Blutlinien - Koeln Krimi
wurde und die Spannung schließlich nicht mehr aushielt.
»Musst du nicht los?«
Wilson nuschelte etwas in ihre Richtung, erhob sich aber und verschwand in der Diele. Lou hörte ihn die Treppe hinaufpoltern. Das junge Paar nahm Abschied. Sekunden später fiel die Haustür ins Schloss.
Als Frieda wieder auf der Bildfläche erschien, setzte sie sich wortlos an den Tisch und aß die Reste von Wilsons Ei. Für Lous Geschmack war sie wieder übertrieben geschminkt.
»Wo bleibt denn Maline?«, fragte Frieda und nippte am Kaffee. »Ich hab sie noch gar nicht gehört.«
»Sie hat bei Charlie übernachtet.«
»Sucht sie eigentlich wirklich eine Wohnung? Ich hab ehrlich gesagt nicht den Eindruck.«
»Stört es dich, dass sie vorübergehend bei uns wohnt?«
»Nein«, sagte Frieda. »Wilson hat gefragt.«
Lou zog eine Augenbraue hoch. »Mag er Maline nicht?«
»Er findet sie irgendwie … anstrengend.«
»Inwiefern?«
Frieda zuckte lahm mit den Schultern. »Keine Ahnung.«
»Warum fragst du denn nicht genauer nach?«
»Mensch, Mama, nerv nicht.«
Lou hob beschwichtigend die Hände. »Entschuldige, dass ich mich mit dir unterhalten möchte und wissen will, was in dir oder deinem Freund vorgeht.«
Frieda goss Kaffee nach. »Ich finde es cool, dass sie hier wohnt, auch wenn ich bestimmt nicht bei dir wohnen würde, wenn ich Geld für ein eigenes Apartment hätte.«
»Danke, sehr nett.«
»Ich meine einfach, dieses Haus ist so uncool und eng. Malines Wohnung über Hannas Backstube hat mir dagegen voll gut gefallen. Ich verstehe nicht, warum Hanna sie rausgeworfen hat, und dann so plötzlich.«
»Erstens hat Hanna Maline nicht rausgeworfen und zweitens schon gar nicht plötzlich. Die meisten ihrer Sachen stehen sogar noch auf Hannas Dachboden.«
»Okay.« Frieda stand auf, stellte ihr Geschirr in die Spülmaschine und drückte ihrer Mutter einen Kuss auf die Wange. »Trotzdem, vergraul Maline nicht, okay?«
»Wie bitte? Wenn, dann ist es Wilson mit seinen blöden Notizzetteln, der Maline vergrault …« Lou biss sich auf die Zunge.
Frieda warf ihr einen wütenden Blick zu. »Warum hackst du immer auf Wilson rum? Du kennst ihn gar nicht richtig … du bist … spießig und … ach egal!« Mit hochrotem Kopf stürmte sie aus der Küche und kurze Zeit später aus dem Haus.
Lou blieb verdutzt zurück. Spießig fand sie sich nun wirklich nicht. Und noch nie in ihrem ganzen Leben hatte sie jemals einen Menschen vergrault. Außer vielleicht ihren Exmann oder manchmal ihre Mutter und damals diese schrecklichen Nachbarn, wie hießen sie noch? Lou stutzte und bekam eine Ahnung, wie Frieda auf die Idee gekommen war, so einen Spruch loszulassen.
Als sie wenige Minuten später ebenfalls das Haus verließ, sog sie die kühle Morgenluft ein. In der Nacht hatte es geregnet. Köln lag unter einer grauen Dunstglocke. Im Tagesverlauf sollte es aufklaren, und ab der Wochenmitte prophezeiten die Wetterfrösche herrliches Altweiberwetter.
Lou startete ihren Citroën CX und schaltete das Radio ein.
Als sie über die Zoobrücke fuhr, ermahnte sie sich zu mehr Gelassenheit in Bezug auf Wilson. Sie vertraute Frieda und ihrer Erziehung.
Am Zubringer zum Polizeipräsidium kam sie heute zügig durch. Sie fuhr ins Parkhaus und hatte ihre guten Vorsätze schon vergessen, als sie in Gedanken an ihre aktuellen Fälle dem Fahrstuhl entgegeneilte.
Maline erschien im Türrahmen, als Lou gerade Zucker in ihren Kaffee rührte. Ihre Kollegin nahm einen Schluck aus Lous Tasse.
»Ich hab gleich eine Vernehmung und bin jetzt schon fix und fertig.«
»So siehst du aber nicht aus«, sagte Lou und holte eine zweite Tasse aus dem Schrank über der Spüle. »Was ist denn los?«
»Ich war joggen. Es waren nur fünf Kilometer, aber ich fühle mich, als wäre ich mindestens zehn gelaufen.«
»Hut ab, dass du überhaupt vor der Arbeit laufen gehst.« Lou wusste, wovon sie sprach. Sie joggte seit Ewigkeiten, schaffte es aber selten am Morgen. Maline war völlig untrainiert und lief erst seit ein paar Wochen, weil sie mit dem Rauchen aufgehört hatte. Sie füllte Malines Tasse mit frischem Kaffee. »Und vergiss nicht, wir müssen nachher zum Schießtraining. Diesmal darf uns kein aktueller Fall dazwischenkommen.«
»Keine Sorge, heute schaffen wir es bis nach Leverkusen. Das habe ich im Gefühl.«
Leverkusen, Polizeiinspektion 7, Raumschießanlage
Lou setzte den Gehörschutz sowie die Sicherheitsbrille auf und schaltete den Ton ein, damit sie den
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