnte auf.
Lou war auch nicht begeistert, aber die Herangehensweise leuchtete ihr ein. Es ging nicht nur darum, eventuell das Auto des Opfers zu finden, sondern auch um Informationen durch andere Fahrzeugführer. Hatte jemand etwas beim Einparken gesehen oder an seinem Wagen bemerkt? Blut, Kratzer, sonstige Auffälligkeiten.
»Außerdem habe ich das Foto des Opfers vervielfältigt. Damit gehen die Kollegen der Schutzpolizei in Niehl bereits von Tür zu Tür.«
Ben schob einen Stapel Computerbilder über den Tisch und sah die Kommissarinnen über den Brillenrand hinweg an. »Wer was macht, ist mir egal. Eine von euch sollte sich jedenfalls um die Fahrzeughalter kümmern, und die andere fährt in die Rechtsmedizin und koordiniert anschließend die Arbeit vor Ort. Mit den Eheleuten müsst ihr auch noch einmal sprechen, vor allem mit Herrn Cordes.«
Bergisches Land, bei Vilkerath
Schweren Herzens verzichtete Samuel auf den obligatorischen Nachmittagskuchen,
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