Blutlinien - Koeln Krimi
gestört, dass man sich selbst begegnete, wenn man die Wohnung betrat, aber Carla hatte auf diesem bodenlangen Spiegel bestanden.
Zaghaft rief er ihren Namen, doch niemand antwortete.
Abwesenheit atmete die Wohnung aus. Hier, sagte sie, lebt niemand mehr.
Schiller begab sich in die Küche, die vollkommen aufgeräumt war. Er stellte die Rosen, die Brötchen und den Wein auf den Tisch. Eine benutzte Tasse stand da, der Stadtanzeiger vom Freitag daneben, ungelesen. In einer Vase verwelkte Blumen. Eine merkwürdige Anspannung erfasste ihn. Niemals hätte Carla die Blumen stehen lassen, wenn sie in den letzten Tagen in der Wohnung gewesen wäre.
Im Wohnzimmer fand er nichts Auffälliges. Allenfalls war das schwarze Ledersofa ein wenig verrückt worden. In den Regalen schien nichts zu fehlen. Bücher, CD s, alles war an seinem Platz. Nur das Bild aus ihrem letzten gemeinsamen Urlaub in Italien fehlte. Eine Beobachtung, die ihm einen Stich versetzte.
Noch einmal rief er ihren Namen, ohne jedoch eine Antwort zu erwarten.
Dann eilte er in ihr Schlafzimmer, wappnete sich, sie hier zu sehen – in einer Blutlache, ermordet, mit offenen Augen …
Nein, dieses Zimmer wirkte ebenfalls vollkommen unberührt. Ihn irritierte lediglich, dass sie sein Kissen und seine Bettdecke irgendwo verstaut hatte. Einsam lag ihr Bettzeug da, als wollte sie sich selbst beweisen, dass sie nun allein war.
Das nächste Zimmer war ihr Arbeitszimmer. Auch hier keine Unordnung. Die wenigen Bücher und Ordner, die sie zu Hause für ihre Arbeit als Jugendtherapeutin brauchte, befanden sich an ihrem Platz. Es sah allerdings nicht aus, als hätte Carla hier in der letzten Zeit irgendetwas gearbeitet.
Als er sich schon abwenden wollte, fiel ihm etwas auf. Ihr Laptop – er war nicht da. Sie oder jemand anders hatte ihren Laptop mitgenommen.
Einen Moment später klingelte sein Mobiltelefon. In der vagen Hoffung, es könne Carla sein, nahm er das Gespräch an, ohne auf das Display zu schauen.
»Schönen Sonntag«, sagte Birte Jessen, seine Kollegin bei der Mordkommission, »na, heute Morgen schon ordentlich trainiert?«
»Keine Spur«, sagte Schiller. Sein Lauftraining hatte er in den letzten krisenhaften Wochen auf ein Minimum heruntergefahren.
»Dann wird daraus heute nichts mehr«, erklärte sie. »Am Militärring hat ein Wohnwagen gebrannt. In dem Wrack hat die Feuerwehr eine Leiche gefunden. Könnte ein Brandanschlag auf eine Prostituierte gewesen sein.«
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